Initiative in Xanten Mehr Frauen braucht der Rat

Xanten · Ist Politik eine Männerdomäne? Ein Blick auf die Verteilung der Ratsmandate in Xanten scheint dies zu bestätigen, denn nur sechs von 36 Ratsmitgliedern sind Frauen. „Guter Rat braucht Frauen“, heißt nun eine überparteiliche Initiative von Valérie Petit.

 Xanten hat 36 Stadträte, darunter sind sechs Frauen, ergibt einen Frauenanteil von rund 17 Prozent (Symbolbild).

Xanten hat 36 Stadträte, darunter sind sechs Frauen, ergibt einen Frauenanteil von rund 17 Prozent (Symbolbild).

Foto: Shutterstock.com/Larisa Rudenko

Guter Rat braucht Frauen: So hat Valérie Petit eine Initiative genannt, mit der sie mehr Frauen Mut machen möchte, sich politisch zu engagieren und vielleicht sogar bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr zu kandieren. Valérie Petit sitzt zwar seit einigen Jahren selbst für die FBI im Stadtrat, doch ihre Aktion will sie parteiübergreifend verstanden wissen.

Darum hat sie an diesem Abend zu einer Diskussionsrunde nicht ins Fraktionszimmer im Rathaus eingeladen oder in das Hinterzimmer einer Gastronomie, sondern in die Räumlichkeiten ihrer Sprachschule an der Marsstraße. Also eher auf privatem Terrain. Zehn Frauen folgten dem Ruf, jüngere und ältere, mit und ohne Parteibuch. Derzeit sind nur sechs von 36 Ratsmitgliedern in Xanten weiblich. Das reiche bei weitem nicht aus, argumentiert die 45-Jährige Ratsfrau. „Ein Parlament sollte so gut es geht die Gesellschaft und ihre Vielfältigkeit widerspiegeln. Der Rat muss nicht nur jünger, sondern auch weiblicher werden. Ich bin zwar keine Anhängerin einer festen Quote, aber auf alle Fälle muss sich etwas ändern.“

Warum zieht es so wenige Frauen in die Politik? Valérie Petit hat schon immer wieder Frauen angesprochen und versucht, sie für die Politik und für ein Engagement zu gewinnen. Aber das verhindere in vielen Fällen zum Beispiel die Doppelbelastung durch Beruf und Familie, die Kinder wollen versorgt und betreut sein, manchmal auch noch die zu pflegenden Eltern, weiß sie zu berichten. Diese Aufgaben würden vielfach in den Händen einer Frau liegen. „Viele haben dann keine Zeit mehr für ein Ehrenamt in der Politik“, berichtet die Xantenerin. Die politische Arbeit oder gar die Sitzungen von Fraktion, Ausschüssen und Rat würden erst spät am Tag anfangen. „Das grenzt große Teile der Bevölkerung von einer Teilnahme aus.“

Ganz schlecht sehe es für Alleinerziehende aus. „Wer da kein finanzielles Polster hat, scheidet aus. Männer hingegen können sich eher mal Zeit freischaufeln für ein Hobby“, erntet sie in der abendlichen Diskussionsrunde Zustimmung.

Es geht auch anders, ganz ohne Quote. In Schweden zum Beispiel, zitiert die 45-Jährige aus einem Bericht, liege der Frauenanteil im Parlament bei 48 Prozent. Dort habe man Parität in Regierung, Parteien und Unternehmen ganz ohne Gesetz umgesetzt. In Schweden ist aber auch die Betreuungsversorgung für Kinder ganz anders geregelt.

Es ist jedoch nicht nur die fehlende Zeit, die Frauen von einer politischen Teilhabe abschreckt. Die politische Routine sei für Frauen schlicht unattraktiv, die Sprache in den juristisch verklausulierten Unterlagen der Stadt zu einzelnen Tagesordnungspunkten und auch der raue Männerton in den Debatten bis hin zu ehrverletzenden Sprüchen kommt bei den Frauen gar nicht gut an. „Man sollte hier ganz sauber trennen zwischen Persönlichkeit und Sachebene“, fordert zum Beispiel Angela Weniger, die sich für die Behinderteninitiative all inclusive einsetzt und dabei lieber parteilich ungebunden bleiben möchte. Fazit von Valérie Petit: „Frauen sollten keine Angst haben, sich in der Politik zu engagieren. Sie sollten einfach mal den ersten Schritt wagen und zu den Sitzungen hingehen. Die Vorbehalte sind das größte Problem. Darum müssen wir Hemmschwellen abbauen und sollten nicht auf Quoten warten. Und damit sollten wir ganz unten anfangen“ – sprich: in der Kommunalpolitik.

