Kevelaer Zwei Tage Urlaub im Mittelalter

Kevelaer · Das Fest auf Gut Graefenthal begeisterte wieder einige Tausend Besucher. Schlafen auf Strohmatten.

Es ging um alles: Die feindlichen Burgunder belagerten das Zisterzienserkloster an der Niers, Friedensverhandlungen waren gescheitert, die Nonnen segneten noch einmal ihre Verteidiger vor dem Kampf, dann ging es los. Waffen klirrten, die Donnerschläge der Kanonen hallten, Rauch stieg auf, schon bald lagen viele Gefallene auf dem Feld - anders als vor 543 Jahren standen sie recht bald gesund und munter wieder auf - alles nur gespielt!

Zum Mittelalterfest auf Gut Graefenthal zwischen Asperden und Kessel waren am Wochenende wieder einige Tausend Besucher gekommen. 500 Teilnehmer, darunter 125 Kämpfer, die die historische Kampfhandlung gegen die Burgunder authentisch nachstellten, lebten zwei Tage wie im Mittelalter, ohne Strom, ohne Handy, und sie schliefen auf Strohmatten und Fellen. "Zwei Tage raus aus dem Alltag. Das ist für uns Urlaub", schwärmt Nadine Haubrich aus Bochum, die mit ihrer Freundin Jennifer von Ruskowsky aus Herne und weiteren Freunden auf dem Gelände des ehemaligen Klosters ihre Zelte aufgeschlagen hat.

Auf der selbst gebauten Kochstelle gart das Schichtfleisch im "Dutch-Ofen" über offenem Feuer. Gemüse und Fleisch, mit Speck ummantelt - es riecht köstlich. Im Zelt stehen selbst gebaute Möbel. Wo wird das ganze Equipment gelagert? "Dafür haben wir zu Hause einen Seecontainer", sagt Nadine Haubrich, deren Freund als Bogenschütze in der Schlacht ist.

Wie für die übrigen Teilnehmer ist Mittelalter ihr Hobby. Die Kämpfer waren in Gruppen angereist aus Belgien, Niederlande, Großbritannien und ganz Deutschland. So auch "Orde van Hagelanden" aus Aarschok in Belgien. "Wir nehmen pro Jahr an 10 bis 15 Events in ganz Europa teil", sagt Berdien Nijs. Wie alle Reenactors - Darsteller historischer Ereignisse - trägt sie ein langes Gewand. Sie geht mit auf das Feld und gibt den Kämpfern zu trinken. Der Captain der Truppe, Jonas van Wyngaerden, macht schnell noch ein paar Dehnungsübungen, bevor er die sperrige mittelalterliche Rüstung anlegt und seine Mannen zum Treffpunkt führt. Nicht nur die große Feldschlacht war Anziehungspunkt für die zahlreichen Besucher. Auf dem weitläufigen Gelände boten etwa 50 verschiedene Stände Dinge aus alter Zeit, Kurioses, Interessantes und Lehrreiches.

Als Zugabe zu den Waren, die sie verkauften, konnten die Aussteller viele spannende Geschichten erzählen. So Oliver Voncken aus Korschenbroich, der aus tausenden winzig kleiner Stahlringe historische Ringpanzer und andere Kettengeflechte fertigt. 800 bis 1000 Arbeitsstunden seien nötig, um einen kompletten Ringpanzer mit Kapuze, langen Armen und Beinen herzustellen, berichtet er. Im Mittelalter aber arbeiteten viele Menschen gleichzeitig daran. In der Nähe der Taverne gab es zur Stärkung Eintopf, Spanferkel, Gegrilltes. Dazu schmeckte belgisches Kirschbier. Musikanten spielten auf, Gaukler und Jongleure zogen die Zuschauer in ihren Bann. Zeitweise Schauer hielten niemanden ab.

(RP)
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