Staatsanwaltschaft weitet Ermittlungen aus Auch Fahrdienstleiterin muss sich jetzt verantworten

Köln/Berlin (dpa/lnw). Eineinhalb Wochen nach der Zug-Katastrophe von Brühl ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln jetzt auch gegen eine Fahrdienstleiterin der Deutschen Bahn. Grund seien Presseberichte, wonach dem Lokführer des Unglückszuges falsche oder unzureichende Anweisungen gegeben worden seien, sagte Staatsanwalt Jürgen Krautkremer am Donnerstag in Köln. Es werde wegen möglichen schuldhaften Mitverursachens des Unglücks ermittelt. Konkret könne er jedoch der Fahrdienstleiterin nichts vorwerfen, sagte Krautkremer weiter.

Zu den unterschiedlichen Darstellungen über behelfsmäßige transportable Hinweistafeln entlang der Bahnstrecke wegen Bauarbeiten sagte ein Sprecher des Bonner Eisenbahnbundesamtes dem Hessischen Rundfunk (hrSkyline) am Donnerstag, die Tafel habe eine Geschwindigkeit von 90 Stundenkilometern angezeigt. Außerdem habe das Verzeichnis für Langsamfahrstellen sogar für diesen Abschnitt Tempo 120 genehmigt. Der Sprecher betonte aber in der Sendung, das vorhergehende Hauptsignal habe eindeutig nur Tempo 40 zugelassen. Dieses Lichtsignal sei für den Lokführer maßgeblich gewesen und die anderen Informationen nur zweitrangig. Allerdings könnte der Lokführer durch widersprüchliche Angaben irritiert worden sein.

Unterdessen haben Verkehrsexperten der SPD-Bundestagsfraktion die Deutsche Bahn aufgefordert, "umgehend und umfassend aufzuklären". Wenn sich Mängel offenbarten, müssten sofort Konsequenzen gezogen werden, heißt es in einer Erklärung der stellvertretenden verkehrspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Karin Rehbock-Zureich, und des stellvertretenden Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Klaus Hasenfratz. Darin schreiben die Politiker weiter: "Wir gehen davon aus, dass die Bahn damit nicht abwartet, bis ein Schlussbericht der Staatsanwaltschaft vorliegt, denn dies wird erfahrungsgemäß noch längere Zeit in Anspruch nehmen."

Geklärt werden müsse vor allem, warum der Lokführer mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist. Die Prüfung von Betriebsvorschriften und Ausbildungsstandards gehörten zu den besonders aktuellen Punkten einer insgesamt sehr komplexen Materie. Abschließend heißt es in der Erklärung: "Wir werden insbesondere der Frage nachgehen, welche Maßnahmen der Gesetzgeber treffen muss, um für alle Eisenbahnen (auch außerhalb der Deutschen Bahn) einheitliche Anforderungen für die Lokführerausbildung festzulegen."

Gegen den 28-jährigen Lokführer, der sich bislang noch nicht äußerte, wird wegen des Verdachts der Körperverletzung und fahrlässigen Tötung ermittelt. Seine Anwältin habe Akteneinsicht beantragt, sagte Staatsanwalt Krautkremer. Die Akten seien aber noch nicht komplett. "Vor drei Wochen wird das nicht der Fall sein", so Krautkremer. Es fehle auch noch das Gutachten des Eisenbahnbundesamtes. Die Akte werde fast 1 000 Seiten umfassen. Nach Krautkremers Einschätzung werden derzeit zu viele Spekulationen zur Unglücksursache angestellt.

Der Nachtexpress Amsterdam-Basel war am 6. Februar mit viel zu hoher Geschwindigkeit an einer Weiche im Bahnhof Brühl entgleist, acht Menschen starben. Der Lokführer hatte den Zug kurz vor dem Bahnhof auf 122 Stundenkilometer beschleunigt. Erlaubt waren 40 Stundenkilometer.

(RPO Archiv)
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