Interview Klaus Krützen 2019 wird an der Marke „GV“ gearbeitet

Bürgermeister Klaus Krützen über Strukturwandel, Kindertagesstätten und die Aufgaben des neuen Stadtmarketingvereins.

 Klaus Krützen: Die Finanzen im Blick halten, auf den Haushalt konzentrieren und auch unpopuläre Entscheidungen treffen.

Klaus Krützen: Die Finanzen im Blick halten, auf den Haushalt konzentrieren und auch unpopuläre Entscheidungen treffen.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Herr Krützen, wenn Sie Grevenbroich mit einem Auto vergleichen würden – was wäre die Stadt? Ein Kleinwagen oder ein flotter Flitzer?

Klaus Krützen Sie wäre ein Elektro-Mobil. Vor kurzem habe ich noch gelesen, dass Autofahren, so wie wir es heute kennen, im Jahr 2030 nicht mehr möglich sein wird. Die Fahrzeugbauer müssen sich auf neue Technologien umstellen. Ich glaube, dass eine Stadt wie Grevenbroich dem gleichen Druck ausgesetzt ist. Sie muss sich verändern.

Da sind wir schon beim Thema Strukturwandel. Was unternimmt die Stadt eigentlich?

Krützen Die Stadt ist in vielerlei Hinsicht tätig, auch wenn wir das nicht immer nach außen hin kommunizieren. Grevenbroich ist Mitglied im „Rheinischen Sixpack“, beteiligt sich an einer demnächst startenden Initiative der IHK und ist in ständigen Gesprächen mit RWE zur Zukunft des Kraftwerksstandorts Frimmersdorf. Wir wollen aber erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn Ergebnisse vorliegen. Was ich schade finde: Wir haben es noch nicht geschafft, in Berlin als Region mit einer Stimme wahrgenommen zu werden. Da ist uns das Mitteldeutsche Revier voraus. Selbst die Aachener sind besser aufgestellt als wir.

Woran liegt das?

Krützen Bezogen auf Aachen ist sicherlich der Hochschul-Standort ausschlaggebend. Dort sind Netzwerke vorhanden, die wir uns im Nord-Revier noch mühsam erarbeiten müssen. Ich wünsche mir aber auch, dass die Kreise und Kommunen besser zusammenarbeiten würden. Es ist gut, wenn der Rhein-Kreis Neuss ein – wie ich meine – spannendes Projekt wie „Alu-Valley 4.0“ ins Gespräch bringt. Davon haben wir aber erst aus der Presse erfahren. Es muss besser miteinander kommuniziert werden.

Bis wann müssen konkrete Ergebnisse vorliegen?

Krützen So schnell wie möglich. 2021 endet die Sicherheitsbereitschaft des Kraftwerks Frimmersdorf, das ist schon sehr bald. Weil dieser Standort sehr wichtig ist für den Strukturwandel, sollte dort keine Briefmarken-Planung stattfinden. Auch die umliegenden Flächen wie der Kohlebunker oder die Ausbildungs-Werkstatt sollten für eine industrielle Nachnutzung in den Fokus genommen werden. Einige Areale werden natürlich noch für den Tagebau benötigt, sollten aber schon jetzt in eine Zukunftsplanung mit einbezogen werden. Ich halte es für richtig, in diesem Bereich gemeinsam mit RWE eine Projekt-Gesellschaft zu gründen, die sich konkret um diese Bereiche kümmert.

Was ist für Sie das wichtigste Thema im Jahr 2019?

Krützen Wir müssen finanziell handlungsfähig bleiben. Die Verwaltung hat mit dem Konzept zur Personal-Reduzierung einen großen Teil ihrer Hausaufgaben gemacht. Damit sind wir an Schmitzbackes aber noch nicht vorbei. Verwaltungsvorstand und Politik müssen gemeinsam daran arbeiten, dass wir unseren Haushalt genehmigungsfähig machen. Würde der Sparkommissar ins Rathaus einziehen, wäre das fatal – die gesamte Entwicklung würde gestoppt.

Was gilt es also zu tun?

Krützen Die Finanzen fest im Blick halten, auf den Haushalt konzentrieren und auch unpopuläre Entscheidungen treffen.

Was ist mit dem Wohnungsbau? Kommt das seit Jahren geplante Baugebiet „An Mevissen“ 2019 endlich voran?

Krützen Ich erwarte von der Politik, dass sie sich endlich auf einen Rahmenplan einigt, der auch Flächen für den sozialen Wohnungsbau berücksichtigt. Darauf haben die Bürger ein Recht. Ich habe das Signal gehört, dass dem Fachausschuss im März entsprechende Planungen vorgelegt werden sollen – was ich begrüße.

Wie wird es mit den Kindertagesstätten weitergehen?

