Oermtener Bauernhaus mit Geschichte(n) Ein Haus voller Erinnerungen

Oermten · Aus mehr als 15.000 Feldbrandsteinen hat Familie Schoenen-Schragmann ein Bauernhaus in Oermten gebaut. Draußen ist der Lieblingsplatz die lauschige Ecke unter dem Kirschbaum. Der Garten ist ein Paradies für die heimische Vogelwelt.

 Vom modern eingerichteten Wohnzimmer mit vielen Fotos geht es direkt in den Garten. Ein Metallbett unter den Bäumen lädt zum Entspannen ein.

Vom modern eingerichteten Wohnzimmer mit vielen Fotos geht es direkt in den Garten. Ein Metallbett unter den Bäumen lädt zum Entspannen ein.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

An der Fensterscheibe der Küchentür hängt geklöppelte Spitze, draußen stolzieren Hühner herum. Im Frühling blüht der Flieder mit dem Kirschbaum um die Wette. Es ist eine Idylle, wie man sie von einem Bauernhaus erwartet. Mittendrin steht Karin Schoenen-Schragmann in der Küche. „Wir wollten eine Bauernkate haben. Das war klar“, sagt die ausgebildete Landwirtin und Tierheilpraktikerin. Deswegen machte sie sich vor mehr als 20 Jahren mit ihrem Mann Holger auf die Suche. „Wir sind jedes Wochenende los und haben uns alte Bauernhöfe, die zum Verkauf standen, angesehen.“ Das Problem: das Restaurieren wäre nicht nur viel Arbeit gewesen, sondern die Schmuckstücke waren auch sehr teuer, weil zu der Zeit viele Städter aufs Land ziehen wollten. Ein alter Bauernhof, das war ein Traum von vielen.

Einen „Super-Glücksgriff“ nennt es Karin Schoenen-Schragmann, dass sie in Oermten unweit ihres Elternhauses bauen durfte. Gesucht hatte das Paar immer eine Kate mit Geschichte, „nun mussten wir die Geschichte selber schreiben“, sagt die Tierheilpraktikerin. Und die begann mit 15.000 Feldbrandsteinen aus den Niederlanden. Sie stammten von einer riesigen Fabrik aus der Jahrhundertwende, die abgerissen wurde. „Wir hatten den Steineblick“, sagt sie lachend. Überall, wo alte Häuser abgerissen wurden, wurde nach passendem Material Ausschau gehalten. Mit ihrem Vater, Trecker und Karren ging es zur Abholung der Steine. Immer wieder waren es auch Baustoffe mit Heimatbezug. So ist die Einfahrt mit Steinen vom Sevelener Kirchplatz gepflastert worden. Der wurde schon einmal vor 23 Jahren saniert. Die Pflastersteine, die damals ausgetauscht wurden, liegen nun in Oermten.

Steine vom alten Naturkundemuseum auf dem Oermter Berg, dort steht heute das Gebäude von Haus Freudenberg, wurden ebenfalls vermauert. Eine alte, schwere Eichentüre eines Sevelener Bauernhofes, dort steht heute die Filiale der Volksbank, bekam eine neue Aufgabe als Gartentür. Aufgewertet wurde die Pforte mit einem Türklopfer in Engelsgestalt und einer Luke, durch die man den kommenden Besuch sehen kann.

Das Haus wurde 1996/97 gebaut. „Aber es sollte nicht nur ein Haus mit einer alten Hülle sein, sondern mit Historie“, sagt die Oermterin. In der Küche sind dicke, alte Eichenbalken verbaut. „Das gibt einen Ranch-Charakter“, sagt Karin Schoenen-Schragmann. Vor allem verbindet sie damit viele Erinnerungen. Die Balken stammen aus dem Melkhaus, in dem sie und ihr Vater Josef früher selber Kühe gemolken haben. Die große Tafel, die in der Küche hängt und an der ihre drei Töchter die ersten Mal- und Schreibversuche unternommen haben, stammt aus dem Schweinestall des elterlichen Hofes. „Damals gab es noch keine Handys und Computer, alles Wichtige, wenn etwa eine Sau in einen anderen Stall umziehen musste, wurde auf der Tafel notiert“, erklärt die gelernte Landwirtin. Daneben, am Kühlschrank, hängt ein großes Schwarz-Weiß-Plakat. Es weist auf die Veranstaltung von den „Zwei Schoenen vom See“ hin. Gemeinsam mit ihrer Schwester Christel-Johanna Schoenen-Schlootz tritt die Tierheilpraktikerin auf. Als „literarischer Salon“ dient der ausgebaute alte Eisenbahnwaggon auf der Mehrgenerationen-Wiese in Oermten. Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellt und aus dem Küchenfenster schaut, kann sie ihn sehen. „Von dort geht auch der Oermter Wanderweg entlang“, erklärt sie. Ihr Haus liegt mitten im Grünen. Das beginnt schon vor der eigenen Haustür. Dafür hat die Familie fleißig angepackt. Von der Küche und auch dem Wohnzimmer geht es direkt in den Garten. „Wir haben fast 30 Meter Hainbuche gepflanzt, 60 Meter Buchs, dem auch der Buchsbaumzünsler nicht den Garaus machen konnte“, sagt Karin Schonen-Schragmann lachend. Die Buchsbaumhecke stammt von einem alten Bauernhof, einen Teil hat sie in mühevoller Kleinarbeit mit Ablegern selber gesteckt, so dass die Beete – wie bei alten Bauerngärten üblich – mit der Hecke eingefasst sind.

30 Bäume sind im Garten vor 23 Jahren beim Einzug gepflanzt worden. „Kirsche, Birne, Apfel, alles alte Sorten und von Weiden eingefasst“, zählt sie auf. Dafür gab es den Umweltpreis der Gemeinde Issum. „Hier war gar nichts. Wenn ich sehe, welches Vogelparadies entstanden ist, dann ist das eine große Freude. Unter dem Dach leben einige Spatzen. Und wir haben einen Star, der hier wohnt“, sagt die Tierheilpraktikerin.

 Die massiven Eichenbalken stammen aus dem Melkhaus, in dem Karin Schoenen-Schragmann und ihr Vater Josef noch selber gemolken haben.

Die massiven Eichenbalken stammen aus dem Melkhaus, in dem Karin Schoenen-Schragmann und ihr Vater Josef noch selber gemolken haben.

Foto: Evers, Gottfried (eve)
 Von außen sieht das Haus nach einer alten Bauernkate aus. Alt sind die Steine, die für das 1996/97 gebaute Haus verwendet wurden.

Von außen sieht das Haus nach einer alten Bauernkate aus. Alt sind die Steine, die für das 1996/97 gebaute Haus verwendet wurden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Abends, wenn die Sonne untergeht, ist der Platz unter dem Kirschbaum der beste Platz der Welt für die Oermterin und ihre Familie. „Das ist sehr, sehr schön.“ Und wenn sie die vergangenen 23 Jahre Revue passieren lässt, dann kann sie sagen, dass das Haus mittlerweile seine eigene Geschichte hat, „weil es unsere eigene Geschichte mitgemacht hat.“

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