Männer wollen „Frauenproblem“ lösen Heftiger Shitstorm für Menstruationsprodukt bei „Höhle der Löwen“

Köln · In der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ präsentierten zwei Unternehmer einen pinken Handschuh, der Frauen den Umgang mit ihrer Menstruation erleichtern soll. Dafür gab es erst einen Deal – und dann so heftige Kritik, dass die beiden ihre „Pinky Gloves“ nochmal überdenken.

Eugen Raimkulow und André Ritterswürden bei „Die Höhle der Löwen“ am 12. April.

Eugen Raimkulow und André Ritterswürden bei „Die Höhle der Löwen“ am 12. April.

Foto: TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Mit so viel Aufmerksamkeit hatten Eugen Raimkulow und André Ritterswürden wohl nicht gerechnet, als sie bei der Vox-Show „Die Höhle der Löwen“ ihr Menstruationsprodukt präsentierten. „Pinky Gloves“ heißen die pinken Handschuhe, die es Frauen angeblich erleichtern sollen, sich benutzter Tampons und Binden zu entledigen. Statt Aufmerksamkeit in Form von Begeisterung lösten die beiden jedoch einen Shitstorm aus.

Die Handschuhe werden als „diskrete Lösung für unterwegs“ bezeichnet: Denn laut den beiden Erfindern sei es für Frauen ein Problem, dass in fremden Wohnungen, auf Festivals oder beim Reisen oft Mülleimer auf der Toilette fehlen. Die Handschuhe, die sich mittels Klebestreifen als Müllbeutel verschließen lassen, sollen die Lösung sein. Denn „das kleine Päckchen“ könne „auslaufs- und geruchssicher mitgenommen und später entsorgt werden“, heißt es auf der Webseite. Und auch im eigenen Zuhause ließen sich die Handschuhe anwenden – denn Frauen könnten damit „Gerüche, Bakterien und Keime im Mülleimer vermeiden und die gebrauchten Tampons vor den Blicken der Anderen bewahren“.

Das finden viele Menschen nicht nur wenig überzeugend, es ergeht seit der Sendung förmlich ein Sturm der Entrüstung: In mittlerweile über 3000 Tweets und mehreren hundert Instagram-Beiträgen zum Hashtag #pinkygloves wird das Produkt von Raimkulow und Ritterswürden als „sexistisch“, „umweltunfreundlich“ und vor allem „völlig überflüssig“ beschrieben. Kern der Kritik: Die beiden Gründer wollten ein „Frauenproblem“ lösen, das offensichtlich keins ist. „Immer wenn du denkst, es passt grade alles, kommen ein paar cis-Männer um die Ecke und lösen Probleme von Menstruierenden, die wir nie hatten“, schreibt eine Twitter-Userin am Mittwoch.

Der Fokus liege nicht auf dem Schutz des Intimsbereichs, sondern auf dem Schutz des Umfelds der menstruierenden Person. Die beiden Männer präsentierten mit den Handschuhen eine Lösung für ihr eigenes Problem, das sie mit benutzten Tampons und Binden haben, so die Kritik. Das bestätigt ihre Gründungsgeschichte, die sie auf ihrer Webseite und dem Instagram-Kanal aufgeschrieben haben und auch am Montag bei „Die Höhle der Löwen“ erzählten.

Die Idee für die „Pinky Gloves“ entstand demnach, als die beiden während ihres Bundeswehr-Dienstes in eine Frauen-WG zogen – wo sie mit benutzten Tampons in Berührung kamen. „Um es ehrlich zu sagen, als männliche Mitbewohner waren wir beim Blick in den Badezimmereimer ein wenig… sagen wir, verwundert“ heißt es in einem Instagram-Beitrag aus dem März. Als Jurorin Judith Williams bei „Die Höhle der Löwen“ am 12. April nach „einschneidenden, gruseligen Erlebnissen“ fragte, die die beiden Männer zu der Idee bewogen hätten, antwortete Eugen Raimkulow: „Nicht nur eins“, worauf allgemeines Gelächter folgte. Im gemeinsam mit ihren Mitbewohnerinnen genutzten Badezimmer hätten die beiden immer wieder in Klopapier eingewickelte Tampons im Mülleimer entdeckt. „Nach einer Zeit riecht das unangenehm“, beschreibt er, „und man sieht es einfach, das Papier das nässt durch und das ist einfach ziemlich unangenehm.“ Juror Carsten Maschmeyer äußerte sein „Störgefühl“, dass er angesichts der fehlenden Frau im Team habe. Trotzdem bekamen die beiden den Zuschlag – von Ralf Dümmel, der die gewünschten 30.000 Euro zusagte.

Das sorgte anschließend für reichlich Irritation, auch weil zwei Unternehmerinnen, die vor zwei Jahren mit ihrem Menstruationsprodukt bei „Die Höhle der Löwen“ waren, damals noch leer ausgegangen waren. Kati Ernst und Kristine Zeller meldeten sich anschließend in einem Videostatement bei Instagram zu Wort – das bereits mehr als 1,5 Millionen Mal aufgerufen wurde. Sie fänden es zwar gut, dass Männer über Periode redeten und es das Thema wieder zur Primetime ins Fernsehen geschafft habe. Aber auch sie sähen das Problem, das Raimkulow und Ritterswürden mit den Pinky Gloves lösen wollen, nicht als Problem von Menstruierenden an, sondern als ihr eigenes. „Sie hatten ein Problem damit, solchen Müll zu sehen in ihren Abfalleimern im Bad – ja so what? Wo ist das Problem?“, fragt Ernst. Damit werde suggeriert, „dass die Periode unrein ist, dass sie unhygienisch ist, dass man die nicht sehen darf“, ergänzt Kristine Zeller. Außerdem werde die Periode durch solche Produkte als „Tabuthema gefestigt, wo wir doch eigentlich dafür kämpfen, dass endlich dieses Tabu gegenüber der Periode aufhört.“  

Die beiden „Frauenversteher“, wozu sich Eugen Raimkulow und André Ritterswürden in der Sendung am Montag selbst ernannt hatten, haben sich bereits zu den heftigen Reaktionen geäußert. Sie bezeichneten es als „großen Fehler“, sich nicht ausreichend und richtig mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. „Uns ist klar geworden, dass wir noch viel lernen müssen und einige Blindspots haben“, heißt es in ihrem Statement auf Instagram. Sie kündigten an, das Produkt und die gesamte Entstehungsgeschichte nochmal zu überdenken. Auch ihr Investor, Ralf Dümmel, äußerte sich noch am Mittwoch zu der Debatte. „Mir tut es im Herzen weh, wenn ich all die Nachrichten und Kommentare lese. Ich möchte mich bei allen entschuldigen, dass ich dem Thema Periode bisher nicht ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet habe“, schreibt er in einem Instagram-Beitrag. Das wolle er ändern. Er betont den positiven Aspekt, den die „hitzige Diskussion“ habe: „So werden diverse Positionen sichtbar und wir können alle dazulernen, auch ich.“

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