Seniorenarbeit in der Gemeinde Grefrath Senioren-Initiativen suchen Nachwuchs

Grefrath · Die Awo Grefrath und der Verein „Älterwerden“ kümmern sich um die Belange der älteren Menschen in der Niersgemeinde. Beide Organisationen haben Nachwuchsprobleme. Welche Aktionen Abhilfe schaffen sollen.

Sie sind bereits gut vernetzt: Jürgen Hüren (von links), Ulrich Horst und Winfried Hüren.

Sie sind bereits gut vernetzt: Jürgen Hüren (von links), Ulrich Horst und Winfried Hüren.

Foto: Uli Rentzsch

Den zweiten Lebensabschnitt sinnvoll gestalten – unter Umständen gelingt das nicht mehr aus eigener Kraft. Vielleicht ist der Ehepartner verstorben, vielleicht schmerzt der Rücken. Und wann beginnt der zweite Lebensabschnitt? Ältere Menschen sind oft auf die Hilfe anderer angewiesen und freuen sich über jedwede Initiative. Auch wer noch fit und rüstig ist, schätzt gemeinschaftliche Unternehmungen. In Grefrath kümmern sich die Arbeiterwohlfahrt (Awo) und der Verein „Älterwerden“ um die Seniorinnen und Senioren. Beide eint ein Problem: Es mangelt an Nachwuchs, es fehlt an helfenden Händen, der Altersdurchschnitt beispielsweise der Awo-Mitglieder steigt und steigt.

Grundsätzlich gebe es keine Altersgrenzen, bestätigt Winfried Hüren. Er ist Ehrenvorsitzender bei „Älterwerden“ und ist auch Schriftführer bei der Awo. Marion Gatzen-Lucht ist Vorsitzende. „Bei ,Älterwerden‘ kann jede und jeder mitmachen“, stellt Hüren klar. Der Verein gründete sich aus einer Projektstudie der Sozialämter des Kreises Viersen und Grefrath heraus, Thema: Aktivierung der Altenarbeit in Grefrath. „Schließlich trafen sich 69 Seniorinnen und Senioren im Oedter Rathaus und trugen ihre Ideen zu diesem Thema vor“, erinnert sich Winfried Hüren. Das war 1998. Zunächst habe sich ein Forum „Älter werden“ gegründet, am 13. November 2000 sei dann der Verein aus der Taufe gehoben worden. Das Besondere: Es besteht keine verpflichtende Mitgliedschaft (lediglich die Gruppensprecher sind Mitglieder) und: Es gibt auch keinen Mitgliedsbeitrag. „Wir finanzieren uns aus Spenden“, erklärt Winfried Hüren.

Im Prinzip übernehme der Verein „Älterwerden“ die Aufgaben der Gemeinde Grefrath. Die sogenannte Altenhilfe ist im Sozialgesetzbuch XII, Paragraf 71, beschrieben. „Wir sind im weitesten Sinne der verlängerte Arm der Gemeinde Grefrath“, erklärt Winfried Hüren.

Das aktuelle Angebot ist vielfältig: Malen, Mundart pflegen, Basteln, Radfahren, Schwimmen, Sprachen lernen, Kochen, Skat, Fotografieren und vieles mehr. Wer kommt, macht mit. Kostenfrei. Die Gemeinde stellt dem Verein einen Raum zur Verfügung, den Treffpunkt Älterwerden, direkt an der Gemeinschaftsgrundschule in Oedt.

Die Awo versteht sich als Sozialverband. „Wir haben für die älteren Menschen in Grefrath neben anderem Tages- und Wochenfahrten angeboten“, sagt Ulrich Horst, der seit Anfang 2022 Vorsitzender der Awo Grefrath ist. An diesen Fahrten nehmen beispielsweise auch Menschen aus dem Verein „Älterwerden“ teil. „Diese Kooperation will ich in Zukunft intensivieren“, hat sich Horst zum Ziel gesetzt. Und auch mit dem Awo-Kindergarten plant er, bei einem Familientag mit den Eltern oder auch Großeltern ins Gespräch zu kommen und auf das Wirken der Awo aufmerksam zu machen. „Vielleicht können wir so neue, jüngere Mitglieder gewinnen“, sagt Horst.

Für Jürgen Hüren ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen Awo und „Älterwerden“ intensiviert wird. Er ist einerseits einer der Gruppenleiter bei „Älterwerden“, andererseits Kassierer bei der Awo. Deshalb sei es förderlich, in beiden Organisationen gegenseitig auf sich aufmerksam zu machen. Ulrich Horst nennt ein Beispiel: Radfahren. Nicht jeder aus der Awo-Gruppe könne sich ein Fahrrad leisten, um bei „Älterwerden“ eine Radtour mitzumachen. „Wir überlegen, wie wir ein Fahrrad organisieren können, damit eine Teilnahme möglich ist.“ Denn die originäre Aufgabe der Awo ist es, Menschen in Not schnell und unbürokratisch zu helfen. Das war der Grundgedanke der sozialde­mokratischen Reichstagsabgeordneten Marie Juchacz, als sie 1919 den Wohlfahrtsverband ins Leben rief. Dazu gehört auch die Teilnahme an den verschiedensten Veranstaltungen: Weihnachtsfest, Herbstfest, Geburtstag – doch diese Teilnahme im ursprünglichen Sinne, auch wenn es die Organisation eines Fahrdienstes ist, muss geleistet werden. Jürgen Heinen kennt die Problematik: „Wir finden vielleicht jemanden, der mitmacht, aber wir finden nur schwer jemanden, der die Organisation übernimmt.“ Da spiegele sich die fortschreitende Individualisierung der Gesellschaft wider, wirft Winfried Hüren ein. Das Gemeinsame trete immer mehr in den Hintergrund.

„Wir können unsere Angebote präsentieren, die Menschen müssen allerdings selbst den Schritt machen und zu uns zu kommen“, sagt Winfried Hüren. Aber es komme dabei sehr stark auf die persönliche Ansprache an. Dabei sei auch in Grefrath die Gruppe der über 60-Jährigen stark vertreten.

Ulrich Horst wünscht sich eine stärkere Vernetzung – im Sinne einer Wiederbelebung – der vielen Initiativen in Grefrath, die vor Ort Hilfe leisten. So könne man sich gegenseitig unterstützen und möglicherweise eine noch größere Wirkung erzielen: einen großen, runden Tisch für alle, die auf dem sozialen Feld etwas bewirken wollen. Schließlich hätten die vielen Initiativen, oft aus einem privaten Impuls heraus ins Leben gerufen, gleiche Ziele. Möglicherweise könnte das eine Aufgabe von Bürgermeister Stefan Schumeckers sein. Winfried Hüren kann sich gut erinnern, dass es beispielsweise in Oedt schon vielversprechende Ansätze gegeben habe.

Ein gutes Beispiel sei der Familienaktionstag, der einmal im Jahr für ganz Grefrath abwechselnd in den einzelnen Ortsteilen stattfindet. Hier können sich die Vereine präsentieren. Eine solche Aktion wünschen sich Awo und „Älterwerden“ auch für die Seniorenarbeit. Man dürfe nicht nur die eigenen Belange in den Vordergrund stellen, sondern müsse auch über den Tellerrand hinausschauen und sich gegenseitig unterstützen. Fest stehe, dass sich viele in Grefrath auf dem sozialen Gebiet engagieren und viel Zeit opfern. Deshalb sei es umso wichtiger, diese Kräfte zu bündeln.

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