Kurhaus Kurhaus Kleve Evelyn Hofer: Starke Bilder einer starken Frau

Kleve · Das Museum Kurhaus zeigt ab Sonntag 200 ihrer Fotos. Hofer gehört zu den wichtigsten weiblichen Positionen der Fotografie-Geschichte.

 Hofers Blick auf die Werbung ist eine der ganz frühen Farbkompositionen.

Hofers Blick auf die Werbung ist eine der ganz frühen Farbkompositionen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Es sind Bilder von einem Amerika, das noch das Versprechen verkörperte, die neue, die bessere Welt zu sein. Ein Amerika, in dem alles größer ist, nicht nur die Häuser oder die Autos mit strotzendem Chrom und riesigen Heckflossen. Und doch zeigen die Bilder zugleich die gestrige Welt des neuen Kontinents: die Chauffeure waren schwarz, die Angestellten weiß. Und die Damen durften allenfalls Bein zeigen. Im Beruf aber - mit wenigen Ausnahmen - hatten sie noch nicht allzu viel zu sagen. Eine dieser Ausnahmen war Evelyn Hofer. Unabhängig, alleinlebend und als selbständige Fotografin gefragt. Der Vater stammte aus einer angesehenen Familie, die Mutter war Schweizerin. Als Hitler die Macht übernahm, gab ihr Vater seine deutsche Staatsbürgerschaft zurück. Später zog die Famlie nach Spanien. 1939 emigrierte der Vater nach Mexiko. Mit einem der letzten Schiffe gelang der Famile die Flucht aus Cassablanca.

Mit dabei Tochter Evelyn, 1922 in Marburg geboren, aufgewachsen in der Schweiz. Sie beherrscht vier Sprachen, ihre fotografische Ausbildung absolviert Evelyn Hofer 1941 in der Schweiz. Sie nimmt Privatunterricht bei Hans Finsler und Hilmar Lokay in Zürich sowie bei Robert Spreng in Basel und beginnt eine Ausbildung im Fotostudio Bettina in Zürich. In den 1950er Jahren erwirbt Hofer eine Linhof-Technika Großformatkamera, mit der sie dann im Wesentlichen fotografiert, wie Susanne Breidenbach, Galerie m Bochum, das Leben der 2009 gestorbenen Fotografin referiert.

Hofer macht Bilderstrecken für Mademoiselle, für die Vogue, für den Stern, für das Time Magazin, für Vanity Fair, bringt herausragende Bildbände heraus, schafft Stadtporträts, die bis heute Gültigkeit haben, sie stellt mit Richard Avedon und Irving Penn 1960 im Metropolitan Museum of Art aus. Seit Ende der 1940er Jahre lebt sie in New York, liebt Europa und bereist für ihre Reportragen die Welt.

„Das fotografische Werk der deutsch-amerikanischen Künstlerin Evelyn Hofer zählt zu den wichtigsten weiblichen Positionen der jüngeren Fotografie-Geschichte und besticht durch Intensität und Klarheit der Formauffassung“, sagt Prof. Harald Kunde, Direktor des Museums Kurhaus Kleve. Das zeigt ab Sonntag (Eröffnung 11.30 Uhr) einen Überblick über die Facetten ihrer Arbeit – von den Stadtporträts bis zu den späten Stillleben. 200 Bilder haben Kunde und Breidenbach ausgesucht, die typisch für das Schaffen sind, und auch den persönlichen Blick in Künstlerateliers von Baselitz bis Warhol oder auf den Nachlass der Dietrich nicht vergessen.

Mit ihrer Großformatkamera, langen Belichtungszeiten und einer souveränen Bildkomposition verdichtet Hofer den jeweiligen Zeitgeist greifbar in ihren Bildern – fernab heutiger Smartphone-Schnappschüsse überzeugen die perfekt durch komponierten Fotos. Sie gehört zu den ersten, die mit Farbfotos arbeiten, es entsteht eine Serie von Fotos, die Fassaden, Billboards und Straßenszenen zeigen und in Kleve als Block zu sehen sind. Hier kündige sich ein von nebeneinander gesetzten Flächen, angeschnittenen Motiven geprägter, aber dabei ausgewogener und in sich geschlossener Bildaufbau an, so Julia Sonnenfeld im bei Steidl erschienen Fotobuch, das auch Katalog zur Ausstellung ist (38 Euro im Kurhaus, Bepsr. folgt).

Was ihn angesichts der Fotos von Evelyn Hofer fasziniere? Es könne ein Baum sein, ein Mensch oder nur ein Stuhl: sie zeichnet mit der Kamera immer ein Porträt, charakterisierte Richard Lindner, Künstler und langjähriger Wegbegleiter von Hofer, die Arbeiten der New Yorkerin. Deshalb war auch die Modefotografie nicht ihr Ding: Sie zeige nicht die Kleider, sondern sie porträtierte die Models, warf man ihr vor. Denn in allen ihren Bildern findet eine Begegnung mit den Menschen, den Orten und Dingen statt: „Wir stehen ihnen gegenüber, blicken sie an, lernen sie kennen“, so Julia Sonnenfeld.

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