Serie Agrobusiness prägt das Gelderland Obst, Gemüse und Pflanzen fürs ganze Land

Herongen · Zu den größten Lieferanten des deutschen Lebensmittelhandels gehört neben Dr. Oetker und Coca-Cola auch Landgard aus Herongen.

 Die Vielfalt des Angebots von Landgard konnte man bei den Ordertagen in Herongen sehen.

Die Vielfalt des Angebots von Landgard konnte man bei den Ordertagen in Herongen sehen.

Foto: Landgard/Lina Nikelowski

Wer vom Agrobusiness im Gelderland spricht, muss auch von Landgard sprechen. Jahresumsatz: über 1,9 Milliarden Euro. Das Unternehmen prägt als größter Vermarkter für Obst, Gemüse und Pflanzen sowie als Arbeitgeber das Gelderland erheblich. Etwa 3000 Mitarbeiter beschäftigt Landgard weltweit, davon 960 allein im Kreis Kleve. Bemerkenswert: 550 gartenbauliche Betriebe gab es laut Agrarstrukturerhebung des Landes NRW im Jahr 2016 im Kreis Kleve. 500 Betriebe des Kreises stehen als Mitglieder in Landgards Statistik. Weltweit sind es rund 3300.

Wohlgemerkt Mitglieder, nicht Zulieferer. Denn Landgard ist eine Genossenschaft. Wer seine Produkte über Landgard in Deutschland oder weltweit verkaufen möchte, wird Mitglied und erwirbt dadurch Anteile am Unternehmen. „Der genossenschaftliche Ansatz ist der Unterschied zum sonstigen in der Region ansässigen Pflanzenhandel“, betont Landgards Vorstandsvorsitzender Armin Rehberg im RP-Gespräch. „Er bedeutet für uns eine größere Verantwortung gegenüber unseren Mitgliedsbetrieben, mehr Verbindlichkeit und langfristige Verbindungen zu unseren Erzeugern.“

Ganz kritikfrei geht es natürlich auch hier nicht zu. Landgard agiere inzwischen geschäftlich zu sehr wie ein Großkonzern, heißt es von Seiten einiger Mitglieder mit Blick auf die Abrechnungsmodelle. „Man sollte die Geschäftsphilosophie nicht so sehr nach der Größe beurteilen“, reagiert, darauf angesprochen, Armin Rehberg. „Der Genossenschaftsgedanke ist für uns zentral. Landgard operiert in kleinen funktionellen Einheiten, um in jedem Segment nah an Mitgliedern und Kunden zu sein. Wir haben im Fachhandelsverkauf einen Marktanteil von 45 Prozent, aber wir stehen am Verhandlungstisch auch den großen Lebensmittelhändlern und DIY Filialisten gegenüber. Oder nehmen wir die Logistik, Verbindlichkeit oder Qualitätsmanagement und Qualitätssicherheit, da hilft die Größe.“

Am Ende entscheide der wirtschaftliche Erfolg von Landgard und den Mitgliedsbetrieben darüber, ob das Konzept gut sei. „Und da sind wir auf einem guten Weg“, resümiert der Vorstandsvorsitzende mit Blick auf die aktuelle Entwicklung und das verbesserte Geschäftsergebnis (die RP berichtete). Zudem verweist Rehberg auf eine Übersicht der Top-100-Lieferanten Deutschlands im Lebensmittelhandel. Angeführt wird sie von Dr. Oetker; Landgard rangiert auf Platz 12 noch vor Mars.

 Zum Genossenschaftsgedanken gehört es laut Rehberg, dass Landgard Themen aufgreift, die die Mitglieder beschäftigen. „Unsere Branche befindet sich in einem Strukturwandel. Der Nachwuchs ist nicht immer gewillt, die elterlichen Betriebe fortzuführen. Wir konkurrieren mit großen Markenartiklern als Arbeitgeber. Energiekosten, Transportkosten und Personalkosten steigen. Und wir haben als Saison nur wenige Monate, wo wir den großen Hebel im Geschäft haben. Andererseits haben wir einen extrem stabilen Absatzmarkt, das hat kaum eine Branche. Die Frage ist, sind wir in der Lage, die Kostensteigerungen preislich auszugleichen?“ Angebote und Werbeprojekte von Landgard hätten schon viel erreicht für die Branche und damit die Region. Beispielsweise die Initiative „Blumen - 1000 Gute Gründe“, die unter anderem in den sozialen Medien und auf Veranstaltungen wie Parookaville aktiv ist, um jungen Menschen Blumen und Pflanzen wieder näher zu bringen. Oder die Landgard-Stiftung, die die Forschung unterstütze und Stipendien für Nachwuchsförderung vergebe, nennt Rehberg Beispiele. Was ihm noch fehle, sei ein bisschen mehr positive Einstellung der Verbraucher der Branche und ihren Produkten gegenüber. „Keine Branche ist so nachhaltig wie wir“, findet Rehberg. „Ohne Blumen und Pflanzen gibt es auch die Menschen nicht mehr. Wir müssen natürlich zum Beispiel mit so wenigen Pflanzenschutzmitteln arbeiten wie möglich, aber Forderungen müssen auch kaufmännisch noch umsetzbar sein. Regionalität und Qualitätsproduktion muss Wertschöpfung ergeben. Es nimmt den Betrieben Innovationspotenzial, wenn die Ehrlichkeit der Kunden an der Kasse aufhört.“ Und er ist überzeugt: Im internationalen Vergleich müsse sich der deutsche Gartenbau mit seinen Sozial- und Umweltstandards nicht verstecken.

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