Mangel an Therapieplätzen Maßregelvollzug in NRW überbelegt - Patientenzimmer im Besucherraum

Münster · Seit Jahren gibt es zu wenige Plätze im Maßregelvollzug in Nordrhein-Westfalen. In Westfalen-Lippe sind die Angebote für sucht- oder psychisch kranke Straftäter mit bis zu 16 Prozent überbelegt. Das Land verweist auf kleine Schritte.

 Blick aus dem Fenster Patienten-Wohngruppe der LWL-Klinik für Forensische Psychiatrie Dortmund. (Archivfoto)

Blick aus dem Fenster Patienten-Wohngruppe der LWL-Klinik für Forensische Psychiatrie Dortmund. (Archivfoto)

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Kliniken für den Maßregelvollzug in Westfalen-Lippe sind mit bis zu 16 Prozent überbelegt. Das geht aus einer Vorlage des zuständigen Ausschusses des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für eine Sitzung am 25. März hervor. Demnach müssen die fünf Kliniken in Stemwede, Marsberg, Herne, Dortmund und Rheine deutlich mehr Häftlinge aufnehmen als Plätze vorhanden sind. Laut dem Bericht mussten die Kliniken in den vergangenen Jahren 50 Prozent mehr Menschen aufnehmen als im Vergleich zum langjährigen Mittel. Im Maßregelvollzug werden Suchtkranke und Täter mit psychischen Erkrankungen behandelt.

Gab es 2015 noch knapp über 300 Aufnahmen von sucht- oder psychisch kranken Straftätern, kletterte die Zahl 2019 und 2020 deutlich über 500. Eine Ausnahme gilt für die Klinik in Lippstadt-Eickelborn. Dort darf nach Absprache mit der Stadt die Zahl von 335 Patienten nicht überschritten werden.

Laut Vorlage für den Ausschuss fehlt es wegen der Überbelegung an Therapieplätzen. Mit zusätzlichen Betten in Patientenzimmern, aber auch mit der Umwidmung von Besucher- und Therapieräumen werde mehr Platz geschaffen. Zum Teil seien Patienten in andere Bundesländer verlegt worden.

Im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland ist der Maßregelvollzug ebenfalls überbelegt. Nach Angaben einer Sprecherin hat die Klinik in Bedburg-Hau 382 Behandlungsplätze, ist aber mit 423 Patienten auf den Stationen belegt. Ein ähnliches Bild gibt es in Düren (218/229), Langenfeld (180/200), Viersen (184/201), Köln (210/222) und Essen (54/57).

Nach Angaben des Landes sind die seit Jahren steigenden Unterbringungsanordnungen durch die Gerichte der Grund für die Überbelegung. Aktuell gebe es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des § 64 im Strafgesetzbuch, der die Unterbringung von Suchtkranken regelt. „Da das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales keinen Einfluss auf die steigende Anzahl von Unterbringungsanordnungen durch die Gerichte hat, ist es wichtig, den mit der Unterbringung beabsichtigten Behandlungserfolg so früh wie möglich zu erreichen“, heißt es in einer Stellungnahme. Unverhältnismäßig lange Unterbringungsdauern müssten vermieden werden.

Laut Ministerium sind im vergangenen Jahr an den bestehenden Standorten 32 zusätzliche Plätze geschaffen worden. Im laufenden Jahr kommen demnach weitere 20 hinzu. „Neben der Neubaumaßnahme in Hörstel (150 Plätze), die begonnen hat und in 2022 fertiggestellt werden wird, gibt es weitere Baumaßnahmen in der LVR-Klinik Düren (Modulbaustation mit 40 Plätzen, Fertigstellung 2. Hälfte 2022), in der LVR-Klinik Köln-Porz (Modulbaustation mit 20 Plätzen, Fertigstellung 1. Hälfte 2022) und in der LVR-Klinik Bedburg-Hau (69 Plätze, Fertigstellung Ende 2022)“, teilt das Land mit. Zudem seien die Planungen für eine Einrichtung für Frauen mit 69 Plätzen in Essen angelaufen. Die Planungen für die Standorte Lünen, Wuppertal und Haltern werden ebenfalls fortgeführt.

(chal/dpa)
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