Zeitzeuge im Albert-Einstein-Gymnasium Wie Manfred Kühnelt für 30 Monate im Gefängnis landete

Rumeln-Kaldenhausen · Was als Freundschaftsdienst gedacht war, endete für Manfred Kühnelt mit 30 Monaten Gefängnis. Wie es dazu kam und wie er heute zum DDR-Regime steht, berichtete der Zeitzeuge Kühnelt jetzt am Albert-Einstein-Gymnasium in Rumeln-Kaldenhausen.

 Die Schülerinnen und Schüler waren von den Berichten Manfred Kühnelts sehr beeindruckt.

Die Schülerinnen und Schüler waren von den Berichten Manfred Kühnelts sehr beeindruckt.

Foto: AEG

Über 70 Abiturienten lauschten gespannt und auch beeindruckt, wie Kühnelt im Jahr 1973 als Ostberliner einer Frau nach Westberlin verhelfen wollte. Der damals 22-jährige Kühnelt hatte die Frau auf der Transitstrecke nach Westberlin einem Westberliner übergeben wollen.

Doch schon auf der Fahrt hatte Kühnelt bemerkt, dass er verfolgt wird, sodass die Übergabe nicht stattfand und Kühnelt mit der Frau wieder zurückfuhr. Erstaunlicherweise wurde er nicht sofort verhaftet, sondern zunächst ein halbes Jahr lang vom Ministerium für Staatssicherheit überwacht.

 Manfred Kühnelt musste in der DDR für 30 Monate hinter Gitter.

Manfred Kühnelt musste in der DDR für 30 Monate hinter Gitter.

Foto: AEG

„Mir fuhren immer wieder Autos mit denselben Kennzeichen hinterher“, erzählt Kühnelt in der Aula des Einstein-Gymnasiums, „das war schon auffällig.“ Er vermutet, dass die Stasi ihn zunächst nur ausspioniert hatte, um an eventuelle Hintermänner zu kommen. Da Kühnelt aber nicht Teil einer großen Schleuserbande war, schlug die Stasi dann ein halbes Jahr nach dem abgebrochenen Fluchtversuch zu.

Nach einem kurzen Prozess, bei dem er seinen Anwalt nur einmal vorab gesehen hatte, verbrachte er seine Haftstrafe zunächst in Hohenschönhausen, anschließend wurde er nach Cottbus verlegt. Am Anfang musste er drei Wochen in Isolationshaft verbringen, die ihn besonders mitgenommen haben. Später war er mit 16 Männern auf einer Zelle. „Das war aber ganz gar nicht so schlecht, wir haben uns alle nämlich gut verstanden“, blickt Kühnelt zurück.

Dank seines Anwalts wurden er und nach und nach auch seine Zellengenossen vom Westen freigekauft. Kühnelts Frau und seine Tochter waren auch „miteingepreist“, sodass sie direkt als Familie in den Westen konnten, wo er sich dann später in Duisburg niederließ.

Nach seinem Vortrag, der von Dr. Frank Hoffmann von der Ruhr-Universität Bochum organisiert und moderiert wurde, konnten die Einsteiner dem Zeitzeugen noch Fragen stellen. Auf die Frage, wie er die Täter heute bestrafen würde, wenn er Richter wäre, antwortete Kühnelt ganz nüchtern „mit rechtsstaatlichen Mitteln“.

Dass er keinerlei Groll oder Zorn gegenüber der Haftzeit und dem Regime hegte, habe alle Anwesenden besonders beeindruckt, betont Christian Großmann, Geschichtslehrer am Albert-Einstein-Gymnasium. Nachgetrauert hat Kühnelt dieser Zeit aber natürlich nicht. So war die Antwort auf die Frage, ob er die DDR vermisse, keine Überraschung: ein deutliches „Nein“.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort