Tiere in der Silvesternacht in Wermelskirchen Mit Radiomusik gegen die Panik im Stall

Emminghausen · Auf der Straußenfarm in Emminghausen lenkt Inhaber Klaus Stöcker seine Tiere in der Silvesternacht mit Musik und Motorenlärm ab – während draußen geböllert und gefeiert wird.

 Manche Tiere auf der Straußenfarm in Emminghausen kommen nicht in den Stall, weil sie das einfach nicht gewöhnt sind.

Manche Tiere auf der Straußenfarm in Emminghausen kommen nicht in den Stall, weil sie das einfach nicht gewöhnt sind.

Foto: Hogekamp, Lena (hoge)

Wer Klaus Stöcker nach seinem Wunschwetter an Silvester fragt, der bekommt prompt eine Antwort: „Am liebsten null Grad, Regen, der quer kommt und so richtig schön neblig“, sagt er – in der Hoffnung, dass das Wetter die Menschen vom Knallen in der Silvesternacht abhält oder zumindest Schall und Licht abdämpft. Denn beides kann auf seiner Straußenfarm in Emmighausen schnell zu Panik führen. Seit die Strauße auf den Hügeln und zwischen den Wäldern ein Zuhause gefunden haben, hat Klaus Stöcker keine Silvesternacht mehr auswärts verbracht. Denn wenn es um Mitternacht losgeht, die ersten Raketen gezündet werden, dann ist er bei seinen Tieren.

„Alles, was von oben kommt, ist für die Strauße schwierig“, erklärt Mitarbeiterin Kerstin Schnabel. Das habe mit den Augen und dem eingeschränkten Blickwinkel der Tiere zu tun. So können Besucher schon beim Kreisen eines Hubschraubers beobachten, dass die Tiere nervös werden und hektisch versuchen, ihren Blick zum Himmel zu wenden. „Das bedeutet puren Stress für die Tiere“, sagt Kerstin Schnabel. Schließlich seien Strauße sehr sensibel. Und weil sie Fluchttiere seien, könnten die ungewohnten Geräusche aus der Luft zum panikartigen Davonlaufen führen.

Deswegen hat sich die Straußenfarm auch bereits mit den Ballonfahrern der Region in Verbindung gesetzt – mit der Bitte, Emminghausen weiträumig zu umfahren. Und auch mit den Nachbarn sind Klaus Stöcker und sein Team stetig im Gespräch, um die Belastung für die Tiere in der Silvesternacht gering zu halten. „Panik kann für die Tiere lebensbedrohlich werden“, sagt Kerstin Schnabel und erinnert an jene Silvesternacht vor zwei Jahren, als ein Strauß in seiner Panik in einen Zaun gelaufen und dort verendet sei. Wenn die Tiere erstmal in Panik gerieten, dann gebe es kaum noch Möglichkeiten, zu reagieren. „Das wäre dann gefährlich für Mensch und Tier“, weiß Kerstin Schnabel. Um die Panik also zu verhindern, fahren Klaus Stöcker und sein Team ein geräuschvolles Gegenprogramm auf. In den Ställen werden die Radios laut gestellt, Motorengeräusche der Traktoren und Farm-Fahrzeuge vor den Ställen sollen die Tiere beruhigen und ihnen ein Alltagsgefühl vermitteln. „Viele Tiere verbringen Silvester in den Ställen“, sagt Kerstin Schnabel. Aber das sei nicht für alle Strauße sinnvoll. „Es gibt Tiere, die würden panisch, wenn wir sie plötzlich einstallen“, erklärt sie. Auf sie werde in der Silvesternacht beruhigend eingewirkt. „In jedem Fall ist die Silvesternacht auf der Straußenfarm immer eine brisante Zeit“, sagt Kerstin Schnabel, „wir wissen nie, was passiert.“

 Ein neugieriger Blick: Die Strauße sind sehr sensible Tiere, die von Böllern und Raketen stark beeinträchtigt werden.

Ein neugieriger Blick: Die Strauße sind sehr sensible Tiere, die von Böllern und Raketen stark beeinträchtigt werden.

Foto: Hogekamp, Lena (hoge)

Davon können auch Hundehalter und Landwirte ein Lied singen – für deren Tiere die Silvesternacht häufig auch mit Stress verbunden ist. „Deswegen wird oft das Gespräch mit den Nachbarn der Ställe gesucht“, sagt Ursula Weishaupt, deren beiden Pferde in Hülsen im Stall stehen. Allerdings würden sich weder Beauty noch Amira viel aus dem Raketenlärm der Silvesternacht machen. „So lange er weit genug weg ist“, sagt sie. Weil die Tiere im Winter ohnehin im Stall seien, werde das Risiko, dass sie in Panik verfallen, gemindert. „Ohnehin erschrecken sich meine Tiere bei lauten Geräuschen zwar kurz, verfallen auf der Weide vielleicht auch mal kurz in Trab und Galopp“, erzählt sie, „aber Panik in der Silvesternacht habe ich bei meinen beiden Pferdedamen noch nicht erlebt.“ Auch Landwirt Torsten Mühlinghaus sieht der Silvesternacht entspannt entgegen: „Wir böllern nicht“, sagt er, „und der Hof ist weit genug außerhalb“. Deswegen bringe die Nacht für die Tiere keinen Stress mit sich. „Wenn Kühe doch mal nervös werden, dann beginnen sie unruhig hin und her zu gehen“, sagt er, „stünden sie auf der Weide würden sie vielleicht auch mal schneller.“ Aber bisher habe er bei seinen Kühen nicht erlebt, dass sie an Silvester unruhig würden. „Das macht unserem Hund deutlich mehr aus als den Kühen“, sagt er.

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