Vorstand und Aufsichtsrat EU plant bis 2026 Frauenquote für börsennotierte Unternehmen

Brüssel · Die EU gibt Mitgliedsstaaten vier Jahre Zeit, eine Geschlechterquote in Aufsichtsräten und Vorständen umzusetzen. Davon profitieren auch Männer in überwiegend weiblich besetzten Führungsgremien.

 Mehrere Vorstandsmitglieder bei einer Hauptversammlung (Symbolbild).

Mehrere Vorstandsmitglieder bei einer Hauptversammlung (Symbolbild).

Foto: dpa/Oliver Berg

Börsennotierte Unternehmen in der Europäischen Union sollen in spätestens vier Jahren Frauenquoten in ihren Führungsgremien umsetzen. Darauf hätten sich EU-Unterhändler am späten Dienstag geeinigt, erklärten EU-Parlamentarier.

Konkret sollen die Staaten bis 2026 zwischen zwei Modellen wählen können. Entweder sollen mindestens 40 Prozent der Mitglieder von nicht geschäftsführenden Aufsichtsratsmitgliedern Frauen sein, wie die Vize-Präsidentin des EU-Parlaments Evelyn Regner am Dienstagabend mitteilte. Die andere Möglichkeit sehe vor, einen durchschnittlichen Frauen-Anteil von 33 Prozent für Aufsichtsräte und Vorstände zu erreichen. Wer sich nicht an die Regeln halte, müsse zahlen.

Das Vorhaben ist geschlechtsneutral. Sprich: Wenn in einem entsprechenden Gremium mehr Frauen als Männer säßen, profitierten auch Männer von der Regelung. Formell müssen EU-Staaten und Europaparlament der Einigung noch zustimmen.

„Wir haben es endlich geschafft, das Dornröschen wach zu küssen“, sagte die Verhandlungsführerin des Europäischen Parlaments, die Niederländerin Lara Wolters, zu Reuters.

 Anteil von Frauen auf der Führungsebene verschiedener Unternehmensarten in Deutschland 2021.

Anteil von Frauen auf der Führungsebene verschiedener Unternehmensarten in Deutschland 2021.

Foto: dpa-infografik GmbH

Maßgeblich für die nun gefundene Einigung war auch der Regierungswechsel in Deutschland. Unter Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stand Deutschland einer Einigung noch im Weg. Bereits vor rund zehn Jahren hatte die EU-Kommission versucht, verbindliche Regeln einzuführen. Unter der damaligen EU-Justizkommissarin Viviane Reding gab einen entsprechenden Vorstoß, der jedoch auch von der Bundesregierung unter Merkel abgelehnt wurde. Damals waren in Deutschland nur 15,6 Prozent der Aufsichtsräte weiblich. Zuletzt hatten Deutschland und Frankreich die lange auf Eis liegenden Pläne wieder vorangetrieben.

Frankreich, Deutschland und Italien hatten seit 2010 eigene Vorgaben zur Frauenquote auf nationaler Ebene eingeführt. Seither steigt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der EU.

n Deutschland gibt es seit 2015 eine Frauenquote für Aufsichtsräte - 30 Prozent für besonders große Unternehmen. Zudem einigte sich die frühere große Koalition aus Union und SPD vergangenes Jahr auf eine Quote für Vorstände. Es gibt jedoch Kritik daran, dass Unternehmen diese Quote durch eine Umwandlung in eine Europäische Aktiengesellschaft umgehen können.

In Frankreich gilt bereits eine Mindestquote von 40 Prozent Frauen unter denjenigen Mitgliedern der Verwaltungsräte, die keine operativen Aufgaben haben. In Frankreich und Italien, aber auch in angelsächsischen Ländern gehören dem Verwaltungsrat anders als dem deutschen Aufsichtsrat auch operative Führungskräfte an.

Frankreich erfüllt als einziges der 27 EU-Länder mit einer Quote von 45 Prozent bereits die neuen Vorgaben aus Brüssel, Estland kommt dagegen nur auf eine Frauenquote von neun Prozent. EU-weit sind laut dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen weniger als ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder in den größten börsennotierten Unternehmen der EU Frauen.

(peng/Reuters/dpa)
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