Ausstellung im Haus der Architekten Tel Aviv in Bildern von Bauten

Im Haus der Architekten ist eine Ausstellung mit Bildern von Irmel Kamp zu sehen. Vor 30 Jahren bereiste die Fotografin Tel Aviv und bildete die bemerkenswerte Architektur der Stadt ab. Heute ist sie Welterbe.

Als Irmel Kamp Ende der 1980er Jahre nach Tel Aviv kam, war die Stadt noch kein Fall fürs Bundesbauministerium. Damals interessierten sich nur Eingeweihte für die dortige Architektur, die hellen Bauten mit den flachen Dächern. Es war noch nicht auf jeder Ansichtskarte von der „White City“, der weißen Stadt, zu lesen. Tel Aviv war eine Küstenstadt am Mittelmeer, aber kein Weltkulturerbe.

Damals jedenfalls reiste Irmel Kamp nach Israel, im Gepäck ihre Kamera. Ziel: jenes Tel Aviv. Ein Insidertipp. Was Kamp faszinierte, war die dortige Bebauung, die Architektur aus den 1930ern und 1940ern. Sie wollte die Spuren entdecken, die Architekten im dortigen Stadtbild hinterlassen hatten. Schüler des Bauhaus-Gründers Walter Gropius etwa, von Erich Mendelsohn, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier, die vor dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg ins britische Mandatsgebiet Palästina geflohen waren, um sich dort buchstäblich etwas Neues aufzubauen.

4000 dieser Gebäude prägen bis heute das Stadtbild, und wer sich ein Bild machen möchte, sollte Tel Aviv unbedingt einmal besuchen. Spätestens nachdem man die feine, kleine Ausstellung mit Kamps Bildern im Haus der Architekten gesehen hat, möchte man dort hin. „Tel Aviv – Neues Bauen“ heißt die Schau, die zahlreiche Bilder der Fotografin vereint. Gezeigt werden ihre Aufnahmen aus den Jahren 1988 bis 1990, als Kamp die Stadt mit der Kamera entdeckte. Auf ihren Bildern sieht man die geraden Linien, die abgerundeten Ecken, die flachen Dächer der Gebäude – man kann diese Arbeiten als Typologie begreifen. Viele Bilder indes zeigen nicht nur Bauten, sondern auch ihre Umgebungen, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen. Man sieht viel Licht und Schatten, abgestellte Autos, Vegetation, angebaute Schuppen, die nicht unbedingt von großer Baukunst zeugen. Ziel ihrer Fotografie war es, auf die Architektur Tel Avivs aufmerksam zu machen, sagt Kamp, die aus Düsseldorf stammt und in Aachen lebt. Tatsächlich zählt die Stadt seit 16 Jahren zum Unesco-Welterbe, und kürzlich entschied der Bund, drei Millionen Euro in ein Tel Aviver Denkmalschutz-Zentrum zu stecken, eine deutsch-israelische Kooperation zum Bauhaus-Jahr.

Die Idee zur Stadt geht übrigens auf den Schotten Patrick Geddes zurück, der bekam 1925 den Auftrag der britischen Mandatsregierung, einen Masterplan für den Küstenort zu entwickeln. Geddes machte sich also Gedanken, er entwarf eine Gartenstadt mit vielen frei­stehenden Gebäuden und einigen Hauptachsen, die den Wind vom Mittelmeer bis ins hitzige Stadtinnere lenken sollten. Mit den Jahren wurde mehr und mehr von Geddes’ Plänen abgewichen, Tel Aviv ist wie viele Großstädte im Wandel. Darauf nimmt Irmel Kamp in ihrer Ausstellung Bezug. Vergangenes Jahre reiste sie wieder einmal in die Stadt, um zu sehen, was aus den Häusern geworden ist, die sie einst abbildete. Im Haus der Architekten sind darum auch Gegenüberstellungen ausgestellt. Kamp hat die Bilder der Gebäude in sechs Kategorien eingeteilt: erhalten, nicht erhalten, eingeklammert, zugewachsen, aufgestockt und renoviert. So steht man da und schaut von links nach rechts, von rechts nach links, studiert die Unterschiede und kommt ins Überlegen: In sechs Stunden schafft man es von Düsseldorf nach Tel Aviv. Vielleicht geht heute ja noch ein Flug.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort