Hospizverein Jona in Grevenbroich Die letzten guten Freunde

Grevenbroich · Die Mitarbeiter der Jona-Hospizbewegung begleiten Menschen aus Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen auf ihrem letzten Lebensweg – auch während der Pandemie. Einer der ehrenamtlichen Begleiter ist Peter Herzhoff. Er kann der Arbeit viel für sich selbst abgewinnen.

 Menschen brauchen Beistand auf ihrem letzten Lebensweg. Der Hospizverein Jona begleitet sie dabei.

Menschen brauchen Beistand auf ihrem letzten Lebensweg. Der Hospizverein Jona begleitet sie dabei.

Foto: dpa-tmn/Sebastian Widmann

Von Eirik Sedlmair

 Peter Herzhoff ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter im Hospizverein Jona.

Peter Herzhoff ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter im Hospizverein Jona.

Foto: Eirik Sedlmair

Der Tod gehört zum Leben, sagt man allgemein. Für Peter Herzhoff aber gehört der Tod zum Alltag. Der 65-jährige ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter beim Hospizverein Jona in der Region Grevenbroich. Und für ihn ist der Satz, dass das Sterben nun einmal dazugehört, nicht nur eine Floskel. Es ist eine Erkenntnis, die auch seine Einstellung zum Tod verändert habe, sagt Herzhoff.

Vor 16 Jahren besuchte er eine Infoveranstaltung von Jona. „Angefangen hat das durch Neugierde. Ich habe mich immer dafür interessiert. Meine Schwester war Sterbebegleiterin. Das fand ich faszinierend“, sagt Herzhoff. Er machte eine Ausbildung, informierte sich und dann fuhr er los – zu seinem ersten Klienten, dem ersten sterbenden Menschen, den er begleitete. „Ich bin da voller Panik hingefahren“, erinnert sich Herzhoff. Doch das habe sich sofort gelegt, als er die ersten Worte mit dem Sterbenden gewechselt habe. „Ich habe gemerkt, diese Arbeit ist wunderschön“, sagt er.

Das, was er macht, sieht Herzhoff auch nicht als Sterbebegleitung. Vielmehr begleite er die Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt. Er lacht mit ihnen, hört ihnen zu. Er könne den Begegnungen viel abgewinnen und lerne immer wieder Neues. „Es gibt nichts, wo ich mehr Sinn drin sehe, als diese Arbeit in der Sterbebegleitung“, sagt Herzhoff.

 Marion Berthold ist Koordinatorin beim Hospizverein Jona.

Marion Berthold ist Koordinatorin beim Hospizverein Jona.

Foto: Eirik Sedlmair

Doch seit einem Jahr tauchen Tote nicht mehr nur als Einzelschicksale auf, sondern als Zahl. Siebenmal pro Woche verkündet das Robert-Koch-Institut, wie viele Menschen an oder mit einer Corona-Infektion gestorben sind. Seine Arbeit habe die Pandemie aber nicht wirklich verändert, sagt Herzhoff. Er mache immer noch Hausbesuche, natürlich unter Beachtung der Hygieneregeln. Auch in Seniorenheime dürfe er inzwischen wieder. Das war bis vor Kurzem noch anders, da gab es Besuchsverbote.

Was die Jona-Hospizbewegung aber seit der Beginn der Pandemie merkt: „Es kontaktieren uns weniger Menschen.“ Das sagt Marion Berthold, die Koordinatorin des Vereins. Seit der Gründung von Jona vor 18 Jahren ist sie dabei. „Ich war nie so lange an einem Arbeitsplatz“, erzählt die 60-Jährige. Dass sie seit der Pandemie weniger Klienten habe, liege daran, dass viele Leute Angst hätten. Oder gar nicht wüssten, dass Jona überhaupt weiter Begleitungen anbiete. Doch der Verein bietet nicht nur Sterbe-, sondern auch Trauerbegleitungen an. Dort sei die Anfrage seit einem Jahr gestiegen. Viele Corona-Patienten sterben alleine, ihre Angehörige können sich nicht von ihnen verabschieden. „Das ist ein anderes Trauern“, sagt Berthold. Dabei will sie den Menschen zur Seite stehen.

Peter Herzhoff sagt, dass ihn viele Begleitungen im Nachhinein zu Hause beschäftigen. Nicht in dem Sinne, dass er trauert, sagt er. Sondern er nimmt mit, was er von den Menschen gelernt hat. Und manchmal bringt er es sogar mit in die Schule. Er erzählt von einem Menschen, einem drogenabhängigen Obdachlosen, den er begleitet hat. Der Mann habe Herzhoff darum gebeten, sein Leben aufzuschreiben, damit andere es einmal besser machen als er. Herzhoff nahm jedes Treffen mit seinem Handy auf, fügte die Aussagen in einer Art Broschüre zusammen, erzählt er: „Das habe ich dann Schülern vorgelesen, Passagen daraus erzählt.“

Es war nicht der einzige letzte Wunsch, den er dem Mann erfüllt hat. Er hatte sich mit seiner Schwester vor langer Zeit zerstritten, wollte sie unbedingt noch einmal sehen. Herzhoff vermittelte den Kontakt, sie trafen sich, bevor der Mann starb.

Doch diese Wunscherfüllungen sind Ausnahmen, sagt Koordinatorin Berthold. Meistens gehe es um alltägliche Dinge, schlicht darum, da zu sein. Und darum, den letzten Abschnitt des Lebens so schön wie möglich zu machen.

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