Lungenkrankheit aus Wuhan Mehr Infektionen durch neues Coronavirus als bei Sars vor 17 Jahren

Peking · Jeden Tag kommen mehr erkrankte Patienten und Todesfälle durch das neue Coronavirus hinzu. Jetzt wird sogar die Zahl der weltweiten Fälle bei der Sars-Pandemie 2002/2003 übertroffen.

 Ein ukrainischer Tourist trägt am Flughafen außerhalb von Kiew einen Mundschutz.

Ein ukrainischer Tourist trägt am Flughafen außerhalb von Kiew einen Mundschutz.

Foto: AFP/SERGEI SUPINSKY

Die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus hat die weltweiten Fälle bei der Sars-Pandemie vor 17 Jahren übertroffen. Mit 317 neuen Erkrankungen, die die Behörden der schwer betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina am Donnerstag berichteten, kletterte die Gesamtzahl weltweit auf mehr als 8100. An dem Schweren Akuten Atemwegssyndrom (Sars) waren 2002/2003 nach Auskunft der Weltgesundheitsorganisation 8096 Menschen erkrankt und 774 gestorben. Durch das neue Virus, das mit dem Sars-Erreger verwandt ist, sind bisher 170 Menschen ums Leben gekommen.

Mit der ersten Erkrankung in Tibet sind nun in allen Regionen und Provinzen Chinas Infektionen nachgewiesen. Der Anstieg ist rasant. Vor zwei Wochen waren erst 40 Fälle gezählt worden. Der Höhepunkt der Epidemie wird frühestens in einer Woche erwartet. Außerhalb der Volksrepublik sind in rund 20 Ländern mehr als 100 Infektionen gezählt worden. Darunter sind neben Deutschland auch Frankreich, Thailand, Japan, Malaysia, die USA, Finnland, Australien, Südkorea, Indien und die Philippinen. Vielfach sind die Infizierten Reisende aus China, aber es kommt zu neuen Ansteckungen außerhalb des Landes.

Die Bundesrepublik plant eine Rückholaktion für deutsche Staatsbürger. Wer mit einem Flugzeug aus Wuhan ausgeflogen werden möchte, müsse in Deutschland zwei Wochen in Quarantäne, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Nach bisherigen Schätzungen geht es um rund 90 Bundesbürger. Mitfliegen könne nur, wer symptomfrei sei. Das Flugzeug der Bundeswehr soll in Frankfurt landen. Der Rückholflug war zunächst für Samstag geplant. Sicher war das aber auch am Donnerstag noch nicht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur lag bis zum frühen Nachmittag noch keine Genehmigung der chinesischen Seite vor.

Wo genau die Passagiere nach der Landung untergebracht werden, werde derzeit noch abgestimmt, sagte Spahn. Immer mehr Ländern fliegen ihre Staatsbürger aus der betroffenen Region aus – oder planen das. Dazugehören unter anderem Belgien, Großbritannien, Japan, Kanada und Ägypten.

Angesichts der raschen Ausbreitung des neuen Coronavirus wollte die WHO am Donnerstag erneut im Notfall-Ausschuss beraten. Bisher hatte sie davon abgesehen, eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ auszurufen.

Die vier ersten Patienten in Deutschland waren nach Angaben eines behandelnden Klinikarztes in München symptomfrei und in gutem Zustand. Sie befinden sich auf einer Isolierstation, um eine Übertragung zu vermeiden. Die vier Kollegen hatten sich während einer Schulung bei einer angereisten Frau aus China angesteckt, die später selbst erkrankt war. In Bayern sind rund 80 Menschen, die mit den Infizierten in Kontakt waren, aufgefordert, vorerst zu Hause zu bleiben. In mehreren Bundesländern gibt es diverse Verdachtsfälle, bestätigt wurde davon noch keiner.

Die WHO hält die Maßnahmen gegen das Coronavirus in Deutschland für ausreichend. „Deutschland hat wunderbar reagiert: Ein Fall wird erkannt, die Personen werden isoliert, werden behandelt, die Kontakte werden nachverfolgt, es werden die Daten weitergegeben an die WHO“, sagte Christian Lindmeier, Sprecher der Weltgesundheitsorganisation im ARD Mittagsmagazin.

Frankreich meldete eine weitere Infektion mit dem neuartigen Coronavirus. Bei der fünften Erkrankung im Land handele es sich um die Tochter eines erkrankten 80-jährigen Touristen aus China, teilte das Gesundheitsministerium mit. Der Zustand des 80-Jährigen sei ernst, er werde weiter in einem Pariser Krankenhaus behandelt.

Im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia müssen rund 7000 Menschen an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Costa Smeralda“ ausharren. Eine Touristin aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Macao habe Symptome wie Fieber und Atemprobleme gehabt, schrieb die Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstag. Die örtlichen Behörden ordneten an, dass die Passagiere zunächst nicht an Land gehen durften. Eine Sprecherin des Unternehmens Costa Crociere sagte, man gehe davon aus, dass auch deutsche Touristen auf dem Schiff seien.

In China sagten die Behörden immer mehr Veranstaltungen ab, um Ansammlungen von Menschen zu verhindern. Chinas Fußballverband CFA kündigte am Donnerstag an, die Fußball-Saison des Landes vorerst zu verschieben. So sollen die Gesundheit der Fans und Spieler geschützt werden. Russland riegelte wegen des neuartigen Coronavirus seine Grenze zu China teilweise ab.

Die Krankenhäuser in der schwer betroffenen Provinz Hubei leiden an einem Mangel an Material. Wie der Sprecher der Gesundheitskommission, Mi Feng, vor der Presse in Peking sagte, seien die Produktionskapazitäten hochgefahren worden. Auch seien Maßnahmen ergriffen worden, um den Transport nach Hubei zu beschleunigen. Die Behörden in Wuhan bauen zwei Krankenlager in Schnellbauweise, um Patienten zentral unterzubringen. Eins soll nächste Woche fertig werden, das andere wenig später.

In Japan kehrte am Donnerstag bereits die zweite Chartermaschine mit 210 Landsleuten aus Wuhan zurück. Am Vortag waren 206 Japaner heimgeholt worden. Bei dreien wurde eine Infektion festgestellt, wie die Regierung berichtete. Die USA hatten am Mittwoch rund 200 Staatsbürger ausgeflogen. Neben der Lufthansa und British Airways kündigten weitere internationale Fluggesellschaften wie etwa KLM, Finnair, American Airlines, SAS, Iberia und El Alan an, ihre Flüge nach China streichen.

(c-st/dpa)
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