Streit um Hambacher Forst NRW-Landesregierung warnt vor übereiltem Kohleausstieg

Düsseldorf · Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart hat vor einem übereilten Ausstieg aus der Kohleverstromung gewarnt. Generell sei der Ausstieg aus der Kohle jedoch aus Klimaschutzgründen unvermeidlich.

Bagger im Braunkohletagebau Hambach (Archivfoto).

Bagger im Braunkohletagebau Hambach (Archivfoto).

Foto: dpa/Christophe Gateau

Nach dem vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst wird heftig über einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle in Nordrhein-Westfalen gestritten. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) warnte am Mittwoch im Landtag vor einem übereilten Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die heimische Wirtschaft und Industrie in NRW seien auf eine sichere und bezahlbare Energieversorgung angewiesen, sagte Pinkwart in einer Unterrichtung der schwarz-gelben Landesregierung zu ihren energiepolitischen Zielen. Noch könnten die erneuerbaren Energien nicht die Versorgungssicherheit gewährleisten.

SPD und Grüne kritisierten, dass Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der aufgeheizten Hambach-Debatte nicht selber eine Regierungserklärung abgebe, stattdessen aber in einer Talkshow aufgetreten sei.

Bisher gibt es für die Braunkohle im Rheinischen Revier Abbaugenehmigungen bis 2045. Dieses Ausstiegsdatum sei 2016 in der Leitentscheidung der damaligen rot-grünen Landesregierung festgelegt worden, sagte Pinkwart. „Das ginge schneller“, räumte der Minister ein. Aber nur, wenn die Energiewende neu ausgerichtet und Fragen des Strukturwandels in der Braunkohleregion beantwortet würden.

Wie lange die Kohleverstromung noch als Brücke benötigt werde, darüber berät derzeit die Kohlekommission in Berlin. Sie soll bis Ende des Jahres ein Ausstiegsdatum festlegen. Die NRW-Landesregierung will Pinkwart zufolge die Ergebnisse abwarten.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hatte dem Energiekonzern RWE vergangene Woche vorläufig untersagt, den an den Tagebau grenzenden Hambacher Forst zu roden. Der Rodungsstopp gilt bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln in der Hauptsache. Das könnte bis Ende 2020 dauern. Der Wald bleibt nun weiter öffentlich zugänglich. Das sei eine Konsequenz aus dem Rodungsstopp, sagte ein RWE-Sprecher am Mittwoch. Der Hambacher Forst, der dem Unternehmen gehört, sei damit kein RWE-Betriebsgelände und somit sei eine Einfriedung nicht zulässig. Zuvor hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet.

Die oppositionellen Grünen forderten eine neue Leitentscheidung zur Zukunft des Braunkohle-Tagebaus. 2016 hatte noch Rot-Grün eine Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II, aber auch die unveränderte Fortführung der Tagebaue Inden und Hambach beschlossen. Die Landesregierung müsse jetzt schnell Vorbereitungen für eine neue Leitentscheidung treffen, sagte die Grünen-Abgeordnete Wibke Brems. Schwarz-Gelb verschanze sich hinter den einstigen rot-grünen Beschlüssen, sagte Grünen-Fraktionschefin Monika Düker.

Auch die SPD sei bereit, über eine neue Leitentscheidung zu diskutieren, hatte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty gesagt. Voraussetzung sei aber, dass die Energiesicherheit gewährleistet und Strom bezahlbar bleibe. Die Landesregierung müsse deutlich mehr Impulse setzen. „Nur darauf zu warten, dass die Berliner Kommission irgendwann ein Ausstiegsdatum zustellt, ist zu wenig.“

Nach Angaben von Innenminister Herbert Reul leisteten die Polizei-Hundertschaften bei der mehrwöchigen Räumung des Hambacher Forstes 378 857 Einsatzstunden. Insgesamt seien zwischen dem 13. September und 8. Oktober etwa 31 000 Menschen in Schichten in dem Wald im Einsatz gewesen, sagte Reul im Landtag. Über die Kosten von Polizeieinsätzen mache das Ministerium grundsätzlich keine Angaben.

Die Polizei hatte sich am Montag nach einem ihrer bisher größten Einsätze in NRW aus dem Hambacher Forst zurückgezogen. Die Beamten hatten die Baumhäuser der Umweltaktivisten und Braunkohlegegner geräumt und entfernt.

(mba/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort