Therapie-Praxen in Kaarst Patienten sagen aus Angst vor Corona ab

Kaarst · Zwar dürfen Physiotherapie-, Ergotherapie- und Logopädie-Praxen immer noch Patienten behandeln, doch viele sagen aus Angst vor dem Coronavirus ihre Termine ab. Die selbstständigen Praxisinhaber in Kaarst sorgen sich um ihre Existenz.

 Die selbstständige Logopädin Gisela Waldschmidt sitzt in ihrer Praxis. 70 Prozent ihrer Patienten sagen wegen der Corona-Krise ihre Termine ab.

Die selbstständige Logopädin Gisela Waldschmidt sitzt in ihrer Praxis. 70 Prozent ihrer Patienten sagen wegen der Corona-Krise ihre Termine ab.

Foto: Seeger

In einem Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn schildert Gisela Waldschmidt, seit 39 Jahren selbstständige Inhaberin einer Praxis für Ergotherapie und Logopädie, ihre schwierige Situation. „Ich bin in Sorge um meine wirtschaftliche Existenz“, schreibt sie in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt. Ihre Patienten sagen Termine aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corinavirus ab, Schulen und Kindergärten haben geschlossen und Pflegeheime lassen Therapeuten nicht mehr rein. Außerdem wüssten viele Patienten gar nicht, dass die Praxis weiter geöffnet hat. „Rund 70 Prozent der Patienten kommen nicht mehr“, sagt Waldschmidt unserer Redaktion. Die Logopädin hat Kurzarbeit angemeldet und kann ihre Praxis bis Ende April aufrecht erhalten – wenn sich die Lage nicht verbessert. „Meine Praxiseinnahmen brechen massiv ein, während meine Ausgaben weiterlaufen. Den Verlust der verlorenen Einnahmen werde ich nicht auffangen können“, schreibt sie in dem Brief an den Minister weiter: „Ich bitte Sie daher dringend, meine Einnahmeausfälle zu kompensieren.“

Ähnlich ergeht es Tanja Dietrich und ihrer Praxis „Physio Trend“. Allein in dieser Woche seien 40 Prozent der Termine ausgefallen. „Ich verstehe die Angst der Patienten, die zur Risikogruppe gehören“, sagt sie zwar, trotzdem spürt auch sie die Krise erheblich. Sie darf nur noch Patienten mit ärztlichem Rezept behandeln, und dabei kommt es natürlich oft zu Körperkontakt. „Das ist schon ein bisschen paradox. Aber wir halten die Regeln natürlich ein und achten noch mehr auf Hygienevorschriften als ohnehin schon“, sagt Dietrich. Allein in den vergangenen zwei Wochen hätte ihre Praxis 10.000 Euro durch Therapiekosten einnehmen können.

Sollten die Praxen aus finanziellen Gründen schließen müssen, würde das auf Dauer massive Versorgungsprobleme mit sich bringen. „Deshalb muss ein weiterer Rettungsschirm ganz selbstverständlich auch für uns Therapeuten gelten“, fordert Ute Repschläger, Vorsitzende des Spitzenverbandes der Heimittelverbände (SHV), in einem Schreiben. Sowohl Repschläger als auch Waldschmidt wünschen sich, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Umsatzeinbußen in den Praxen abfedern. „Wenn wir keine Leistung erbringen können, entstehen den Krankenkassen keine Kosten. Ganz im Gegenteil: Sie profitieren finanziell von dieser Situation“, schreibt Repschläger. Das fordert auch der Physiotherapeutische Verband. Die Kosten seien im Haushaltsplan der Krankenkassen bereits eingeplant. Eine Soforthilfe bringe sie somit nicht in finanzielle Schwierigkeiten. Ein vorübergehendes Berufsverbot hält Gisela Waldschmidt für keine Option. „Wenn Logopädie und Ergotherapie nicht notwendig wäre, würde es nicht ärztlich verordnet werden“, sagt sie.

Nur Praxen, die in finanzieller Notlage sind, dürfen eine Soforthilfe von bis zu 25.000 Euro beantragen. Dazu müssen aber alle Rücklagen aufgebraucht sein. Das ist sowohl bei der Praxis von Gisela Waldschmidt als auch bei Tanja Dietrich noch nicht so. „Wir sehen wahrscheinlich erst im Mai, wie schwer uns die Krise getroffen hat“, sagt Dietrich, die trotz Corona auch Chancen sieht: „Wir erarbeiten gerade neue Ideen wie Tele-Reha oder Trainingspläne per E-Mail. Es tun sich viele Möglichkeiten auf“, ist sich Dietrich sicher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort