Tipp des Tages Gelebte Inklusion auf der Bühne

EMMERICH/REES/GOCH · Die inklusive Theatergruppe „Fanta 10“ gibt es seit acht Jahren. Ihr Stück „Lehmanns ver-rückte Welt“ führt sie in Emmerich, Goch und Rees auf.

 Die inklusive Theatergruppe „Fanta 10“ freut sich auf ihre Auftritte in Emmerich, Goch und Rees.

Die inklusive Theatergruppe „Fanta 10“ freut sich auf ihre Auftritte in Emmerich, Goch und Rees.

Foto: TIK

Auf eine ganz besondere Schauspieltruppe dürfen sich in den nächsten Tagen Theaterfreunde in Emmerich, Goch und Rees freuen. Mit dem Stück „Lehmanns verrückte Welt“ geht das Ensemble „Fanta 10“ auf Drei-Städte-Tournee.

Was dabei gezeigt wird, ist gelebte Inklusion: Neun Darsteller mit und weitere neun ohne Handicap gehören der Truppe an, die es seit mittlerweile fast acht Jahren gibt. Ins Leben gerufen wurde sie von Judith Hoymann, die normalerweise zusammen mit Sandra Heinzel im „TIK“ mit Figuren und Marionettentheater für viel Kulturbetrieb im Schlösschen Borghees sorgt. „Fanta 10“ ist gewissermaßen ein Nebenprojekt der Theaterpädagogin, das aus ihrer Arbeit in einer Wohngruppe des Hauses Freudenberg in Kleve hervorging. „Danach hatte ich große Lust, weitere Theaterprojekte mit Menschen mit Behinderung zu machen“, erzählt die Eltenerin.

Sie bot dem „Freizeittreff Lebenshilfe Emmerich“ ein kostenloses Schnupperseminar an, und es fanden sich spontan zehn Teilnehmer. Die Gruppe „Fanta 10“ war somit geboren. Seit 2012 proben die Darsteller meist einmal wöchentlich. Ein selbst entwickeltes Stück soll pro Jahr auf die Bühne gebracht werden. Bislang hat das auch immer mit großem Erfolg geklappt. Doch weil es bei der Vorbereitung für die diesjährige Aufführung einige Schwierigkeiten gab, griff Judith Hoymann diesmal auf ein Stück zurück, dass Fans der Gruppe schon kennen werden. Mit „Lehmanns ver-rückte Welt“ war „Fanta 10“ vor vier Jahren schon einmal auf Tournee. „Es ist eines unserer besten Stücke. Auch weil wir jetzt mehr Darsteller haben als noch vor vier Jahren, ist es an der ein oder anderen Stelle umgeschrieben worden“, erklärt die Theaterpädagogin, die eine einfühlsame Geschichte mit einer aktuell hochbrisanten Situation und den immer gültigen Themen des Lebens verbunden hat. Sie führt auch Regie. Ein gutes dreiviertel Jahr wurde geprobt.

Und darum geht es: Thomas Lehmann ist ein Nörgler und ausgewiesener Besserwisser. Er arbeitet bei der Stadtverwaltung und wird von den Kollegen nicht gerade übermäßig geschätzt. Aber er ist auch einsam und hat das Alleinsein satt. Da wird an ihn die Aufgabe herangetragen, sich um 14 Menschen zu kümmern, die in der Stadt eine erste Notunterkunft brauchen. Lehmann glaubt, dass er diese Aufgabe genauso eloquent erledigen wird wie immer. Als er diese Menschen vom Bahnhof abholt, wird ihm jedoch ganz schnell klar, dass diesmal alles anders ist. Denn es geht um Märchenfiguren, die nicht mehr in ihrer Welt leben können, weil die Menschen nicht mehr an Märchen glauben. Lehmanns Welt gerät aus den Fugen.

Für viele der Darsteller ist es natürlich etwas ganz Besonderes, jetzt auch einmal in Emmerich, Goch und Rees auf einer richtig großen Bühne zu stehen. Aber in der Gruppe steht nicht allein der Spaß an der Schauspielerei im Vordergrund. „Es sind die vielen privaten Kontakte, die aus dem Projekt entstanden, die das eigentlich große Highlight sind. Es gibt hier überhaupt keine Berührungsängste von Menschen mit und ohne Handicap“, erzählt Judith Hoymann.

Zur Premiere wird es am kommenden Samstag im Emmericher Stadttheater zudem ein kleines Vorprogramm mit einem Auftritt der Tanzgruppe der Lebenshilfe geben.

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