Aufhebung der Reisewarnung Mallorca kann warten

Meinung · Keine Testpflicht, keine Quarantäne: Die Balearen, Teile Portugals und die Bahamas gehören seit Sonntag nicht mehr zu den Risikogebieten. Auch wenn das Fernweh groß ist – jetzt den Osterurlaub in der Sonne zu buchen, wäre eine denkbar schlechte Idee.

 Zu Ostern die Sonne auf Mallorca genießen – schön wär’s. Aber auch unklug. (Archivbild)

Zu Ostern die Sonne auf Mallorca genießen – schön wär’s. Aber auch unklug. (Archivbild)

Foto: dpa/Clara Margais

In Gedanken hat manch einer schon sein Handtuch ausgebreitet, als die Meldung kam: „Mallorca ab Sonntag kein Risikogebiet mehr!“, ploppten die Mitteilungen am Freitag auf. Ja, so ein kühles Getränk am Strand, die Seele baumeln lassen in der Sonne, Meeresrauschen im Ohr, tolle Vorstellung. Die ersten Angebote von aggressiven Reiseveranstaltern mit „richtig guten Deals“ für den „wohlverdienten ersten Urlaub des Jahres“ sind auch schon im Postfach – also vamos a la playa? Bitte nicht!

Die Entwicklung auf den Balearen ist erfreulich, das stimmt: Mit gut 21 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gehört die Inselgruppe inzwischen zu den Regionen mit den besten Werten. Das sah im Dezember und Januar noch ganz anders aus – und das kann sich auch schnell wieder dramatisch wenden, wie die Saison 2020 eindrücklich bewiesen hat. Diverse Partytouristen haben sich zwischen Biertrinken und Barhopping einfach nicht an die Corona-Regeln gehalten. Die Folge: geschlossene Gastronomie, steigende Infektionszahlen, vorzeitiges Saisonende.

Natürlich besteht Mallorca nicht nur aus dem Ballermann und der Tourismus bei Weitem nicht nur aus Partyurlaubern. Trotzdem wäre der große Osterreiseverkehr ein Risiko mit nicht absehbaren Folgen. Gerade jetzt, wo die Zahlen hierzulande wieder ansteigen, die hoch ansteckende Virusmutation schon mehr als die Hälfte aller Fälle ausmacht und man mit der einzig wirksamen Maßnahme, dem Impfen der Bevölkerung, immer noch zu langsam vorankommt. Da helfen auch die Corona-Selbst- und Schnelltests wenig: Wer negativ getestet ins Flugzeug steigt, kann sich theoretisch schon am ersten Urlaubstag infizieren. Zumal es in Nichtrisikogebieten ja keine Einreise-Testpflicht gibt.

In ihrem jüngsten Beschluss vom 3. März hatten Bund und Länder noch „eindringlich“ an alle Bürger appelliert, „auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland“ zu verzichten. Die Aufhebung einer Reisebeschränkung durch das Auswärtige Amt für einzelne Ziele ändert an dem Appell grundsätzlich nichts. Wenn die Zahlen in einem Land oder einer Region stark sinken – wie derzeit in Teilen Spaniens und Portugals – entfällt die Begründung für die Reisebeschränkung. Es gibt auch kein generelles Reiseverbot für Deutsche, das ist rechtlich gar nicht haltbar. Eine Einladung, jetzt Ferien in der Sonne zu buchen, ist das aber ebenfalls nicht.

Die Signale aus der Reisebranche wirken demgegenüber verstörend: TUI lässt ab 27. März wieder Flieger ab Düsseldorf, Hannover und Frankfurt nach Mallorca starten, macht schon jetzt verlockende „Willkommen-zurück“-Schnäppchenangebote und einige Eurowings-Jets fliegen bereits regelmäßig – während in Deutschland nicht einmal absehbar ist, ob die Biergärten zu Ostern wieder öffnen können. Die wirtschaftliche Not der Tourismusbranche ist verständlich, darf aber nicht als Argument gelten, sich eine Auszeit von der Pandemie nehmen zu können. Denn genau so wahr ist: Der Kampf gegen Corona ist ins Stocken geraten.

Beim Impfweltmeister Großbritannien dagegen, wo jeder Dritte schon eine erste Dosis erhalten hat, ist das Ende der Pandemie nicht nur absehbar – Premier Boris Johnson hat es bereits ausgerufen: Bis Ende Juni will er Corona mit seiner Strategie so in den Griff bekommen haben, dass ein weitgehend normales Leben möglich sein soll. Der harte Lockdown wird stufenweise zurückgefahren, alle Maßnahmen sollen bis 21. Juni wegfallen. Kein Wunder, dass die Briten anfingen, Urlaube zu buchen, kurz nachdem der Plan öffentlich wurde. Spanien und Portugal zählen auch im Vereinigten Königreich zu den beliebtesten Reisezielen. Allerdings ging es hier um die Sommerferien – die für uns alle als frühester Zeitpunkt für Reisen ins Auge gefasst werden sollten. Auch wenn das womöglich bedeutet, seine Liege auf Mallorca gegen die Briten zu verteidigen.

(jra)
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