Betrugs-Masche bei Whatsapp „Wie konnte ich nur so dumm sein?“

Wesel · Eine Weselerin ist Opfer von dreisten Trickbetrügern geworden, die sich per SMS und Whatsapp als Tochter ausgegeben haben, um viel Geld zu ergaunern. Die Nachrichten haben für die Betroffene Sinn ergeben. Wie das passieren konnte.

 Mit dieser Textnachricht haben bislang unbekannte Betrüger Kontakt zu einer Weselerin aufgenommen. Die Frau hat am Ende 4000 Euro überwiesen, weil sie glaubte, ihrer vermeintlichen Tochter damit helfen zu können.

Mit dieser Textnachricht haben bislang unbekannte Betrüger Kontakt zu einer Weselerin aufgenommen. Die Frau hat am Ende 4000 Euro überwiesen, weil sie glaubte, ihrer vermeintlichen Tochter damit helfen zu können.

Foto: Klaus Nikolei

Seit Tagen schon geht es Elke Adams (Name geändert) schlecht. Zwar ist bei der 65-jährigen Weselerin gesundheitlich alles in Ordnung. Aber sie ist genervt und wütend – wütend auf sich selbst. „Wie konnte mir das nur passieren? Man hört doch überall von diesen Enkeltricks und dass man vorsichtig sein soll. Und dann falle ich selbst auf so etwas herein – ich kann es kaum fassen, wie dumm ich war.“

Es hat ein paar Tage gedauert, bis Elke Adams den Mut gefunden hat, mit unserer Redaktion Kontakt aufzunehmen, um ihre Geschichte öffentlich zu machen. „Denn ich möchte andere dringend warnen, damit ihnen nicht dasselbe passiert, was mir passiert ist.“ Und dann erzählt sie von jenem letzten Donnerstag im Januar 2023, den sie wahrscheinlich ihren Lebtag nicht mehr vergessen wird. Es ist genau 13.21 Uhr, als Elke Adams eine SMS-Nachricht auf ihr Smartphone bekommt. „Hallo Mama“, heißt es da. „Ich habe ein neues Handy, das ist meine neue Nummer. Kannst du dieser Nummer eine Nachricht auf Whatsapp schicken? Dies ist meine neue Nummer +49...“. Elke Adams wartet nicht lange und schickt eine Nachricht per Whatsapp zurück: „Das ist aber blöd – die alte nr wusste ich auswendig“, schreibt sie.

Ein Bild vom Kontoauszug, der die Überweisung der 4000 Euro belegen sollte, wurde von den Betrügern mit einem Kuss-Smiley beantwortet.

Ein Bild vom Kontoauszug, der die Überweisung der 4000 Euro belegen sollte, wurde von den Betrügern mit einem Kuss-Smiley beantwortet.

Foto: Klaus Nikolei

„Ich habe keine Sekunde gezweifelt, dass das eine Nachricht meiner Tochter aus Köln ist, die dort mit ihrem Mann eine Wohnung umbaut“, sagt Elke Adams. Zumal die Tochter erst kürzlich davon erzählt habe, dass etwas mit ihrer SIM-Karte nicht in Ordnung sei.

Die Weselerin schöpft auch keinen Verdacht, als sie zwar die „neue Nummer“ anrufen will, ihre Tochter aber den ganzen nächsten Tag nicht zu erreichen ist. Erst am Samstag gibt es dann „Lebenszeichen“ von ihr. In einer Nachricht heißt es, dass die „Tochter“ eine Rechnung bezahlen müsse, die Online-Banking-App auf dem neuen Handy aber nicht zu öffnen sei. Es folgt die Frage, ob die Mutter denn das Geld nicht überweisen könne. Sie wolle die Summe auch möglichst schnell zurückzahlen.

„Das klang alles so plausibel. Weil ja meine Tochter und der Schwiegersohn ihre Wohnung umbauen, passte das ja auch irgendwie, sodass ich hier auch keinen Verdacht geschöpft habe.“ Dass die Nachrichten einige Rechtschreibfehler und Formulierungen enthalten, die zu der „Tochter“ eigentlich nicht passen, ignoriert Elke Adams. „Die Fehler habe ich auf die Stresssituation wegen des Umbaus bezogen.“ Um die 4000 Euro überweisen zu können, muss sie ihr Girokonto überziehen. Ihr Mann gibt ihr noch den Tipp, die Tochter über den Festnetzanschluss anzurufen, ob denn das alles so stimmt. „Das Blöde war, dass ich das Telefon an diesem Tag nicht gefunden habe. Da ist wirklich alles schiefgelaufen.“

Wie dem auch sei. Am Ende ist es so, dass die Weselerin per Whatsapp eine Kontonummer erhält und am Abend die gewünschte Summe überweist. Und dann schickt sie auch noch ein Foto des Kontoauszuges und erhält dafür ein Kuss-Smiley. „Danke“, schreibt die vermeintliche Tochter. Elke Adams ist froh, ihrem „Kind“ geholfen zu haben.

Erste leise Zweifel kommen ihr, als sie dann am Sonntag mit der Tochter über das Festnetz telefoniert. „Ich kann Dich über Deine neue Handynummer nicht erreichen“, sagt die Mutter. „Ich habe keine neue Nummer“, sagt die Tochter verdutzt. Wenig später beenden sie dann das Telefonat. Als Elke Adams ihrem Mann von dem merkwürdigen Gespräch erzählt, fragt er sie: „Ja ist das denn dann mit der Überweisung richtig gewesen?“ In diesem Augenblick wird der Rentnerin schlagartig klar, dass sie Opfer von Trickbetrügern geworden ist. „Mir ist der Schreck in die Glieder gefahren, mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich musste mich setzen, war regelrecht geschockt.“ Als sie dann ihrer Tochter am Telefon die ganze Sache beichtet, kann diese nur den Kopf schütteln. „Sie meinte, dass sie nie gedacht hätte, dass ich auf so etwas hereinfalle.“

Unmittelbar nach dem Telefonat mit der Tochter erstattet Elke Adams bei der Polizei in Wesel Anzeige. Dass sie den Tathergang selbst zu Papier bringen muss an einem Stehtisch im Eingangsbereich der Wache, kann sie nicht verstehen. „Als mal mein Fahrrad gestohlen wurde, hat ein Polizeibeamter mit mir geredet und alles notiert. Das finde ich alle sehr seltsam.“

Dass sie die 4000 Euro jemals wiederbekommt, glaubt die Weselerin nicht. Zumal ihr auch die Polizei keine wirkliche Hoffnung gemacht hat, dass das Geld wieder auftaucht. „Das wären zwei Urlaubsreisen gewesen“, sagt sie und hofft, dass ihr Beispiel vielen anderen die Augen öffnet. „Ich kann nur jedem dringend raten, auf das kleinste Bauchgrummeln zu hören. Wenn einem irgendwie etwas seltsam vorkommt, lieber einmal zu oft als einmal zu wenig mit dem Partner darüber reden und erst dann eine Entscheidung treffen.“ Darüber, dass sie so leichtgläubig und unvorsichtig war, kann sie selbst nur den Kopf schütteln. „Wie konnte mir das nur passieren?“ Diese Frage stellt sie sich immer und immer wieder. Nachts verfolgen sie Albträume. Bis sie sich selbst diesen Fehler verzeihen kann, wird es sicher noch einige Zeit dauern. „Ich kann nur sagen, dass das eine Lehre fürs Leben war – wenn auch eine sehr bittere“, sagt Elke Adams.

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