Krützen Wir müssen mehr als 200 Plätze im Kita-Bereich schaffen, außerdem gibt es einen großen Druck bei den Offenen Ganztagsgrundschulen. An diesen Themen wird gearbeitet: Zum Beispiel mit dem Bau einer Tagesstätte am Böhnerfeld in Wevelinghoven, die ich mir auch hätte größer vorstellen können – also sechs statt fünf Gruppen. Außerdem wird der offene Ganztag in Kapellen erweitert. Alleine in diesen Bereichen wurden in den vergangenen drei Jahren rund 13 Millionen Euro investiert. Angesichts unserer Haushaltslage ist das eine beeindruckende Zahl.

Sollte die Stadt nicht allmählich einmal eine langfristige Planung in Angriff nehmen, um bei Kitas und Ganztagsschulen nicht immer unter Druck zu stehen?

Krützen Definitiv. Es muss noch struktureller, noch gezielter geplant werden. Ich möchte weg von diesem Getrieben-sein und hin zu einer langfristigen Planung, von der ich weiß, was im Jahr 2022 zu erwarten ist. Das haben wir nun in Angriff genommen.

Sie haben sich vorgenommen, die Innenstadt attraktiver zu machen. Die Deutsche Konsum hat jüngst die Coens-Galerie von dem Unternehmen Gazit erworben – eine gute Nachricht?

Krützen Ich freue mich über den Wechsel. Aus meiner Sicht war für den vorherigen Besitzer das Verwalten des Leerstandes wohl preiswerter als sich um neue Mieter zu kümmern. Mit der Deutschen Konsum werden wir jetzt zeitnah einen Termin vereinbaren, um über ihre Pläne für das Einkaufszentrum zu sprechen. Die Stadt hatte übrigens kurzfristig vor, eine Kita in der Coens-Galerie einzurichten – das scheiterte aber an den preislichen Vorstellungen der Vorbesitzer.

Was machen Ihre Pläne für den Marktplatz?

Krützen Ich gehe davon aus, dass das Café Extrablatt, das voraussichtlich zur Jahresmitte eröffnen wird, neue Impulse bringen wird. Auch von dem neuen Wohn- und Geschäftshaus am Synagogenplatz verspreche ich mir positive Veränderungen. Und 2019, diese Zusage habe ich, wird sich auch etwas in Sachen „Zille“ tun. Die alte Gaststätte verfällt ja zusehends.

Die beliebten Feierabendmärkte sollen 2019 auf dem Markt fortgesetzt werden, unter der Regie des neuen Stadtmarketingvereins. Was versprechen Sie sich von dieser Gemeinschaft?

Krützen Mehr als nur Veranstaltungen. Wir werden im neuen Jahr – auch in Zusammenarbeit mit großen Mitspielern wie RWE, Hydro, GWG und Actega Rhenania – ein Konzept für Grevenbroich erarbeiten, um eine Marke zu entwickeln und verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen. Es ist gut, dass der Rat grünes Licht gegeben hat, um den Verein jährlich mit 10.000 Euro zu unterstützen. Auf Dauer wird das aber nicht reichen. Wenn der Stadtmarketingverein Verantwortung übernehmen will, braucht es mehr als nur eine 30-Stunden-Kraft. Da müssen wir ran.

Apropos: Etliche Mitarbeiter haben 2018 das Rathaus aus eigenen Stücken verlassen. Wie steuern Sie dem entgegen?

Krützen Dieses Problem haben auch andere Kommunen in unserem Umfeld. Diese Antwort reicht mir aber nicht. Wir haben viele Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern geführt, dabei wurde auch Kritik an der Führung im Rathaus geübt – und für diese offenen Worte bin ich dankbar. Kurzum: Wir müssen uns mehr um unsere Beschäftigten kümmern, ihnen nicht nur mehr Fortbildungen ermöglichen, sondern auch mehr Freiräume in ihren Arbeitsbereichen schaffen.

2020 ist Kommunalwahl. Man hat den Eindruck, Sie seien schon längst im Wahlkampf.

Krützen Ich habe viel Zeit genutzt, um bei den Leuten draußen zu sein – nicht nur bei den Schützenfesten, sondern auch bei den Stadtteilgesprächen oder Aktionen wie „Krützen macht mit“. Das mag der eine oder andere als Wahlkampf ansehen, ich bezeichne es als meine normale Arbeit, um Bürger kennen zu lernen und mit ihnen zu diskutieren. Ehrlich: Eine kommunale Doppelspitze wäre nicht das falscheste. Aber es ist nun einmal so wie es ist.

Gehen Sie davon aus, dass die CDU einen eigenen Spitzenkandidaten aufstellen wird? Noch hat sie ja keinen gefunden.

Krützen Eine Partei wie die CDU wird  den Anspruch haben, einen eigenen Bürgermeisterkandidaten aufzustellen. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit als Bürgermeister aller Grevenbroicher, auch jener, die mich nicht gewählt haben. Auf alles andere habe ich eh keinen Einfluss.

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