Vor entscheidender Vorstandssitzung SPD tendiert zu Doppelspitze und Mitgliederbefragung

Düsseldorf · Die Bundes-SPD will am Montag über ihr weiteres Vorgehen bei der Bestellung der neuen Führung und der Abstimmung über die Groko beraten. Künftig könnten ein Mann und eine Frau an der Spitze der Partei stehen.

 Thomas Kutschaty als SPD-Oppositionsführer im NRW-Landtag.

Thomas Kutschaty als SPD-Oppositionsführer im NRW-Landtag.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Kurz vor der entscheidenden Vorstandssitzung der Bundes-SPD über die Bestellung des Parteivorsitzes deutet vieles darauf hin, dass es künftig eine Doppelspitze als Parteiführung geben könnte. Wie aus SPD-Kreisen verlautete, wird darüber nachgedacht, dass die Kandidaten als Team – jeweils ein Mann und eine Frau – antreten. Ein solches Verfahren könne eher garantieren, dass eine Doppelspitze auch tatsächlich harmoniere. Offiziell äußern wollte sich zu diesen Informationen am Freitag niemand.

Nach dem Rücktritt von SPD-Parteichefin Andrea Nahles waren die Mitglieder aufgefordert, Vorschläge für das weitere Vorgehen zu machen. Dabei geht es am Montag neben der Frage, ob es künftig eine Doppelspitze geben soll, auch darum, ob die neue Führung in einer Urwahl bestimmt wird und ob die Mitglieder ebenfalls über eine Fortsetzung der großen Koalition abstimmen sollen.

Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz sprach sich im „Spiegel“ dafür aus, die SPD-Mitglieder an der Entscheidung über die Zukunft der großen Koalition zu beteiligen. „Wir haben vereinbart, zum Ende dieses Jahres Bilanz zu ziehen. Ich nehme diese Bilanz sehr ernst“, sagte Scholz. „Und da es unsere Mitglieder waren, die über den Eintritt in diese Koalition entschieden haben, kann man die Frage nicht nur auf einer Vorstandssitzung entscheiden“, so der Finanzminister. „Wir sollten die Mitglieder an der Debatte beteiligen, und zwar über das reine Abfragen von Einzelmeinungen hinaus.“

Sollte sich der Vorstand am Montag wie erwartet für eine Doppelspitze und eine Mitgliederbefragung entscheiden, widerspräche dies zum Teil einem Beschluss des größten SPD-Landesverbandes in NRW. Thomas Kutschaty, Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, der an einer Kandidatur für den Bundesvorsitz Interesse signalisiert, ist ein Befürworter der Doppelspitze.

Auch drei Tage nach Kutschatys überraschendem Vorstoß herrschte dem Vernehmen nach darüber auch in Teilen der NRW-Fraktion noch Unverständnis. Nur wenige Stunden zuvor habe die Fraktion im Beisein eines der kommissarischen SPD-Vorsitzenden, Thorsten Schäfer-Gümbel, getagt. Eine etwaige Kandidatur Kutschatys sei da kein Thema gewesen. Dass er so eigenmächtig gehandelt habe, befremde selbst seine Unterstützer in der Fraktion, weil er ja für mehr Transparenz und weniger Kungelei in Hinterzimmern angetreten sei. Einige hätten sich gefragt, warum es überhaupt eine Fraktionssitzung gebe, wenn solch wichtige Dinge dort nicht angesprochen würden. „Wir hatten ja versprochen, unseren Stil zu ändern“, sagte ein hochrangiges Parteimitglied. Kutschaty selbst äußerte sich dazu am Freitag nicht.

SPD-Landeschef Sebastian Hartmann war ebenfalls für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch mit ihm hatte Kutschaty seine mögliche Kandidatur offenbar nicht abgestimmt. Unabhängig davon, wie ernst es dem Ex-NRW-Justizminister wirklich sei, werfe der ganze Vorgang kein gutes Licht auf den Zustand der NRW-SPD, hieß es.

(kib)
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