Unfallgefahr Elterntaxis gefährden Kinder

Hilden · Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto am liebsten direkt ins Klassenzimmer chauffieren würden, sorgen nicht nur für Ärger - sie bringen oft auch noch andere Kinder in Gefahr. Der ADAC bietet Hilfe an.

 Schilder wie diese machen Elternhaltestellen deutlich. 	 Foto: Koeppen

Schilder wie diese machen Elternhaltestellen deutlich. Foto: Koeppen

Foto: UWE KOEPPEN

Der graue Renault-Kleinbus, der auch noch dem bezeichnenden Namen „Trafic“ trägt, kommt mit quietschenden Reifen um die Ecke. Kurz entschlossen fährt die Mutter vor den Eingang zum Lehrerparkplatz und blockiert zwei Fahrzeuge hinter ihr. Sie will ja nur ihre Tochter schnell aussteigen lassen.

Kaum ist das geschehen, wendet sie schwungvoll auf der Straße und fährt mit mindestens 50 km/h in Richtung Stadtmitte davon.

Die Szene wiederholt sich tagtäglich am Hildener Schulzentrum Gerresheimer Straße. Eine Schülerin brachte es unlängst auf den Punkt: „Ich fahre jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Schule – und fühle mich oft genug unischer, wenn ich an der Busbucht vorbei muss: Wendet da nicht gerade einer? Oder will da gerade einer in die Einfahrt einbiegen? Manchmal bin ich sauer; wir müssen schon aufpassen.“

Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto am liebsten direkt ins Klassenzimmer chauffieren würden, sorgen nicht nur für Ärger - sie gefährden oft auch andere Kinder. „Der Hol- und Bringverkehr der Eltern gefärdet die Sicherheit der Schulkinder“, bestätigt Martin Langlitz, Verkehrsreferent beim ADAC Nordrhein. Vor-Ort-Analysen an Grundschulen hätten das deutlich gezeigt. Verkehrsverstöße unmittelbar vor den Grundschulen waren eher die Regel als die Ausnahme .

„Gefährdungen und Behinderungen resultierten überwiegend aus dem Fehlverhalten der Eltern beim Bringen oder Abholen ihrer Kinder“, sagt Langlitz. Die Liste der Verstöße ist umfangreich: Sie enthält Behinderung von Schulbussen, gefährliche Fahr- und Wendemanöver sowie unerlaubtes Halten im Halteverbot (etwa in Feuerwehrzufahrten) .

Das ist nicht nur ein Hildener Problem. Auch Lydia Jüschke, Schulleiterin der Gemeinschaftsgrundschule Götscher Weg in Langenfeld hat jahrelang das morgendliche Autogedränge vor ihrer Schule beobachtet.

Damit zu den Blechschäden nicht irgendwann ein Unfall mit einem Kind kommt, übernahmen Hilden ,Langenfeld, aber auch die benachbarten Großstädte Leverkusen und Solingen eine Idee, die schon in anderen Städten erprobt wurde: die Elternhaltestelle.

Das ist meist ein Seitenstreifen an der Straße, auf dem zu bestimmten Zeiten niemand parken darf, damit Auto fahrende Eltern hier - und nur hier - ihre Kinder absetzen können.

Verkehrsexperten wie der ADAC helfen Städten inzwischen bei der Einrichtung solcher Haltestellen – und übernehmen die Kosten für die Schilder.

„Mittlerweile ist durch zahlreiche Studien nachgewiesen, dass die tägliche Bewältigung des Schulwegs zu Fuß eine Reihe von positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung hat“, berichtet ADAC-Referent Langlitz. Dazu zählen eine höhere Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, eine gesteigerte körperliche Fitness, der Abbau von Übergewicht sowie – bei gemeinsamer Bewältigung des Schulwegs mit anderen Kindern – die Verbesserung des Sozialverhaltens . Hinzu kommt, dass Kinder dadurch frühzeitiger ein Bewusstsein für Gefahrensituationen im Straßenverkehr entwickeln und überhaupt erst in die Lage versetzt werden, ein räumliches Bild („geistige Landkarte“) der eigenen Stadt bzw . des eigenen Schulwegs zu entwerfen .

Bei der Einrichtung von Hol- und Bringzonen muss allerdings sichergestellt sein, dass dadurch keine neuen Verkehrsprobleme erzeugt werden . Mindestens 250 Meter vom Schuleingang entfernt sollten Sie liegen, betont Langlitz. Immerhin komme es darauf an, dass die Schüler noch ein Teil des Weges zu Fuß zurücklegen. Wem das immer noch zu riskant sei, könne sich mit anderen Eltern absprechen und einen sogenannten Walking Bus organisieren – also Eltern, die die Kinder auf den letzten Metern zu Fuß begleiten.

Die Elternhaltestelle brachte in vielen Städten erstaunliche Erfolge: Seit die Kinder nicht mehr direkt mit dem Geländewagen ans Schultor gebracht werden dürfen, habe sich die Situation "deutlich entschärft", sagen Elternvertreter.

Gleichwohl scheiterte in Hilden die Einrichtung einer zweiten Haltestelle am politischen Widerstand. „Völlig unverständlich“, findet Langlitz das. „Ich habe gerade in Zusammenarbeit mit der Stadt Jülich fünf Elternhaltestellen eingerichtet“, berichtet er: „Da hat das Ordnungsamt die Federführung übernommen – ein Ratsbeschluss ist nicht notwendig.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort