Reporter ohne Grenzen Journalisten sehen ihre Arbeit durch Geheimdienste in Gefahr

Berlin · Reporter ohne Grenzen zufolge sieht ein Referentenentwurf des Innenministeriums vor, deutschen Geheimdienste das digitale Ausspähen von Journalisten zu ermöglichen. Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück.

 Ein Netzwerkkabelstecker leuchtet in einer Netzwerkzentrale rot.

Ein Netzwerkkabelstecker leuchtet in einer Netzwerkzentrale rot.

Foto: dpa/Felix Kästle

Das Bundesinnenministerium hat den Vorwurf zurückgewiesen, es wolle deutschen Geheimdiensten das digitale Ausspähen von Journalisten ermöglichen. "Ich kann diese Behauptung, dass das Intention dieser Rechtsgrundlage sein soll, nicht erkennen", sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch in Berlin.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte zuvor erklärt, einem Referentenentwurf des Ministeriums zufolge sollten deutsche Geheimdienste künftig Server, Computer und Smartphones von Verlagen, Rundfunksendern und freiberuflichen Journalisten hacken und dabei verschlüsselte Kommunikation abfangen dürfen. "Damit würde eine der Säulen der Pressefreiheit in Deutschland, das Redaktionsgeheimnis, fallen: Während es verboten bliebe, mit einer Redaktionsdurchsuchung die Identität journalistischer Quellen zu erlangen, könnte dies mit einer Online-Durchsuchung digital umgangen werden", kritisierte Reporter ohne Grenzen.

Da Journalisten teilweise auch in kriminellen Milieus recherchieren müssten, könnten ihre Daten bei der Überwachung verschlüsselter Kommunikation und bei der verdeckten Online-Durchsuchung vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zudem leicht als „Beifang“ abgeschöpft werden. Bedenklich findet Reporter ohne Grenzen außerdem, dass der Referentenentwurf aus dem Innenministerium bei der „Erhebung von Daten aus informationstechnischen Systemen von Ausländern“ durch den Bundesnachrichtendienst (BND) die Berufsgruppe der Journalisten nicht ausdrücklich ausnimmt.

Allerdings liegt der Entwurf aktuell ohnehin auf Eis. Es wird erwartet, dass Seehofer in der Sache einen neuen Anlauf nehmen wird, sobald die Nachfolge von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) geklärt ist. Denn ihr Ministerium hatte den Entwurf im März mit dem Hinweis gestoppt, die darin vorgesehenen Befugnisse gingen über die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehene „maßvolle“ Kompetenzerweiterung von Verfassungsschutz und BND hinaus.

Ein Sprecher des Justizministeriums betonte, die geplante Reform müsse auch eine entsprechende Stärkung der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste beinhalten.

(lhen/dpa/Reuters)
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