Der Kanzlerkandidat der SPD Peer Steinbrücks Kosmos

Berlin · Seine Freunde, seine Feinde, seine Vertrauten. Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat in den Jahren als Minister viele Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und anderen Parteien kennen und schätzen gelernt. In der SPD halten ihm vor allem die konservativen "Seeheimer" die Stange.

Zu den politischen Weggefährten, mit denen sich Peer Steinbrück gut versteht, gehören einer, der aus der SPD ausgetreten ist, einer, der nie mit der SPD warm wurde, und zwei frühere CDU-Politiker. Wolfgang Clement, Ex-NRW-Ministerpräsident und Ex-Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, trat 2008 nach einem heftigen Streit über die seiner Ansicht nach fehlende Abgrenzung der SPD zur Linkspartei aus der Partei aus. Heute wirbt Clement offen für die FDP.

Mit Peer Steinbrück ist Clement gut befreundet. Beide sind Nachbarn im Bonner Stadtteil Plittersdorf, die Frauen kennen sich gut. Auch Otto Schily, kratzbürstiger Ex-Innenminister und in der SPD meist geduldet, selten geliebt, gehört zu Steinbrücks Weggefährten. Gelegentlich spielen beide Schach gegeneinander. Zu dem CDU-Finanzexperten Friedrich Merz pflegt Steinbrück einen guten Draht, dessen wirtschaftlichen Sachverstand schätzt der Ökonom Steinbrück.

Auch auf Roland Koch, Chef des Baukonzerns Bilfinger und früher als CDU-Regierungschef in Hessen Feindbild der SPD, lässt Steinbrück wenig kommen. Mit Koch verabredete er als Finanzminister 2003 einen für beide Parteien schmerzhaften Katalog zum Subventionsabbau. Steinbrück und Koch arbeiteten verlässlich und verschwiegen zusammen. Der Respekt blieb bis heute.

Das Parteibuch spielte in Steinbrücks Bekanntenkreis nie eine Rolle. Der 65-Jährige mag die ritualisierten Parteikämpfe, das Bewegen im gleichen Milieu nicht. Es unterfordere ihn intellektuell, "sich nur mit Genossen auszutauschen", hat ein Steinbrück-Vertrauter mal gesagt. In der Politik versteht sich der SPD-Mann auch deshalb besonders gut mit denen, die wie er pragmatisch und unideologisch arbeiten, die eher Sach- als Parteipolitiker sind. Steinbrücks früherer Staatssekretär Axel Nawrath gehört dazu — ein kluger, ironiefreudiger Mann, der heute im Vorstand der Staatsbank KfW arbeitet. Auch mit den anderen Ex-Staatssekretären im Finanzministerium, Jörg Asmussen (heute EZB) und Barbara Hendricks (heute SPD-Schatzmeisterin) sowie dem noch amtierenden Werner Gatzer versteht sich Steinbrück gut.

In der SPD kann sich der Kanzlerkandidat vor allem auf das konservative Lager verlassen. In der Industrie- und Energiepolitik ist NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin ein wichtiger Ansprechpartner, in der Bundestagsfraktion der Haushaltsexperte und Sprecher des pragmatischen "Seeheimer Kreises", Carsten Schneider.

Die 44 "Seeheimer"-Abgeordneten in der Fraktion sind der größte Steinbrück-Fanclub in der SPD. Steinbrücks Verhältnis zu Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist auch während der Troika-Phase eng, freundschaftlich und vertraut geblieben. Beide hätten das "gleiche politische Koordinatensystem", sagte Steinbrück einmal. Mit den Parteilinken fremdelt Steinbrück indes immer noch. Mit dem schleswig-holsteinischen SPD-Chef Ralf Stegner, kann Steinbrück gar nicht. Als Steinbrücks früherer Sprecher Torsten Albig in Kiel Spitzenkandidat für die Landtagswahl wurde und Stegner nach einer gewonnenen Kampfkandidatur das Amt des Landeschefs überließ, soll Steinbrück Albig wutschnaubend angerufen haben.

Die wenigen Mitarbeiter, die den Abgeordneten Steinbrück immer begleiteten, sind Büroleiterin Sonja Stötzel, sein früherer Planungschef Heiko Geue und der Politologe Sebastian Petzold. Außerdem berät ihn der Hamburger Medienmanager Hans-Roland Fäßler. Viel ist das nicht. Wenn es darauf ankommt, kann sich Steinbrück aber immer den Rat des SPD-Weisen abholen. Bei Altkanzler Helmut Schmidt ist "Peer" immer gerne gesehen.

Internet Das ist Peer Steinbrück unter rp-online.de/politik

(brö)
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