Details des dritten Entlastungspaketes 300 Euro für Rentner, 200 für Studierende, mehr Kindergeld

Update | Berlin · Am frühen Sonntagmorgen ist man sich einig geworden: Die Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Scholz hat sich auf ein drittes Entlastungspaket verständigt. Es soll ein Volumen von 65 Milliarden Euro haben und vor allem Menschen mit schmalem Geldbeutel, Rentner sowie Studierende entlasten.

 Olaf Scholz kommt neben Omid Nouripour, Saskia Esken und Christian Lindner zur Pressekonferenz nach den Beratungen zum Entlastungspaket.

Olaf Scholz kommt neben Omid Nouripour, Saskia Esken und Christian Lindner zur Pressekonferenz nach den Beratungen zum Entlastungspaket.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich auf ein drittes Entlastungspaket mit einem Gesamtvolumen von 65 Milliarden Euro geeinigt. Die anvisierten Maßnahmen „entlasten alle Haushalte - auch Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Fachschülerinnen und Fachschüler sowie Auszubildende“, heißt es in dem Beschlusspapier, das der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag vorlag.

Geplant ist unter anderem eine Einmal-Zahlung an Rentnerinnen und Rentner in Höhe von 300 Euro und an Studierende in Höhe von 200 Euro. Wohngeldberechtigte erhalten einen zusätzlichen Heizkostenzuschuss von 415 Euro.

Mit der geplanten Einführung des Bürgergelds Anfang kommenden Jahres wollen SPD, Grüne und FDP zudem die Regelsätze für Bedürftige auf rund 500 Euro erhöhen. Heute erhalten Alleinstehende in der Grundsicherung 449 Euro pro Monat.

Die Ampelkoalition will zudem Familien spürbar entlasten. So soll das Kindergeld deutlich steigen, ss soll zum Jahresbeginn um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind steigen. Zudem wird die 2023 wegfallende Besteuerung von Rentenbeiträgen eine Entlastung von fünf Milliarden Euro für die Bürger bringen.

Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig ein vergünstigter Preis gelten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt.

Die bisher zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben. „Damit verschieben sich auch die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 entsprechend um ein Jahr.“

„Die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen werden bis zum 31. Dezember 2022 verlängert, der momentanen Laufzeit des beihilferechtlichen Rahmens der Europäischen Kommission“. Zusatzzahlungen von Arbeitgebern an ihre Beschäftigten wegen der hohen Preise in Deutschland sollen bis zu einer Höhe von 3000 Euro steuer- und abgabefrei sein. FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Wir machen eine steuerfreie Einmalzahlung, also eine Inflationsprämie möglich.“

Nach Angaben von Kanzler Olaf Scholz habe man sich „fest vorgenommen“, sogenannte Übergewinne etwa bei Energiekonzernen zu besteuern. Man werde diese nun „Zufallsgewinne“ genannten Profite entweder auf europäischer Ebene oder aber auf nationaler Ebene abschöpfen.

Der Bund will sich dem Beschlusspapier zufolge zudem mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr an einem Nachfolger-Modell für das populäre Neun-Euro-Ticket beteiligen. Voraussetzung sei, dass „die Länder mindestens den gleichen Betrag zur Verfügung stellen“, heißt es in dem Papier. Ziel sei ein „preislich attraktives Ticket“ im Rahmen von 49 bis 69 Euro monatlich für ein bundesweites Nahverkehrsticket.

Zusammen mit den zwei bereits beschlossenen Entlastungspaketen summiert sich die Entlastungssumme auf 95 Milliarden Euro. Die Maßnahmen „führen zu deutlichen Mehrausgaben im Bundeshaushalt“, heißt es in dem Papier. Dies erfordere „erhebliche Anstrengungen aller drei Koalitionspartner und aller Ressorts“.

Von einer Aussetzung der Schuldenbremse ist in der Vorlage allerdings nicht die Rede. Dort heißt es lediglich, dass die Bundesregierung einen Haushaltsentwurf vorgelegt habe, der „für die Jahre ab 2023 ohne die Nutzung der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse auskommen“ solle.

Ziel der neuen Entlastungen sei es, „die erwarteten hohen Preissteigerungen für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen im Bereich des Energieverbrauchs“ abzufedern, heißt es in dem Beschlusspapier. „Das stützt auch die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, weil Bürgerinnen und Bürger weiter konsumieren und Unternehmen weiter investieren.“

Die Verhandlungen hatten verspätet begonnen und waren im Laufe des Samstagnachmittags und -abends als „sehr intensiv“ und „schwierig“ beschrieben worden. Die Koalitionsspitzen waren am Samstag bereits um 9 Uhr ins Kanzleramt gekommen, anschließend berieten die Parteien drei Stunden lang zunächst getrennt voneinander. Die eigentlichen Ampel-Verhandlungen begannen gegen 12 Uhr – und dauerten bis 6 Uhr am Sonntagmorgen an.

Es ist bereits das dritte Entlastungspaket in diesem Jahr. Zu den beiden bisherigen Entlastungspaketen gehörten unter anderem der Ende August ausgelaufene Tankrabatt, das Neun-Euro-Ticket und eine Energiepreispauschale von 300 Euro brutto für alle Erwerbstätigen, die im September ausgezahlt wird.

Trotz der Entlastungspakete sind die Wähler nicht zufrieden. Die Ampel-Koalition verliert weiter in ihrer Gunst. Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut INSA wöchentlich für die „Bild am Sonntag“ erhebt, kommt die SPD auf 19 Prozent, das ist ein Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche. Die Grünen verlieren ebenfalls einen Punkt, liegen jetzt bei 20 Prozent. Da die FDP unverändert acht Prozent erreicht, kommen die Ampel-Parteien zusammen nur noch auf 47 Prozent. Das ergäbe nur eine hauchdünne parlamentarische Mehrheit. Mit Abstand stärkste Kraft bleiben die Unionsparteien mit unverändert 28 Prozent. Die AfD kann um einen Punkt auf 13 Prozent zulegen. Die Linke verharrt bei 5 Prozent. Die sonstigen Parteien könnten 7 Prozent (+1) der Stimmen auf sich vereinen.

(felt/Reuters/AFP)
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