Düsseldorf Das hat uns 2012 ganz besonders berührt

Düsseldorf · Nespresso-Store auch ohne Clooney oder Düsseldorf aus dem Cockpit: Die Redakteure unserer Düsseldorfer Lokalredaktion haben 2012 einiges erlebt und ihren ganz persönlichen Jahresrückblick zusammengestellt.

 Die RP-Redakteure Andreas Bretz (l.) und Thorsten Breitkopf im Cockpit einer Boeing 737 der Lufthansa über Düsseldorf.

Die RP-Redakteure Andreas Bretz (l.) und Thorsten Breitkopf im Cockpit einer Boeing 737 der Lufthansa über Düsseldorf.

Foto: Bretz, Andreas

Rot-Weisse Karten im Herzen

Als Fan des Aufräumens und Wegwerfens von alten Sachen bewahre ich (fast) nichts auf. Keine Souvenirs an Urlaube, keine Konzertkarten, keine Grußkarten zum letzten Geburtstag. Alles kann weg. Nur zwei Eintrittskarten zu zwei Fortuna-Spielen habe ich aufbewahrt - und suche zurzeit noch nach einer passenden Vitrine: einmal die Karte zum Relegationsspiel am 15. Mai, und einmal die Karte zu dem Spiel, das Fortuna mit seinem ersten Heimsieg nach 15 Jahren beendete. 2:0 gegen den HSV - was kann es Schöneres geben. Na ja, gut, das 4:0 gegen Frankfurt war auch nicht von schlechten Eltern - aber die Karte war irgendwie schnell verschwunden. Die Erinnerung an das Relegationsspiel war natürlich nicht so schön - ich saß direkt neben den Bengalo-werfenden Hertha-Fans. Dass an diesem Abend aber der Aufstieg dann doch drin war, schon. ak

Nespresso-Store auch ohne Clooney

Perfekt war der Tag zwar nicht. Dazu hätte George Clooney doch selbst vorbeischauen und vor den Augen hingerissener Damen einen Espresso schlürfen müssen. Das hat er nicht gemacht, trotzdem war die Eröffnung des Nespresso-Stores an der Königsallee ein Highlight des Jahres. Die Lieblingsfreizeitbeschäftigung der Deutschen ist nunmal das Shoppen (sagt der Einzelhandelsverband), und ich mache da keine Ausnahme. Konnte man Kleidung und Schuhe zwischen Kö, Schadowstraße und Flinger Straße schon immer in großer Auswahl finden, eröffnen sich nun neue Möglichkeiten. Statt vor dem eigenen Gewissen den Kauf des fünften schwarzen Stiefelpaars zu rechtfertigen ("Das ist ein viel helleres Schwarz."), kaufe ich mehr Espresso.

Der ist zwar ebenso schwarz wie die fünf Stiefelpaare, aber die Kapseln strahlen mal golden, mal blau, mal rot, und echte Koffeinfans schmecken sogar den Unterschied. Die Selbstbedienung per Automat bietet zudem ein besonders futuristisches Einkaufserlebnis - und man muss nicht mehr im Internet bestellen, wenn der Vorrat wieder ganz plötzlich zuende ist, und dann auf den Nachschub per Post warten. Die Tüten mit dem Aufdruck des Kapselhändlers sind entsprechend schon ein häufiges Bild auf der Kö. Und so handlich, dass man damit auch noch ins Schuhgeschäft gehen kann. nic

Spuren der Germanen

Das Baggern, Bohren und Graben in der Innenstadt und der Altstadt gilt als Zeichen für eine große Chance. Düsseldorf will sich mit dem neuen Zentrum rund um den Kö-Bogen endlich als Metropole etablieren, zudem verjüngt sich die Altstadt durch neue Wohnviertel. In diesem Prozess sehen jedoch auch Archäologen ihre große Chance. Sie dürfen in den Baugruben nach Spuren der Geschichte suchen. Für den traditionsbewussten Düsseldorfer ist diese Chance schon selbstverständlich geworden. Denn die Meldungen von Funden alter Mauern von Stadt und Festung, von Kanälen für die Düssel, von Grabgewölben, von Kanonenkugeln sowie Geschirr aus Porzellan und Keramik haben sich gehäuft.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf war die Tragweite eines Fundes einer Tonscheibe von einem Krug auf dem Gelände des ehemaligen Gerichtsgebäudes an der Ratinger Straße nicht sofort klar. Dabei war dieser Tonkrug schon weit vor dem Mittelalter schon in Gebrauch. Germanen aus der römischen Kaiserzeit müssen ihn schon in ihrem Haushalt gehabt haben. Damit war die naheliegende Vorstellung, dass das unbedeutende Dorf an der Düssel erst nach der Schlacht von Worringen an Bedeutung gewann, plötzlich überholt. Die Sandbänke im Düssel-Delta waren schon lange vorher ein Heimatort für Sippen und Stämme der Germanen. Der Kies in der Baugrube, der diese Tonscheibe freigab, hat auf einmal eine völlig andere Aura. Er ist eine Art Urgrund von Düsseldorf und zu schade, um achtlos weggebaggert zu werden. bro

