Istanbul Opposition wirft Erdogan Mitschuld an Geiselnahme vor

Istanbul · Die türkische Regierung gerät wegen der Geiselnahme in der irakischen Stadt Mossul und den Erfolgen der Extremistentruppe Isis immer stärker unter Druck. Der Hauptvorwurf lautet, Ankara habe Isis in Syrien unterstützt und so "ein Monster geschaffen", wie es der Oppositionspolitiker Nazmir Gür ausdrückte. Die Nationalistenpartei MHP nannte Isis sogar das "uneheliche Kind" der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Dieser hoffte gestern auf eine rasche Freilassung der mehr als 40 Geiseln, die im türkischen Konsulat im irakischen Mossul in die Hand der Isis-Extremisten geraten waren.

Doch selbst im Fall eines glimpflichen Endes des Geiseldramas dürfte die Angelegenheit für die türkische Regierung noch nicht vorbei sein. Oppositionspolitiker in Ankara forderten, die Regierung solle im Parlament Rechenschaft ablegen. Fatih Altayli, Chefredakteur der eigentlich regierungsfreundlichen Zeitung "Habertürk", warf Erdogan vor, Isis im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Baschar al Assad und im Vorgehen gegen das Autonomiestreben der syrischen Kurden unterstützt zu haben. Damit habe Ankara eine "Heimsuchung" für die Türkei erschaffen. Das Land müsse sich nun auf einen "Terror-Import" einstellen.

Die türkische Nahost-Politik steht möglicherweise vor einer grundsätzlichen Wende. Staatspräsident Abdullah Gül plädierte für eine stärkere regionale Zusammenarbeit. Einige Beobachter forderten eine neue Hinwendung zu Europa. Ankara solle die Bande zu den westlichen Partnern stärken, statt beleidigt auf berechtigte Kritik des Westens an Demokratiedefiziten zu reagieren, schrieb die englischsprachige "Hürriyet Daily News".

(sei)
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