Leitzins um 0,5 Prozentpunkte angehoben Die nötige Aufholjagd der EZB

Meinung | Frankfurt · Die EZB hat spät mit Zinserhöhungen begonnen, nun ist sie forscher als die Fed. Das ist gut so. Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen. Doch Christine Lagarde kann ihn nicht alleine führen. Auch Politik und Tarifpartner sind gefordert.

 Die Europäische Zentralbank in Frankfurt.

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt.

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Notenbanker in Frankfurt hatten die Inflation lange unterschätzt. Sie hielten die Preissteigerungen für ein vorübergehendes Problem, das sich von alleine lösen wird. Die Tauben in der Europäischen Zentralbank (EZB) wollten zudem die wirtschaftliche Lage in den südeuropäischen Staaten nicht durch Zinserhöhungen verschärfen. Ein Fehler. Als dann die US-Notenbank Fed kräftig die Zinsen erhöhte, war das endlich ein Weckruf für die EZB. Jetzt geht sie diesen Weg konsequent weiter und überholt sogar die Fed, was die Größe des Zinsschritts angeht: Die Fed erhöhte am Mittwoch um 0,25 Prozentpunkte, die EZB nun um 0,5 Punkte. Richtig so.

Die Inflationsraten gehen zwar bereits zurück. Doch der Kampf ist noch nicht gewonnen. EZB-Chefin Christine Lagarde muss den Bürgern weiter klarmachen, dass sie den Preisauftrieb nicht tolerieren wird. Das gilt auch mit Blick auf die Arbeitskämpfe für Kommunen und Post in Deutschland. Die absurd hohen Lohnforderungen von Verdi zeigen, dass die Inflationserwartungen noch nicht gebrochen sind. Solche Zweitrundeneffekte, die die Inflation treiben, müssen vermieden werden.

Nun stehen Lagarde und ihre Notenbanker vor der schweren Aufgabe, Kurs zu halten, ohne über das Ziel hinaus zu schießen. Auch die für Deutschland in diesem Jahr erwarteten sechs Prozent Inflation verletzen das EZB-Ziel von zwei Prozent, sind unsozial, vernichten Werte und Wachstum. Zugleich müssen die Notenbanker rechtzeitig den Fuß vom Gas bekommen. Die Fed geht mit ihrer Drosselung bereits in diese Richtung.

Es ist zwingend, dass die EZB die Politik des lockeren Geldes beendet, dazu gehört auch ein konsequenterer Ausstieg aus dem Kauf von Anleihen. Doch alleine kann sie die Inflation nicht besiegen: Wer die Energiepreise senken will, muss eine Erhöhung des Angebotes zulassen - das verbietet einen überstürzten Ausstieg aus Kohle- und Gaskraftwerken. Und er muss die Nachfrage senken, weshalb die Preisbremsen abgeschafft werden müssen. Es liegt auch an Politik und Tarifpartnern, wie schnell die hohe Inflation endet.

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