Düsseldorf aus dem Cockpit

Man muss kein gebürtiger Düsseldorfer sein, um beim Anblick der Stadt bei strahlendem Sonnenschein ein heimeliges Gefühl zu bekommen. Doch weitaus imposanter ist der Blick aus dem Cockpit eines Verkehrsjets. Wir hatten das Glück, neben zwei Piloten einer Boeing 737 der Lufthansa von Venedig nach Düsseldorf fliegen zu können. Auch wenn Esprit-Arena, Messe oder Landtag von unten betrachtet groß und gewaltig sein mögen. Aus dem Cockpit eines Jets in vielen hundert Metern Höhe wirken sie wie kleine Spielzeughäuser auf einer Märklin-Eisenbahn. Der Rhein wird zum Bächlein. Die Autos, die hektisch über die Rheinbrücken düsen, sie wirken wie winzige Krabbeltiere. Und selbst die Landebahn des Düsseldorfer Flughafens, von oben sieht sie aus, als würde es eng werden. Es war nicht eng geworden. Düsseldorf bei der Landung aus dem Cockpit zu sehen, es ist ein Kindheitstraum, zumindest für den Autor, der Flug-Enthusiast ist. Der flugangstgeplagte Fotograf dagegen konnte sich selbst nur durch einen starren Blick auf die Instrumententafel vor dem Nervenzusammenbruch bewahren. tb/abr

Wie Luca zu den Delfinen kam

Ein Feuerwehrmann, der Kabarett macht, weckte im Sommer meine Neugier. Vor allem, weil Günter Nuth den Erlös seines Auftritts einem Kollegen zur Verfügung stellen wollte, dessen Sohn eine Delfintherapie braucht. So habe ich Luca kennengelernt. Einen Dreijährigen, der noch nie in seinem Leben gelacht hat. Sein Vater hielt ihn im Arm, als er mir sagte, dass Luca vielleicht gar nicht weiß, dass der Mann, der ihn hält, sein Papa ist. Es war nicht leicht, diese Sätze aufzuschreiben, die so klingen, als sei das Leben der Heimanns ein furchtbar trauriges, als sei Luca nicht ein geliebter Sohn, sondern ein schwerer Schicksalsschlag. Lucas Eltern Eric Heimann und Susana Gonzalez haben mich sehr beeindruckt. Lange hatten sie vergeblich auf ein Kind gehofft, und als Luca dann endlich kam, setzte während der Geburt seine Atmung aus.

Er war dem Tod näher als dem Leben, in jenen ersten Wochen, in denen die Eltern von ihm Abschied nahmen, um dann doch wieder neue Hoffnung zu schöpfen. Wie diese beiden das durchstehen, wie sie sich gegenseitig Kraft geben und dabei ihren Sohn, der nicht spricht und der angeblich auch nichts sehen kann, vorbehaltlos und stolz lieben - das ist bewundernswert. Dass Luca im September nach Curacao reisen konnte, hat die Familie hauptsächlich der Feuerwehr zu verdanken, die bei jeder Gelegenheit für die Heimanns sammelte - auch das ist nicht selbstverständlich. Genauso wenig, wie die Spenden unserer Leser, nachdem ich zum ersten Mal von Luca und seiner Familie erzählt habe. Danke dafür!

Die Delfintherapie hat Luca das erste Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Die Fortschritte, die er in Curacao gemacht hat, sind Meilensteine seiner Entwicklung, und ich bin sehr froh, das miterlebt zu haben und ebenso gespannt, wie es weitergeht. Die jüngste Nachricht von Lucas Familie freut mich ganz besonders: Im neuen Jahr bekommt Luca ein Geschwisterchen. Viel Glück! sg

Das größte Bild über Düsseldorf

Vor einem Kunstwerk lässt sich schon mal eine Viertel- oder halbe Stunde verbringen, aber drei? Schien schwer vorstellbar - bis zu dem Abend, an dem der Wahl-Düsseldorfer Martin Denker sein riesiges Werk "Aetas aurea" (Goldenes Zeitalter) erläuterte. Das 3 mal 14 Meter große Werk hängt im Restaurants "Monkey?s West" und erzählt in 28 Szenen mehr als 200 Jahre Düsseldorfer Kunstgeschichte.

Denker hat viele, viele Geschichten, Fotos und Bilder gesammelt und am Computer collagiert. Und so tummeln sich in der riesigen Arbeit der alte Meister Friedrich Wilhelm von Schadow und Heino, Wilhelm Busch und Bushido, natürlich Klee, Beuys, Richter, Lüpertz, Immendorff, Gursky, Ruff, Struth. Zu allen gibt es Anspielungen und Kommentare, keiner hat seinen Platz am Rand oder in der Mitte zufällig, keine Requisite hat aus Versehen ihren Platz gefunden. So riesig wie das Werk ist auch das Vergnügen, das es dem Verstand bereitet. hdf

(rl)
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