Wurstküche statt Bibliothek Mit Einser-Abitur in die Metzgerlehre nach Düsseldorf

Mit einem Abitur mit der Durchschnittsnote 1,8 könnte man an der Heinrich-Heine-Uni Jura studieren. Doch statt Bücher zu wälzen und Vorlesungen zu hören, steht Vinzenz Wied in weißen Gummistiefeln und Kittel morgens um 5 Uhr in der Wurstküche der Traditionsmetzgerei Schlösser an der Oststraße in Düsseldorf.

 Vinzenz Wied prüft die geräucherten Würstchen in der Metzgerei Schlösser an der Oststraße.

Vinzenz Wied prüft die geräucherten Würstchen in der Metzgerei Schlösser an der Oststraße.

Foto: Anne Orthen

Der 22-jährige Vinzenz Wied ist inzwischen Metzgermeister und hat nebenbei ein triales Studium absolviert.

"Fleisch ist ein hochwertiges Lebensmittel, mir macht es einfach Spaß, damit zu arbeiten", sagt der 22-jährige Wied, der aus dem kleinen Ort Erndtebrück in der Nähe von Siegen stammt. Doch einfach so eine Lehre machen, das kam für Wied nicht in Frage An der Fachhochschule für den Mittelstand in Köln wird seit wenigen Jahren ein sogenanntes triales Studium angeboten. "Ich habe mit 22 Gesellenbrief, Meistertitel und einen Hochschulabschluss in der Tasche - das war so früher nicht möglich", sagt Wied. In seiner Klasse ist er der einzige Metzger und der erste, der diesen Studiengang absolviert.

Für den praktischen Teil fand er in Köln nicht den passenden Ausbildungsbetrieb, nur in wenigen Metzgereien in Köln gibt es noch eine Wurstküche. "Ich war von der Qualität der Betriebe in Köln enttäuscht, habe mich umgehört und bin so auf die Metzgerei Schlösser gekommen", sagt Wied. Mehr als 50 Gold-Medaillen des Fleischerverbands die Schlösser erhielt, taten ein Übriges. Dazu kam: In der Zeitschrift Feinschmecker wurde die Metzgerei Schlösser als beste Metzgerei Düsseldorfs ausgezeichnet.

"Wir arbeiten hier mit 45 Mitarbeiter, darunter sieben Meister", sagt sein Chef Jörg Schlösser, der auf mehr als 100 Jahre Originalrezepte bei der Herstellung setzt. Schweine und Rinder werden schlachtfrisch verarbeitet, ein Tier, das aus bäuerlicher Haltung am Niederrhein stammt, ist morgen frisch verarbeitet im Laden an der Oststraße oder der Filiale auf dem Carlsplatz zu kaufen Bei Vieheinkauf und Auswahl war Wied dabei und hat so den Herstellungsprozess erlernt.

"Ich habe mich im Betrieb von Anfang an sehr wohl gefühlt", sagt Wied, der für Ausbildung und Studium nach Düsseldorf gezogen ist. "Ich will das Handwerk auch bei jungen Leuten wieder cool machen", sagt er selbstbewusst und weiß, dass Lebensmittel in den vergangenen Jahren zum Lifestyle geworden sind.

Fleisch ist für Wied ein faszinierender Rohstoff, der auf viele unterschiedliche Arten verarbeitet werden kann."Um eine gute Wurst herzustellen, kommt es auf Fühlen, Sehen, Riechen und Schmecken an", sagt Wied.

Aber auch beim Auslösen braucht es viel Geschick, um das Fleisch nicht zu verschneiden. Seine Handwerkskunst macht Wied so viel Spaß, dass er mit Kollegen sogar an Weltmeisterschaften teilnimmt. Im März dieses Jahres war er mit seiner Truppe, die sich den Namen "Butcher Wolf Pack" (Metzer Wolfsrudel) gegeben hat, im Belfast und ist gegen Kollegen unter anderem aus England und Australien angetreten. Wied weiß, in den Ländern außerhalb Deutschlands ist der Beruf des Metzgers hoch angesehen.

Als Traiteur in Frankreich oder als Master-Butcher in den USA genießt man einen exzellenten Ruf Spezialist auf seinem Gebiet". 45 Jahre Arbeitsleben liegen nun noch vor ihm, Wied will in wenigen Jahren seinen eigenen Betrieb eröffnen. Seine Ausbildung hat er abgeschlossen, natürlich wieder mit einer Eins.

(RP)
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