Tomatenzucht in Neurath Gärtner rüsten sich für Kraftwerks-Aus

Neurath · Mit heißem Wasser aus dem Kraftwerk werden die Tomaten im Gewächshauspark der Neurather Gärtner auf Temperatur gebracht. Mit dem Kohleausstieg stehen sie vor neuen Investitionen. Unklar bleibt, ob die Blöcke bereits 2023 vom Netz gehen.

 Das Kraftwerk Neurath. Im Vordergrund die orange schimmernden Gewächshäuser mit Tomatenpflanzen der Neurather Gärtner. Das heiße Wasser aus dem Meiler ist für sie ein bedeutender Standortfaktor.

Das Kraftwerk Neurath. Im Vordergrund die orange schimmernden Gewächshäuser mit Tomatenpflanzen der Neurather Gärtner. Das heiße Wasser aus dem Meiler ist für sie ein bedeutender Standortfaktor.

Foto: Kandzorra, Christian

Ein wichtiger Standortfaktor für den modernsten Gewächshauspark Deutschlands droht wegzubrechen: Wenn das Kraftwerk Neurath womöglich bereits 2023 vom Netz geht, kann kein Kühlwasser mehr in die benachbarten Gewächshäuser geleitet werden, mit dem die Tomatenpflanzen dort auf die ideale Temperatur um 20 Grad Celsius gebracht werden.

Das stellt die Neurather Gärtner, die den Park mit rund 100 Mitarbeitern betreiben, vor eine Herausforderung. „Neurath ist unser größter und nachhaltigster Produktionsstandort. An dem wollen wir festhalten und weiterhin nachhaltig Tomaten produzieren“, sagt Mit-Gesellschafter Carsten Knodt. „Wenn die Blöcke vom Netz gehen, müssen wir uns an andere Energiequellen anpassen.“

Im Raum stehen mehrere Möglichkeiten, darunter auch der Energiebezug aus ganz anderen Quellen. Die Neurather Gärtner jedenfalls rechnen damit, dass Investitionen auf sie zukommen. Die Gesellschafter beobachten die Entwicklungen in Bezug auf den Kohleausstieg ganz genau, schließlich ist ihr Gewächshauspark mit einer Größe von 16 Hektar kein „kleiner Fisch“: Jährlich werden dort zwischen 6000 und 7500 Tonnen Tomaten unterschiedlicher Sorten produziert.

Unklar ist, wann die einzelnen Blöcke des Braunkohlenkraftwerks abgestellt werden. Die Vorschläge der Kohlekommission sehen vor, dass bis zum Jahr 2023 insgesamt drei Gigawatt vom Netz gehen sollen. Laut RWE-Sprecher Matthias Beigel sei es „völlig klar, dass es das Rheinische Revier stark treffen wird“. Das Unternehmen stellt sich auch darauf ein, dass Neurath davon betroffen sein wird. „Die Politik ist am Zug. Das ist eine Frage der Umsetzung“, sagt Beigel, der jedoch nicht bestätigt, dass das Kraftwerk Neurath bereits 2023 komplett stillgelegt werden soll.

Gerüchte und Spekulationen häufen sich – so berichten andere Quellen, die 300-Megawatt-Blöcke sollten 2023 vom Netz gehen, die 600-Megawatt-Blöcke, aus denen auch die Neurather Gärtner hauptsächlich das heiße Wasser für die Tomaten-Heizung beziehen, um das Jahr 2030. Würden die erst vor wenigen Jahren in Betrieb genommenen BoA-Blöcke noch länger laufen, käme für die Gärtner wohl auch ein Anschluss daran in Frage.

Für die Neurather steht fest: Sie wollen ihren Gewächshauspark effizient und nachhaltig weiterführen, als Vorzeige-Betrieb, wie sie sich selbst bezeichnen – und das auch, wenn die Wärme des Kühlwassers aus dem Kraftwerk entfällt. Derzeit wird für den Gewächshauspark eine vergleichsweise kleine Menge des kondensierten Wassers aus den Kühltürmen „ausgekoppelt“ und – vereinfacht gesagt – mit Hilfe eines isolierten Stahlrohres in Richtung Tomaten geleitet. Das Wasser, das dort ankommt, soll eine Temperatur um 65 Grad haben und wärmt die Pflanzen, so dass sie ideal gedeihen können. „Im Kern ist das nichts anderes als Fernwärme, das Prinzip ist das gleiche“, sagt RWE-Sprecher Olaf Winters.

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