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Unterwegs mit der Grünen-Spitzenkandidatin Auf eine Currywurst mit Sylvia Löhrmann

Die Grünen in NRW befinden sich im Umfragetief. Auf Wahlkampftour kämpft Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann mit grünen Kernthemen um jede Stimme. Wir haben sie einen Tag lang begleitet.

Auf Wahlkampftour mit Sylvia Löhrmann
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Auf Wahlkampftour mit Sylvia Löhrmann

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Foto: Dana Schülbe

Bochum, Hauptbahnhof, 10 Uhr: Mit einer Handvoll Flyer steht Sylvia Löhrmann auf dem Vorplatz und muss sich für die Politik der Bundeskanzlerin rechtfertigen. "Sie sollten mal wissen, warum man Sie nicht mehr wählt", sagt die Frau freundlich, aber bestimmt. Sie spricht nicht etwa über die Schulpolitik der Ministerin oder die Kernthemen der Grünen. Ihr geht es um die Flüchtlingspolitik. "Die Flüchtlinge werden sich selbst überlassen", sagt sie.

Löhrmann, in türkisgrünem Blazer und mit grünem Schal, versucht höflich und gelassen dagegen zu argumentieren, spricht von Integrationskursen. "Davon merke ich als Bürgerin nichts", kontert die Frau mit den grau-melierten Haaren. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen die Bundeskanzlerin, aber hier vor Ort eben auch gegen die Grünen. Früher, sagt die Frau, habe sie Rot-Grün gewählt, nun wähle sie die Violetten, eine Splitterpartei für spirituelle Politik — und wenn sich nichts ändert, "wähle ich in vier Jahren die AfD".

Die Flüchtlingspolitik hat das Land verändert, der Gegenwind ist rauer geworden für die etablierten Parteien — auf Bundes- wie Landesebene. Und das bekommen auch die Grünen zu spüren. Doch damit allein dürfte sich das Stimmungstief der Partei nicht erklären lassen. Nach den aktuellen Umfragen kommen die Grünen auf sieben Prozent. Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnten sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Bei der vergangenen Landtagswahl hatte die Partei noch 11,3 Prozent der Stimmen geholt.

Prominente Unterstützung aus Baden-Württemberg

Die schlechten Umfragewerte, "die haben uns natürlich überrascht", sagt Sylvia Löhrmann den Journalisten, die sie an diesem Tag in Bochum begleiten. Eine Erklärung dafür hat sie nicht. Die Wahlkampagne zu soft? Findet sie nicht. Kritik an ihrer Schulpolitik? Das sei immer ein schwieriger Bereich, das wisse jeder. "Aber dass ich die Weichen gestellt habe, stellt niemand in Frage", argumentiert Löhrmann. Und überhaupt seien die grünen Wähler sehr kritisch, würden sich erst zum Schluss entscheiden.

Im Wahlkampf-Endspurt will sie deshalb auf grüne Kernthemen setzen: Ökologie, Elektromobilität. Auch bei dieser Wirtschaftstour in Bochum. Ein Termin bei der GLS Bank, die auf sozial-ökologische Geldanlagen und nachhaltige Investments setzt, ein Termin beim Unternehmen Voltavision, das Autobauer bei der Entwicklung von Batterien unterstützt. Und sie hat sich neben Umweltminister Johannes Remmel prominente Unterstützung nach Bochum geholt: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Sylvia Löhrmann - grüne Schulpolitikerin und Spitzenkandidatin bei der NRW-Landtagswahl 2017
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Sylvia Löhrmann – die grüne Schulpolitikerin

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Foto: dpa, Roland Weihrauch

Kretschmann ist einer der derzeit beliebtesten Grünen-Politiker in Deutschland, noch im März lag seine Partei in Baden-Württemberg bei 27 Prozent, knapp hinter der CDU. Gegen den Trend in NRW, gegen den Trend im Bund. Die Begrüßung zwischen ihm und Löhrmann fällt herzlich aus, die beiden umarmen sich, lachen. Man kennt sich, man duzt sich, beide sind Lehrer. "Es ist wichtig zu zeigen, dass wir uns gegenseitig unterstützen", sagt Kretschmann, um dann Löhrmann zu loben. Eine gute Ministerin sei sie, sie habe einen guten Job gemacht. Und in solchen Stimmungen, wie sie derzeit in Deutschland herrschten, "spielt die Arbeit, die wir gemacht haben, eine viel zu geringe Rolle".

Wurst statt Veggie Day

Kretschmann ist bei Löhrmann, als er empfiehlt, auf grüne Kernthemen zu setzen, auf Anschlussfähiges, 2damit man nicht zu altbacken daherkommt2. Nach dem Termin bei der Bank gehen sie gemeinsam zum Termin in die Innenstadt an Bochums berühmteste Currywurst-Bude, auch um zu zeigen, "dass alle essen können, was sie wollen", wie Löhrmann zu Beginn der Tour erklärt. Wurst statt Veggie-Day, weg vom Image der Verbotspartei, das den Grünen seit geraumer Zeit anhaftet.

Kretschmann jedenfalls schmeckt es, gleich zwei Portionen gönnt er sich, bedankt sich dann noch persönlich bei der Verkäuferin hinter der Glasscheibe der Holzbude. "Ich kenne ja ihre Wurst, war ja lange Kundin hier", ruft Löhrmann der Frau zu. Bochum ist für sie quasi ein Heimspiel: Hier hat sie studiert, hier kennt sie sich aus. Immer wieder wird sie Kretschmann und Remmel an diesem Tag Sehenswertes zeigen, etwa, wo sich das Schauspielhaus befindet oder die Uni oder die Kneipenmeile.

Dennoch ist ihr anzumerken, dass die schlechten Umfragewerte nicht spurlos an ihr vorbeigehen. Auf sie angesprochen, holt sie mitunter tief Luft, bevor sie etwas sagt. Die Fragen dazu werden sie den ganzen Tag begleiten. Die Stimmung an der Basis, betont sie, sei trotz allem gut. "Wir sind noch nicht am Ziel", sagt sie oder auch: "Abgerechnet wird am Schluss". Durchhalte-Parolen in einem Wahlkampf, der alle Spitzenkandidaten Kraft kostet. Schlaf, so erzählt Löhrmann, bekomme sie derzeit nur wenig. Entspannung, die finde sie beim Spazierengehen. "Mal fünf Minuten im Grünen stehen, das geht eigentlich immer", sagt sie.

"Mir ist klar, dass jede Partei für sich kämpft"

An diesem Tag in Bochum kommt sie allerdings nicht dazu. Der Zeitplan ist eng, die Aufenthalte an den verschiedenen Stationen knapp gehalten. Am Nachmittag verabschiedet sich Löhrmann, während Remmel und Kretschmann nach Lünen weiterfahren.

Die Spitzenkandidatin muss noch in die Wahlarena beim WDR. Dort wird sie auch auf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft treffen und erneut für eine rot-grüne Koalition werben, auch wenn es den Umfragen zufolge dafür nicht reicht. Noch in Bochum wird sie darauf angesprochen, ob sie sich nicht mehr Unterstützung durch die SPD-Politikerin wünsche. "Mir ist klar, dass jede Partei für sich kämpft."

Lesen Sie hier unsere weiteren Wahlkampftour-Berichte:

(das)
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