Lohndumping und illegale Beschäftigung Mehr Schwarzarbeit auf dem Bau am Niederrhein

Niederrhein · Die Industriegewerkschaft klagt über illegale Praktiken auf Baustellen und fordert mehr Kontrollen. Gefordert wird auch ein „Sündenregister für Schwarzarbeit“. Was es damit auf sich hat.

Zollbeamte betreten bei einer Razzia eine Baustelle (Symbolfoto).

Zollbeamte betreten bei einer Razzia eine Baustelle (Symbolfoto).

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) klagt über illegale Praktiken auf Baustellen am Niederrhein. So habe das Hauptzollamt Duisburg, das auch für den Kreis Wesel zuständig ist, allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region insgesamt 272 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet.

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf. Insgesamt habe die vom Duisburger Zoll ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau rund 668.000 Euro betragen, so die IG BAU.

Im Vergleichszeitraum des Vorjahres leitete das Hauptzollamt Duisburg 212 Ermittlungsverfahren auf dem Bau ein. Die Baugewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat. „Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Duisburg-Niederrhein, Karina Pfau. „Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs“, ergänzt sie. Neben den vielen „sauber arbeitenden Unternehmen“ würde es noch immer unseriöse Firmen geben, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten.

Und Karnina Pfau warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften: „Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau“, erklärt die Bezirksvorsitzende. „Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen“, prognostiziert sie. Dadurch würden Arbeitgeber, die sich an den Bau-Tarifvertrag halten, weiter unter Druck gesetzt, so die Kritik.

Vor diesem Hintergrund fordert der IG BAU Bezirksverband Duisburg-Niederrhein deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. „Auch am Niederrhein und im Kreis Wesel wollen wir ‚saubere Baustellen’“, betont Karina Pfau. „Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben.“ Eine weitere Forderung des Bezirksverbandes: Auffällig gewordene Firmen müssten von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. „Wir brauchen ein ‚Sündenregister für Schwarzarbeit‘ – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht“, so Pfau.

(RP)
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