Arbeitsmarkt Arbeitsminister Heil will das Kurzarbeitergeld verlängern

Berlin · Der Bundesarbeitsminister will das Übergangsgeld in der angeschlagenen Industrie für bis zu 24 Monate gewähren statt für zwölf. Die Gründung von Betriebsräten will er erleichtern.

 Die Zahl der Betriebe in NRW, die Kurzarbeit ansetzen, nimmt derzeit spürbar zu.

Die Zahl der Betriebe in NRW, die Kurzarbeit ansetzen, nimmt derzeit spürbar zu.

Foto: schnettler

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat den Koalitionspartner von der Union angesichts wachsender wirtschaftlicher Probleme in vielen Industriebranchen aufgefordert, der Ausweitung der Kurzarbeitergelds rasch zuzustimmen. „Bisher können wir die Bezugszeit für das Kurzarbeitergeld von zwölf auf 24 Monate nur verlängern, wenn eine Gesamtstörung des Arbeitsmarkts vorliegt“, sagte Heil unserer Redaktion. „Wir haben aber keine solche Gesamtstörung, sondern nur in Teilen der Industrie Eintrübungen. Ich möchte in der Koalition überzeugen, dass wir das Kurzarbeitergeld auch schon bei solchen Teilstörungen auf 24 Monate verlängern können“, sagte Heil.

Während die deutsche Wirtschaft insgesamt nicht in der Rezession steckt, gilt dies nicht für wichtige exportorientierte Industriezweige wie den Maschinenbau, die Automobilindustrie und weitere Bereiche der Metall- und Elektroindustrie. Sie leiden unter der schwächeren Weltkonjunktur, Handelskonflikten und Brexit. Allerdings sind die Probleme im Automobilsektor nach dem Dieselskandal teils auch hausgemacht. Viele Betriebe haben wegen des Nachfragerückgangs bereits Kurzarbeit angesetzt. Bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) können sie für ihre Mitarbeiter das beitragsfinanzierte Kurzarbeitergeld beantragen. Es gleicht einen großen Teil der  in der Kurzarbeit reduzierten Lohn der betroffenen Mitarbeiter aus. Ziel des Kurzarbeitergeldes ist, die Facharbeiter im Betrieb zu halten, solange die Auftragsflaute anhält, statt sie zu entlassen.

Derzeit wird Kurzarbeitergeld nur für maximal zwölf Monate gewährt. In der Finanzkrise 2009 hatte die Regierung die Bezugsdauer auf bis zu 24 Monate verlängert. Die von der Rezession betroffenen Branchen, etwa der Auto- und Maschinenbau, fordern Heil auf, die Regeln von damals wieder in Kraft zu setzen. Der Minister kann die Bezugszeit für das Kurzarbeitergeld zwar grundsätzlich per Ministerverordnung ohne Beteiligung des Bundestags verlängern, doch fehlt ihm dafür derzeit die gesetzliche Absicherung: die Verlängerung auf 24 Monate wäre nur in einer gesamtwirtschaftlichen Krise wie 2009 möglich, nicht in einer rein industriellen Krise. „Wir haben vor allem in Baden-Württemberg und im Saarland Ankündigungen von Entlassungen und Kurzarbeit, die man ernst nehmen muss“, sagte Heil. Im Januar werde es dazu weitere Gespräche auf einem Autogipfel mit Vertretern der Branche geben.

Der SPD-Politiker will zudem durchsetzen, dass Kurzarbeiter diese Zeit  künftig stärker für Qualifizierungen und Weiterbildungen nutzen. Dafür hat er bereits Gesetzespläne vorgelegt. „Unser Arbeit-von-morgen Gesetz soll Betroffenen ermöglichen, Zeiten von Kurzarbeit sinnvoll zu nutzen, um sich weiterzubilden“, sagte Heil.

  Die Union will Heils Pläne jedoch nicht einfach durchwinken. Strukturelle Probleme wie in der Autoindustrie könnten durch ein verlängertes Kurzarbeitergeld nicht behoben werden, argumentiert die Union. Heils „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ kommt daher bisher nicht voran.

Der Arbeitsminister kündigte zugleich Pläne für eine vereinfachte Wahl von Betriebsräten in kleineren Unternehmen an. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtert wird“, sagte Heil. Das vereinfachte Wahlverfahren solle künftig für Betriebe mit bis zu 100 Mitarbeitern eingeführt werden. Bisher gilt hier eine Grenze von 50 Mitarbeitern.

Leitartikel, Politik

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