Inszeniertes Hörpsiel in Duisburg Blick auf ein kriegerisches Jahrhundert

Duisburg · Inmitten einer beeindruckenden Ausstellung in der Alten Brotfabrik in Duisburg wurde jetzt Martin Shermans „Rose and the War“ als inszeniertes Hörspiel präsentiert.

 Das Hörspiel „Rose and the War“ war in der Alten Brotfabrik zu hören.

Das Hörspiel „Rose and the War“ war in der Alten Brotfabrik zu hören.

Foto: Peter Klucken

Seit 30 Jahren eröffnet der Künstler Cyrus Overbeck jede Veranstaltung mit der Rezitation des „Kriegslieds“ von Matthias Claudius. Dort lauten zwei Zeilen: „Es ist leider Krieg – und ich begehre, nicht Schuld daran zu sein.“ Diesmal habe er Angst davor gehabt, diese Zeilen zu zitieren, gestand Overbeck, der in seiner Alten Brotfabrik in Bruckhausen Gastgeber der Aufführung von Martin Shermans 1999 geschriebenen Stück „Rose and the War“ war.

Olaf Reifegerste hat aus dem umfangreichen Originaltext eine hörspieltaugliche Fassung erarbeitet und sensibel Regie geführt. Esther Krause-Paulus liest und spielt zurückhaltend den Text, begleitet und musikalisch interpretiert von der vorzüglichen Akkordeonistin Ute Völker. Einziges Requisit ist eine schlichte Holzbank, die zugleich Symbol der Trauer wird. Denn Rose, wie die im Stück 80-jährige Jüdin heißt, befolgt die jüdische Tradition und trauert sieben Tage auf einer hölzernen Bank.

„Rose and the War“ ist der Monolog einer Frau, die aus der Perspektive einer einstmals Verfolgten und Überlebenden des Holocausts die Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt. Sie berichtet vom Warschauer Ghetto, vom vergeblichen Versuch mit dem Schiff nach Palästina zu gelangen und schließlich von ihrem äußerlich erfolgreichen Leben in Miami. Aber auch in den USA muss sie noch mehrmals auf der Bank trauern, nicht zuletzt deshalb, weil sich ihr Sohn und ihre Enkel, die nach Israel auswandern, im Sechstagekrieg und später, schuldig machen. Da schließt sich der Kreis zum Kriegslied von Matthias Claudius.

Als inszeniertes Hörspiel hinterließ „Rose and the War“ einen tiefen Eindruck auf die zahlreichen Besucher der Alten Brotfabrik. Bewegend ist auch die geradezu überwältigende Installation mit Hunderten Druckgrafiken von Cyrus Overbeck. Der Künstler schuf Serien von Porträts von Menschen, die gegen die Nazis Partei nahmen, die Opfer der Nazis wurden, auch von einigen Nazi-Tätern sowie von Menschen, die sich nach dem Krieg für Menschlichkeit und gelebte Demokratie eingesetzt haben. Darunter sind Porträts von Willy Brandt und Josef Krings. Trotz der fast winterlichen Kälte wurde an diesem Abend die Alte Brotfabrik, in der während der Nazizeit Aufrufe gegen die Nazis in Brotlaibe eingebacken wurden, zu einem Ort vieler guter Gespräche.

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