Rennen um May-Nachfolge Boris Johnson und Jeremy Hunt starten in den Zweikampf

London · Beide Politiker wollen neuer Tory-Chef und damit britischer Premierminister werden. Bis Ende Juli sollen sich beide auf etwa 15 Regionalkonferenzen vorstellen. Johnson gilt als Favorit, Hunt hofft auf eine „Überraschung“.

 Der britische Außenminister Jeremy Hunt und Boris Johnson, Politiker der „Conservative Party“.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt und Boris Johnson, Politiker der „Conservative Party“.

Foto: AFP/PAUL ELLIS

Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May starten Boris Johnson und Jeremy Hunt in einen mehrwöchigen Zweikampf um die Gunst ihrer Parteimitglieder.

Wer neuer Tory-Chef und damit Premierminister wird, soll in einer Urwahl bis Ende Juli entschieden werden.

Die Finalisten sollen sich in etwa 15 Regionalkonferenzen der Parteibasis vorstellen. Die erste Veranstaltung ist an diesem Samstag in Birmingham geplant. Der umstrittene Politiker Johnson gilt als haushoher Favorit.

Für Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon ist die
wahrscheinliche Wahl Johnsons zum Premierminister eine „Horrorvorstellung“. Er sei in den Augen der meisten Schotten „vollkommen ungeeignet“ für das Amt, sagte Sturgeon dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

Schon als Außenminister habe er seine Inkompetenz zur Schau gestellt. „Er hat Schwule beleidigt. Er hat muslimische Frauen lächerlich gemacht. Die meisten dürften Schwierigkeiten haben, sich vorzustellen, wie so jemand als Premierminister Menschen miteinander versöhnen will.“

Eine Wahl Johnsons werde die schottische Unabhängigkeitsbewegung stärken, so Sturgeon. Sie sei sich „sicher“, dass es noch vor Ablauf der aktuellen schottischen Legislaturperiode eine zweite Volksabstimmung über die Unabhängigkeit geben werde.

Die Chefin der Schottischen Nationalpartei ließ dem „Spiegel“ zufolge offen, ob sie nach dem Vorbild Kataloniens gegen den Willen der britischen Zentralregierung ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten würde.

Bei den etwa 160.000 Mitgliedern der Konservativen Partei, die nun über die Finalisten entscheiden sollen, ist Johnson hingegen überaus beliebt. Ihm wird zugetraut, Brexit-Wähler zurückzugewinnen, die sich wegen des verschobenen EU-Austritts von den Tories abgewendet haben.

Johnson bekam in der letzten Abstimmungsrunde am Donnerstag 160 Stimmen. Damit konnte er mehr als die Hälfte der Fraktionskollegen hinter sich bringen.

Sein Konkurrent Hunt kam auf nur 77 Stimmen. „Ich bin der Außenseiter“, twitterte Hunt. Aber in der Politik würden eben Überraschungen passieren, sagte er. Am 9. Juli wollen die beiden Finalisten im Fernsehsender ITV debattieren.

Johnson hatte bereits angekündigt, das Brexit-Abkommen nachverhandeln zu wollen. Brüssel lehnt das strikt ab. Das bekräftigte EU-Ratschef Donald Tusk beim EU-Gipfel am Freitag.

May war es nicht gelungen, ihre Partei und das Parlament im Brexit-Kurs zu einigen. Das Datum für den EU-Austritt musste bereits zwei Mal verschoben werden. Die Frist für die Loslösung von der Staatengemeinschaft wurde inzwischen bis zum 31. Oktober verlängert.

Zu einem Zwischenfall war es am Donnerstagabend unterdessen während einer Rede von Finanzminister Philip Hammond im Londoner Bankenviertel gekommen, der eindringlich vor einem Brexit ohne Abkommen warnte. Greenpeace-Aktivisten stürmten die Veranstaltung, um für mehr Klimaschutz zu protestieren.

Der Tory-Politiker Mark Field, Staatssekretär im Außenministerium, schubste eine Demonstrantin an eine Säule, packte sie am Nacken und führte sie aus dem Saal heraus. Während der Ermittlungen sei Field von seinem Posten suspendiert, teilte eine Regierungssprecherin am Freitag mit.

(jms/dpa)
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