Mehrere Tote Erbitterte Gefechte in Ostukraine kurz vor Beginn der Waffenruhe

Kiew · Wenige Stunden vor Beginn der Waffenruhe haben sich die Kämpfe in der Ostukraine nochmals verschärft. Der Verkehrsknotenpunkt Debalzewe stehe unter Dauerbeschuss der prorussischen Rebellen, teilte die Kiew-treue Polizei in der belagerten Stadt am Samstag mit.

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Krieg in der Ostukraine - Bilder von Soldaten und Zerstörung

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Foto: afp, MR/RT

Auch rund um Mariupol und Donezk lieferten sich Armee und Rebellen erbitterte Gefechte. Nach Angaben der Konfliktparteien wurden in der Ostukraine binnen 24 Stunden zehn Menschen getötet.

"Die Rebellen zerstören Debalzewe", schrieb Polizeichef Wjatscheslaw Abroskin im Online-Netzwerk Facebook. Wohngebiete und Verwaltungsgebäude stünden unter Dauerbeschuss der feindlichen Artillerie. Auch das Polizeirevier sei von einer Rakete getroffen worden. Die ukrainische Armee liefert sich seit Tagen Gefechte mit den Separatisten um Debalzewe. Nach Angaben des Militärs hatten die Rebellen in der Nacht zum Samstag eine neue Offensive auf die Stadt gestartet.

"Die Stadt steht im Flammen", berichtete die Leiterin der örtlichen Gesundheitsbehörde, Natalia Karabuta. "Es gibt keine Medikamente mehr, kein Wasser und auch keinen Strom". Einwohner suchten im Keller des Krankenhauses Schutz vor den Granaten.

Am Sonntag 00.00 Uhr tritt die Waffenruhe in Kraft

Auch aus anderen strategisch wichtigen Städten in der Ostukraine wurden heftige Kämpfe gemeldet. In der von regierungstreuen Einheiten kontrollierten Küstenstadt Mariupol wurde ein Zivilist getötet, wie die Militärführung in Kiew mitteilte. Nach Angaben des ukrainischen Freiwilligenregiments Asow griffen prorussische Kämpfer ihre Stellungen nahe Mariupol mit Panzern und Artilleriegeschützen an. Es habe viele Verletze gegeben, der Ort Schirokine sei weitgehend zerstört. Die Rebellen in Donezk erklärten am Samstag, beim Beschuss der Stadt seien mindestens zwei Zivilisten getötet worden.

Am Freitag hatten beide Seiten mitgeteilt, den Kämpfen in der Ostukraine seien insgesamt 28 Soldaten und Zivilisten zum Opfer gefallen. Die anhaltenden Kampfhandlungen gefährden ein Friedensabkommen, das die Kiewer Regierung und die prorussischen Rebellen am Donnerstag nach einem Verhandlungsmarathon in Minsk unterzeichnet hatten. Sie verständigten sich auf ein "Maßnahmenpaket" zur Umsetzung der Minsker Verträge von Anfang September. Kernpunkt der Vereinbarung ist eine Waffenruhe, die am Sonntag 00.00 Uhr (Samstag 23.00 Uhr MEZ) in Kraft tritt. Zudem wurden der Abzug schwerer Waffen und die Einrichtung einer Pufferzone vereinbart.

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warnte am Samstag vor einem Scheitern des Abkommens. "Ich habe keinen Zweifel, dass Russland alles tun wird, um den Friedensprozess anfällig zu machen und auf diesem Wege die Ukraine zu schwächen", sagte Jazenjuk der "Bild"-Zeitung. Ziel der ukrainischen Regierung sei es, die Kontrolle über die Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk "Schritt für Schritt wiederherzustellen". Russlands Präsident Wladimir Putin träume hingegen "von der Wiederherstellung der hegemonialen Kontrolle über die Ukraine", sagte Jazenjuk.

Erneute Vorwürfe der USA in Richtung Moskau

Zuvor hatten die USA Moskau vorgeworfen, weiter schwere Waffen über die russisch-ukrainische Grenze in die Rebellengebiete zu verlegen. Dies sei "eindeutig nicht im Sinn" der Vereinbarung von Minsk, sagte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki am Freitag. Die Vereinigten Staaten seien "sehr besorgt" über die anhaltenden Kämpfe. Auch die sieben führenden Industrienationen (G-7) äußerten sich besorgt. Die Lage gebe weiter Anlass zur Sorge.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will sich am Samstag erneut mit seinen wichtigsten Verbündeten beraten. Er wolle zunächst mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef François Hollande telefonieren, anschließend sei ein Gespräch mit US-Präsident Barack Obama geplant, kündigte Poroschenko an.

Der UN-Sicherheitsrat befasst sich nach Diplomatenangaben am Sonntag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem Friedensplan für die Ostukraine. Die 15 Mitglieder des Gremiums wollen den Angaben zufolge über einen russischen Resolutionsentwurf beraten, in dem alle Konfliktparteien aufgefordert werden, den in Minsk vereinbarten Friedensplan umzusetzen.

(AFP)
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