Was sagen andere Xantener Politiker dazu? Wir haben mit Vertretern von CDU und SPD gesprochen.

Interview mit Petra Strenk (CDU)

„Die Politik sucht händeringend Frauen“

Die CDU ist die stärkste Fraktion im Stadtrat. Unter ihren 16 Stadträten sind zwei Frauen. Eine von ihnen ist Petra Strenk. Anne Harnischmacher sprach mit ihr.

Frau Strenk, warum ist es wichtig, dass Frauen in den Stadtrat gehen?

Petra Strenk Dass Frauen in solchen Ämtern aktiv sind, unterstützt das gesamte Wirken der Politik. Ihr Blickwinkel und Einsatz bereichert die politische Arbeit und sorgt für mehr Vielfältigkeit.

Warum sind zurzeit nur wenige Frauen im Stadtrat aktiv?

Strenk Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es generell schwierig ist, Frauen für ehrenamtliche politische Tätigkeiten zu gewinnen. Das liegt nicht am mangelnden Interesse, sondern oft daran, dass Frauen sich ab einem gewissen Alter oft gleichzeitig um Beruf und Familie kümmern müssen. Das hat Priorität und nimmt viel Zeit in Anspruch. Ehrenämter stehen einfach hinten an.

Was tut die CDU, um mehr Kandidatinnen zu finden?

Strenk Die Politik sucht in allen Bereichen händeringend Frauen, die bereit sind, aktiv mitzumachen. Die CDU in Xanten bemüht sich aktiv darum, Frauen zu finden. Wir sprechen potenzielle Kandidatinnen persönlich an. Leider wird es immer schwieriger. Oft bekommen wir die Antwort, dass es zeitlich nicht möglich ist.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich?

Strenk Heutzutage ist es generell schwieriger geworden, Frauen wie Männer für eine aktive ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. Damit man ein Amt wie im Stadtrat ausüben kann, ist die Unterstützung und Rückendeckung der Familie und des Partners wichtig, anders geht es nicht.

Interview mit Guido Angenendt (SPD)

„Frauen mehr zur Mitarbeit ermutigen“

Die SPD stellt die zweitgrößte Fraktion im Rat, unter ihren acht Stadträten sind zwei Frauen. Peter Kummer sprach mit dem Xantener SPD-Vorsitzenden Guido Angenendt.

Herr Angenendt, warum gibt es Ihrer Ansicht nach so wenig Frauen in der Politik?

Guido Angenendt Insgesamt ist die Bereitschaft der Bürger geschlechterübergreifend gering, sich aktiv in Parteien einzubringen. Tatsächlich gibt es dabei weniger Frauen als Männer. Frauen sehen sich zunächst einer großen Zahl von Männern gegenüber, was einige davon abhält, mitzumachen. Viele engagieren sich zudem lieber themenbezogen etwa in Bürgerinitiativen. Ein Frauenmangel herrscht insbesondere auf der unteren kommunalen Ebene. Zum Teil sind die kommunalen Themen in erster Linie nicht diejenigen, die Frauen ansprechen. Auf Kreisebene ist dies schon anders. Im Kreistag und im Landtag liegt der Anteil von Frauen in meiner Partei bei circa 35 Prozent.

Was kann die SPD für sich tun, damit sich mehr Frauen politisch engagieren?

Angenendt Wir sollten weiter an der Geschlechterquote festhalten und hierfür werben. Frauen müssen darüber hinaus ermutigt werden, in den Parteien und Gremien mitzuarbeiten. Ich kann nur herzlich dazu einladen. Es erscheint mir wichtig, den ersten Kontakt herzustellen, damit die Frauen sehen können, was alles bewegt werden kann und wer die Mitstreiter sind. Ein positives Beispiel in unserem Ortsverein ist Marion Nasskau, die erst seit einigen Jahren Parteimitglied ist und bereits für das Europaparlament kandidiert. Ich glaube, insbesondere Frauen können andere Frauen mitreißen und ermutigen. Frauenmangel in der Politik wird schon bald kein Problem mehr der SPD sein.

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