Urteil gefällt Kindstötung: Vier Jahre Haft

Grefrath · Eine Grefratherin, die im vergangenen Jahr ihren kleinen Sohn erstickt hat, muss ins Gefängnis. Das Urteil fällte am Montag das Krefelder Landgericht. Die Kammer blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

 Von Niedertracht könne keine Rede sein, hieß es am Montag in der Urteilsbegründung. Foto: Samla

Von Niedertracht könne keine Rede sein, hieß es am Montag in der Urteilsbegründung. Foto: Samla

Foto: Samla Fotoagentur/samla.de

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Verurteilte am 12. Oktober vergangenen Jahres in der elterlichen Wohnung in Grefrath einen lebenden, männlichen Säugling geboren und dann getötet hat, indem sie dem Neugeborenen ein T-Shirt um den Hals wickelte und es anschließend zusammenzog. Danach versteckte sie das Baby unter ihrem Bett, wo der kleine Junge wenig später erstickte. Das Neugeborene habe höchstens 30 Minuten gelebt, sagte der Vorsitzende Richter nach der Urteilsverkündung.

Möglicherweise habe die Geburt nicht in dem Raum stattgefunden, den die junge Frau bei ihren Eltern bewohnte, sondern im Badezimmer. Die Schwangerschaft habe die Grefratherin verheimlicht und verleugnet, teilweise sogar komplett verdrängt. Es sei zudem davon auszugehen, dass die damals 23-Jährige die Tatsache, dass sie ein Kind erwartete, ziemlich spät bemerkte. Im September 2017 wäre es ihr aber in jedem Fall bewusst gewesen, da sie zu diesem Zeitpunkt Themen rund um Schwangerschaft und Geburt im Internet gegoogelt habe. Die Tatsache, dass die nun Verurteilte nicht wahrhaben wollte, dass sie bald ein Baby zur Welt bringen würde, habe mit ihrer Persönlichkeit zu tun. „Sie war bestrebt, ihren Eltern zu gefallen, wollte die perfekte Tochter sein“, sagte der Vorsitzende.

Ihren Vater, der in ihrer Kindheit und Jugend schwer krank war, habe sie nicht belasten wollen. Generell sei die junge Frau äußerst introvertiert und „kommunikativ erheblich eingeschränkt“, weswegen sie sich niemanden anvertraut hatte und erst gar nicht auf die Idee gekommen sei, nach Hilfsangeboten Ausschau zu halten.

Als es dann zur Geburt kam, sei das für sie ein Ausnahmezustand gewesen, Panik habe sie erfasst. Als das Kind da war, durchtrennte sie zunächst die Nabelschnur mit einer Nagelschere, wickelte das Baby dann in einen Bademantel und entschied sich anschließend, den T-Shirt-Ärmel um seinen Hals zu legen und festzuziehen. „Wohl, weil sie Angst hatte, dass der kleine Junge schreien und dies der in der Wohnung anwesende Vater hören könnte“, erläuterte der Vorsitzende. An all diese Vorgänge erinnere sie sich nicht, hatte die Grefratherin am Prozessauftakt gesagt. Und dies sei keinesfalls eine Schutzbehauptung, betonte ihre Verteidigerin in ihrem Plädoyer, denn auch der psychiatrische Gutachter habe vor Gericht bestätigt, dass eine Amnesie aufgrund des hohen Blutverlusts bei der Sturzgeburt erlitten habe, sehr gut möglich sei. Wegen dieses Blutverlustes wäre die junge Frau zudem vermindert schuldfähig gewesen. Durch die damit verbundene Bewusstseinstrübung sei es möglicherweise zu einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit sowie zu Einschränkungen von ethischen und moralischen Bedenken gekommen.

Den Tatbestand des Totschlags sähe die Kammer erfüllt, ergänzte der Vorsitzende, niedrige Beweggründe könne er jedoch nicht feststellen. Ihre Persönlichkeitsstruktur habe es ihr schlicht unmöglich gemacht, sich jemanden anzuvertrauen oder Hilfe anzunehmen. Mit der Schwangerschaft und den Folgen sei die junge Frau hoffnungslos überfordert gewesen. Sehr traurig sei letztendlich, dass einem Kind die Chance verwehrt wurde, zu leben.

Das Kind hat aber wenigstens noch einen Namen bekommen: Die Eltern der Angeklagten haben nämlich  in der Zwischenzeit eine Therapie gemacht und den Jungen Matthis genannt.

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