Kaum Patienten wegen Corona Physiotherapeuten und Logopäden fordern finanzielle Hilfe
Düsseldorf · Die Auswirkungen der Corona-Krise trifft auch Gesundheits-Bereiche, die mit der unmittelbaren Virusbekämpfung nichts zu tun haben: Wegen ausbleibender Patienten fordern Logopäden, Physio-, und Ergotherapeuten, im Rettungsschirm der Politik berücksichtigt zu werden.
Die Corona-Krise erwischt die sogenannten Heilmittelerbringer schwer. Das Problem: Weil zahlreiche Patienten aus Angst vor dem Coronavirus ihre Termine absagen, müssen die Praxen erhebliche Umsatzrückgänge hinnehmen. Viele Patienten gehören zur Risikogruppe und bleiben zuhause. Andere denken, dass die Praxen aufgrund der verhängten Kontaktverbote geschlossen sind – was nicht der Fall ist.
„Einerseits müssen die Therapeuten Kassenpatienten weiter behandeln, das heißt sie können nicht einfach schließen, und gleichzeitig müssen sie besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen beachten“, erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Landtag, Lisa-Kristin Kapteinat, und kritisiert: „Doch diese Praxen sind die letzten, die mit Atemmasken, Desinfektionsmitteln oder Schutzkleidung versorgt werden. Wie soll das funktionieren?“ Sie erwartet von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann klarere Regelungen in dieser Frage.
Der Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) stellt klar: „Nur mithilfe von angemessenen Ausgleichszahlungen lässt sich der Fortbestand der ambulanten therapeutischen Versorgung erhalten. Kommt der Rettungsschirm jetzt nicht, stehen die Heilmittelpraxen vor dem Aus.“
Von einer daraus folgenden therapeutischen Unterversorgung wären dann vor allem Schmerzpatienten, Patienten mit neurologischen Erkrankungen, nach Operationen oder nach Krebsdiagnosen betroffen, so die Therapeuten.
Auch fordern sie finanzielle Soforthilfen von der Gesetzlichen Krankenversicherung in Form von Ausgleichszahlungen. „Wenn wir keine Leistung erbringen können, entstehen den Krankenkassen keine Kosten“, so die die Therapeuten.
Auch das Bundesgesundheitsministerium räumte ein, dass es „in weniger dringenden Fällen“ vermutlich zu Terminabsagen von Patienten und damit zu Einkommensausfällen in Heilmittelpraxen kommen werde. „In diesen Fällen können die Praxisinhaber wie die Inhaber anderer Betriebe auch das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenbündel nutzen“, sagte ein Ministeriumssprecher und verwies auf die Empfehlung des Spitzenverbands der Krankenkassen gemeinsam mit den Kassenverbänden: „Diese sieht unter anderem vor, dass für die Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie mit Ausnahme der Schlucktherapie, die Ergotherapie sowie für bestimmte Maßnahmen in der Physiotherapie eine Videobehandlung möglich ist.“
Für einzelne Praxen geht es bereits jetzt um die Existenz: Von einem Tag auf den anderen ist die Hälfte der Arbeit von Logopädin Linda Felgentreu und ihrem Praxisteam in Issum weggebrochen. „Die Corona-Krise hat uns sehr schnell erreicht, im Prinzip sofort, als alle Schulen und Kitas geschlossen haben“, erzählt Felgentreu. Vormittags behandelt das Praxisteam normalerweise in Schulen, Kindertagessstätten und Fördereinrichtungen für Menschen mit Behinderung. Diese Termine und die damit verbundenen Einnahmen fallen aus. In der vergangenen Woche hat die Praxis insgesamt 18 Patienten behandelt – in Corona-freien Zeiten wären es 116 gewesen.
Immer mehr Praxen wenden sich nun an die Agentur für Arbeit und zeigen Kurzarbeit an. Wenn sie von der Agentur eine Bearbeitungsnummer bekommen, können sie das Kurzarbeitergeld beantragen. „Wann das der Fall sein wird, weiß keiner“, so Felgentreu. „Ich stehe mit Kollegen aus ganz NRW in Kontakt. Eine Rückmeldung hat noch niemand erhalten.“