Im Alter von 85 Jahren: Filmemacher Michael Verhoeven gestorben
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Kulturausflug Frankfurter Tagestrip

Frankfurt · Ein Besuch der Lee-Krasner-Schau in der Schirn, ein Bummel durch die „neue“ Altstadt und ein vergnüglicher Gang durchs Caricatura-Museum sind ein gutes Programm.

Lee Krasner 1972 in Springs, New York.

Lee Krasner 1972 in Springs, New York.

Foto: Schirn

Dass Frankfurt eine Reise wert ist, darf als Binsenweisheit verbucht werden. Inzwischen aber ist selbst eine Tagesfahrt vom Niederrhein lohnend: Ab Düsseldorf braucht der ICE keine zwei Stunden! Und schon taucht man ein in diese Stadt unglaublicher Gegensätze: Neben der in Deutschland einzigen und vor allem bei Nacht imposanten Skyline gibt sich der Römerberg beschaulich, noch dazu mit Altstadt, die in ihrer mittelalterlichen Gestalt wieder errichtet wurde: mit engen Gassen, beschaulichen Plätzen und dem Krönungsweg, den einst die deutschen Kaiser vom Frankfurter Dom zum Römer gingen – ein bisschen Walt Disney vielleicht, aber unbedingt sehens- und erlebenswert. Gleich nebenan entstand das Stadtmuseum neu, mit einer sehr modernen, exzellenten Präsentation der Frankfurter Geschichte. Auch diese Station sollte man nicht verpassen.

Ein paar Schritte weiter die Schirn. Aktuell präsentiert das Museum  eine große, aber weithin in Europa unbekannte Künstlerin. In einer ersten europäischen Retrospektive  sind rund 100 kraftvolle und energiegeladene Arbeiten von Lee Krasner zu sehen, die sich Zeit ihres Lebens keinem Stil unterworfen hat, die Collagen genauso geschaffen hat wie Mosaiken oder wandfüllende Gemälde, für die sie, die kleine Frau, immer wieder mit dem Pinsel in der Hand hochhüpfen musste.

Dass man den Namen Lee Krasner, die 1908 in Brooklyn als Kind ukrainischer Flüchtlinge geboren wurde, nicht wirklich kennt, ist kein Wunder. Denn sie war immer „die Frau von Pollock“, später „die Witwe von Pollock“. Der Künstler, der das „action painting“ erfunden hatte, brauchte sie an seiner Seite. Er war voller Selbstzweifel, labil, alkoholkrank, war bestimmender in der Kunstszene als seine junge Frau, die ihn auf ihre Art förderte und ihm Raum ließ.

Die beiden hatten sich 1941 in der Kunstszene von New York kennengelernt. Leonore, wie sie als Kind genannt wurde, hatte mit 13 entschieden, Künstlerin zu werden, studierte mit 17 dann Kunst, ließ sich bis bis in die 1940er-Jahre weiter ausbilden. Erste Gruppenarbeiten entstanden, aber sie galt irgendwie nicht als richtige Künstlerin. „Weiblicher Maler“ hat mal jemand über sie gesagt. Das fand sie, die schon früh feministisch gedacht hatte, gar nicht gut, und strich das „weiblich“. 1945 heiratet sie Jackson Pollock, den Meister des „action painting“. Die beiden zogen nach Long Island, richteten sich dort Ateliers ein. Ihres war klein, natürlich, seins groß. Sie hatten nur gut zehn Jahre miteinander: Er starb bei einem Autounfall, mit im Wagen saß seine Geliebte, die den Unfall überlebte. Wegen der Affäre war Lee Krasner nach Europa gereist, um Abstand zu gewinnen. Einen Tag nach dem tödlichen Unfall ihres Mannes war sie wieder in Amerika und sortierte sich neu. Dafür brauchte sie lange, sie malte und malte, hatte Schlafstörungen, sie malte, zerriss ihre Zeichnungen, sortierte sie neu zu Collagen, sie verwaltete seinen Nachlass, und sie litt sehr. Aber ihre unbeirrbare Passion zur Kunst wuchs, sie wurde Vertreterin des abstrakten Expressionismus und immer bekannter in der amerikanischen Kunstszene. 1965 die erste Überblicksausstellung, dann aber 1983 erst die nächste. Sie starb 1984 im Alter von 75 Jahren, ihre Werke blieben.

Und es macht Spaß, sich damit zu beschäftigen. Die Ausstellung in der Schirn ist kurzweilig, toll gehängt, man entdeckt immer wieder eine neue Krasner, die man soeben selbst erst entdeckt hat. Gigantisch große Bilder von 2x4 Metern füllen die Wände und strahlen derart, dass man sich ihnen kaum entziehen kann. „Compat“ heißt eines, das eine Schlacht darstellt, das pink-orangefarbene verschlungene Figuren zeigt und einen nicht mehr loslässt. Oder „Prophecy“, das 1956 entstand, und bei dem offensichtlich Picasso Pate stand. Die Ausstellung in der Schirn zeigt auch Filme und Fotos, Selbstporträts aus den 1920er-Jahren, Aktzeichnungen und Werkgruppen wie die „Little Images“ aus den 1940er-Jahren.

Danach hat man sich eine kleine Pause verdient. Das Museumscafé der Schirn ist nett und ruhig. In der „neuen“ Altstadt gibt es weitere, schöne Einkehrmöglichkeiten: Im Weinhaus von Balthasar Ress gibts prächtige Rieslinge aus dem Rheingau, gut speisen zu annehmbaren Preisen kann im Restaurant „Margarete“ an der Braubachstraße 18; zünftiger und nett ist es im „Metropol“ am Weckmarkt 13.

Und wenn man schon in dieser Ecke gleich hinter dem Dom ist, „muss“ man Frankfurts skurrilstes Museum auch noch besuchen: Also bitte ins „Caricatura“ gehen. Das Museum für komische Kunst am Weckmarkt 17 ist die übermütigste Ausstellungsbude weit und breit. Zur Zeit sind die frechen, skandalösen und unfassbaren Titelseiten des Titanic-Magazins zu sehen. Seit 40 Jahren gibt es die Satirezeitschrift schon, und sie ist nur fürs Caricatura museumsreif. Auf keinen Fall sollte man einen Rundgang durch den Museumsshop verpassen und hunderte von Postkarten aus der Feder der großen Karikaturisten – etwa der sogenannten Neuen Frankfurter Schule. Manche sind länger im Shop als in der Ausstellung.

Natürlich ist das ein sportliches Programm, aber ein durchaus lohnendes: mit Kunst, Comic, Architektur und Rheinwein.

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