Stadt Hückeswagen und Wupperverband im Gespräch Erhält Stadt 40 Millionen Euro fürs Kanalnetz?

Hückeswagen · Diese Summe könnte die Stadt nach aktuellen Berechnungen 2024 vom Wupperverband bekommen, dem dann das Kanalnetz übertragen würde. Das komplexe Konstrukt wurde im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt.

Das städtische Kanalnetz ist gut 40 Millionen Euro wert. So viel würde der Wupperverband im Fall einer Übertragung der Stadt bezahlen.

Das städtische Kanalnetz ist gut 40 Millionen Euro wert. So viel würde der Wupperverband im Fall einer Übertragung der Stadt bezahlen.

Foto: Krebs, Andreas/Krebs, Andreas (kan)

Zur Pflichtaufgabe einer Kommune gehört die Abwasserbeseitigung. Auch in Hückeswagen werden Schmutz-, Niederschlags- und Mischwasser durch verschiedene Kanäle geleitet und in Anlagen gesammelt, ehe es an den Wupperverband weitergeleitet wird, der mit seiner Kläranlage an der Vorsperre die Reinigung des Abwassers übernimmt. Wenn die Politik im nächsten Jahr den Plänen der Stadtverwaltung folgen würde, könnte der Verband das Hückeswagener Kanalnetz übernehmen. Dafür erhielte die Stadt einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Die Probleme „Die Pflichtaufgaben umfassen mehr als 90 Prozent unseres Haushalts“, erläuterte Stadtkämmerin Isabel Bever in der Sitzung. „Gerade kommen wir an unsere Grenzen.“ Bei der Abwasserbeseitigung sind die Anforderungen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Die notwendigen technischen Anlagen werden immer komplexer, dazu kommt der Hochwasserschutz mit „seiner neuen Dynamik“. Die Anlagen des Kanalnetzes müssen von qualifiziertem Personal überwacht und unterhalten werden. Zudem steigen die rechtlichen Anforderungen an die Dokumentations- und Überwachungspflichten.

 

Das Personal Mit dem derzeitigen Personalbestand sind diese Aufgaben von der Stadt kaum mehr zu leisten. „Aktuell kümmert sich ein Ingenieur um das Kanalnetz mit seinen rund 93 Kilometern Frei- und 22 Kilometern Druckleitung sowie 34 Pumpwerken und 13 Nachblasstationen“, berichtete Bauamtsleiter Andreas Schröder. Tatsächlich seien das aber Aufgaben für 2,5 Stellen – nur bekommen kleine Kommunen wie Hückeswagen kein entsprechendes Fachpersonal. „Bei Ausschreibungen meldet sich kein geeigneter Bewerber“, gestand Isabel Bever. Daneben sei eine ständige Bereitschaft erforderlich, die bereits durch Fremdfirmen gewährleistet werden müsse.

 

Die Gebühren In die Abwasserkanäle und -einrichtungen in den Neubaugebieten West 3 und Eschelsberg hat die Stadt sechs Millionen Euro investiert – Geld, das in den nächsten Jahren in der Bilanz aktiviert wird. Auch diese Einrichtungen müssen – mit einem erhöhten Personalaufwand – gewartet und unterhalten werden. Die Folge sind steigende Kosten, die auf die Gebühren umgelegt werden müssen. „Ein großer Fachverband mit einer großen Mannschaft würde für Synergien sorgen“, argumentierte Bever.

Die Gespräche All das hat die Stadt vor zweieinhalb Jahren dazu bewogen, mit dem Wupperverband Gespräche aufzunehmen, um ihre Pflichtaufgabe und ihr Abwassernetz auf ihn zu übertragen. Aktuell gilt laut Landesgesetz, dass die Kommune für das Abwasser zwischen Hausanschluss und Kläranlage zuständig ist und der Verband das dann klären und einleiten muss. Nun hat der Gesetzgeber laut Kämmerin die Möglichkeit geschaffen, dass alle Aufgaben in eine Hand gelegt werden können.

Die Millionen Für die mögliche Übertragung des Abwassernetzes würde die Hückeswagen – Stand jetzt – eine Ausgleichszahlung vom Wupperverband in Höhe von etwa 40 Millionen erhalten. Diese Mittel, die in den allgemeinen Haushalt fließen würden, hätten nach Aussage der Stadtkämmerin den positiven Aspekt, dass die kommenden großen Investitionen in das Schloss und die anderen ISEK-Projekte, die Sanierungen der Feuerwehrwachen und der Schulen nicht über Kredite finanziert werden müssten. „Ansonsten müssten wir uns verschulden, was die Stadt einige Jahrzehnte belasten würde“, sagte Isabel Bever auf Anfrage unserer Redaktion.

 

Die Gebühren Eine Übertragung des Kanalnetzes hätte nach Auffassung der Stadt zudem positive Auswirkungen auf den Gebührenhaushalt. Da der Wupperverband in diesem Fall unter anderem die gesamte Wasserwirtschaft für die Schloss-Stadt übernimmt, könnten die Kräfte gebündelt und Einspareffekte erzielt werden. Sowohl die Kämmerin als auch Rechtsanwalt Thomas Fock von der Kanzlei Wolter Hoppenberg aus Hamm stellten in der Sitzung klar, dass der Wupperverband als Einrichtung des öffentlichen Rechts keine Gewinne erzielen darf. Daher führe die Übertragung auch nicht zu Gebührenerhöhungen.

Die Zuständigkeit Der Stadtrat würde weiterhin über die künftigen Investitionen in die Abwassertechnik entscheiden. „Die Zuständigkeit für das Abwasserbeseitigungskonzept bliebe unberührt“, versicherte Fock. Auch die Gebührenkalkulation und das Erteilen der Bescheide bliebe in der Verantwortung der Stadt. 

Der Wupperverband „Die wasserwirtschaftlichen Aufgaben des Wupperverbandes sind bereits jetzt eng mit Hückeswagen als Verbandsmitglied verknüpft“, betonte Vorstandsvorsitzender Georg Wulf. Als Beispiele nannte er den Kläranlagen- und Talsperrenbetrieb, die Gewässerunterhaltung sowie den Betrieb von Regen- und Mischwasserbehandlungsanlagen. Der Vorteil der Übernahme des Kanalnetzes für den Wupperverband sieht er darin, den Prozess „Abwasser“ von den Haushalten bis zur Kläranlage im Sinne des ganzheitlichen Flussgebietsmanagements zukunftssicher zu gestalten. „Damit können Herausforderungen wie Klimawandel, demografischer Wandel und Fachkräftemangel angegangen und positive Impulse für die Gewässerqualität gesetzt werden“, sagte Wulf.

Die nächsten Schritte Zunächst ist die Politik am Zug, die sich mit dem komplexen Konstrukt erst einmal auseinandersetzen muss. Der Verwaltungsrat des Wupperverbands muss ebenso informiert werden wie die Bezirksregierung Köln und die Kommunalaufsicht. Würden im Herbst 2023 Stadtrat und Verbandsversammlung der Übertragung zustimmen, müsste noch das Landesumweltministerium sein Okay geben. Was aber laut Rechtsanwalt Fock kein Problem darstellen dürfte. Somit stünde der Übertragung des Kanalnetzes zum 1. Januar 2024 nichts mehr im Weg.

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