Ohne Alkohol im Januar Selbsttest – Wie der „Dry January“ lief

Unser Autor hat den Aktionsmonat selbst ausprobiert – und ihn besser überstanden als erwartet. Was es ihm genützt hat und welchen Verzicht er nun angehen möchte.

Kein Bier für mehrere Wochen. Das funktioniert, nur manchmal muss man den Drang, zur Flasche zu greifen, unterdrücken.

Kein Bier für mehrere Wochen. Das funktioniert, nur manchmal muss man den Drang, zur Flasche zu greifen, unterdrücken.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Ein Monat ohne Alkohol, das kann doch nicht so schwer sein. Mit diesem Gedanken ging ich in den „trockenen Januar“. Vorab kann ich verraten: Das war es überwiegend auch nicht. Zugegeben, ich bin kein Vieltrinker: Ein Feierabendbier am Freitag, ein paar Drinks mit Freunden am Samstag. Unter der Woche trinke ich selten, es sei denn, es läuft Fußball. Wöchentliches Trinken bin ich aber gewohnt. Ein Verzicht für einen Monat kostet zwar Überwindung, stellt aber zumindest in diesem Fall die Tagesplanung nicht auf den Kopf. Da ich in der Vergangenheit beim Fasten oft nicht weit kam, sollte es diesmal nicht zu ambitioniert werden.

Der Januar ist sicherlich ein Monat, in dem der Verzicht auf Bier, Wein und Cocktails leichter fällt als im Hochsommermonat Juli, wenn man sich dem Genuss aufgrund von Grillfeten und Europameisterschaft nur schwer entziehen kann. Dazu zehrt man noch von durchaus alkoholschwangeren Tagen an Weihnachten und Silvester. Die ersten Tage sind also völlig unproblematisch.

Am ersten Freitag im Januar taucht dann doch die erste Hürde auf. Eisstockschießen mit den Arbeitskollegen, und die Firma spendiert die Getränke. Mich kostet es wirklich Kraft, hier nicht dem Verlangen nach Bier nachzugeben, mit den anderen anzustoßen. Ich fange aber an, alkoholfreie Biere wertzuschätzen, die ich bisher verschmäht habe. Beruhigend: Ich trinke alkoholhaltige Getränke doch in erster Linie wegen des Geschmacks, nicht aufgrund der Rauschwirkung.

Unter der Woche fällt mir der Verzicht leicht. Bei kaltem Wetter liegt es ohnehin näher, zu heißem Tee oder Kaffee zu greifen als zu Alkohol. An Wochenenden halte ich mich mit Verabredungen zurück, gehe kaum aus. Nicht, dass man am Ende noch aufgefordert wird, ein Bier zu trinken. Schließlich gibt es immer Freunde, die so einen Alkoholverzicht nicht ganz ernst nehmen. Dazu fühlt es sich merkwürdig an: Warum sollte man weggehen, um dann eine Limo oder einen alkoholfreien Longdrink zu trinken? Die bekomme ich doch genauso gut im Supermarkt oder mixe sie mir selbst zu Hause. Die Ideenlosigkeit beim Bestellen eines Getränks in der Bar, wo ich bisher fast immer Bier oder Wein bestellte, werde ich also so schnell nicht los.

In der zweiten Hälfte des Aktionsmonats werden vor allem die Wochenenden schwer. Ein guter Film im Fernsehen, eine neue Streaming-Serie, der Start der Bundesliga nach der Winterpause: Alles gute Gründe, um eine Flasche mit dem speziellen Inhalt zu öffnen. Dazu das trübe Januarwetter — Alkohol hilft eben doch, vorübergehend beschwingt und zufrieden zu sein.

Körperlich bemerke ich nicht viel an mir: Kein Gewichtsverlust, kein sichtbar besseres Hautbild. Immerhin: Der Brummschädel nach einem heiteren Freitagabend fällt weg, das ist schon mal positiv. Dazu bekomme ich zumindest gefühlt über die Wochen hinweg einen ruhigeren und erholsameren Schlaf, ich wache weniger häufig auf und träume kaum.

Dass Alkohol zwar müde macht und den Trinker erst mal besser einschlafen lässt, in der zweiten Nachthälfte dann aber für einen sehr unruhigen Schlaf sorgt, ist gut belegt. „Alkohol und guter Schlaf, das passt einfach nicht zusammen“, sagt die Schlafforscherin Christine Blume von den Universitären Psychischen Kliniken in Basel. Ein messbarer Erfolg also, über den ich bereits sehr zufrieden bin, da ich nach 31 Tagen Verzicht keine Wunder erwartet habe. Ohnehin gilt: Kurzzeitige Askese ist nur sinnvoll, wenn man hinterher nicht den Verzicht mit umso mehr Konsum wieder aufwiegt, also richtig reinhaut. Darüber hinaus macht Selbstkasteiung auch meist nicht glücklich. Man sollte sich also nur so viel aufbürden, wie man in einem vernünftigen Rahmen ertragen kann: Kleine Schritte sind hier besser als ein radikaler Schnitt.

Als Selbsttest überwiegt dennoch die Zustimmung und so lautet mein Fazit: Ein Monat ohne Alkohol funktioniert, wenn man bereit ist, sein Verlangen hin und wieder mal zu unterdrücken. Und: Wenn man bereit ist, sich auf alkoholfreie Alternativen einzulassen. Auch an alkoholfreies Bier kann man sich gewöhnen. Auf mein erstes alkoholisches Getränk verzichte ich übrigens getrost noch ein paar Tage länger: Eine harmlose, aber hartnäckige Erkältung macht es nötig.

Was ich mir als Nächstes vornehmen möchte: In der Fastenzeit ab Aschermittwoch auf Fleisch zu verzichten. Für mich als Fleischliebhaber ein echtes Wagnis. Doch mein Erfolg im Januar gibt mir Zuversicht.

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