Im Amtsgericht Wermelskirchen Richter: „Was Sie getan haben, ist moralisch unter aller Sau“

Wermelskirchen · Ein 27-Jähriger musste sich wegen Diebstahls nach einer Tauffeier vor Gericht verantworten. Schwerer als der materielle Verlust, wog indes das moralische Versagen des Angeklagten.

 Taufe Symbolbild

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Foto: Pixabay

Die Spannung im Gerichtssaal war mit Händen zu greifen. Eigentlich ungewöhnlich, da dort oftmals eine eher nüchterne Atmosphäre vorherrscht. Und es ging auch, zumindest materiell gesehen, nur um eine kleine Sache. Die hatte es aber in sich, emotional betrachtet. Angeklagt war ein 27-jähriger Mann aus Hilden, der angeklagt war, im Februar vergangenen Jahres im Anschluss an die Tauffeier des Kindes eines damals noch befreundeten Ehepaars das Taufgeschenk der Großmutter gestohlen zu haben – einen kleinen Anhänger in Form eines Traumfängers sowie 130 Euro Bargeld. Den Diebstahl soll er im Auto der Geschädigten begangen haben, während er zusammen mit seiner Lebensgefährtin von der Mutter des Täuflings nach Hause gefahren wurde.

Der 27-Jährige saß still und mit weitgehend ins Leere gerichtetem Blick auf der Anklagebank. Der Richter fragte ihn, ob er sich zu den Vorwürfen äußern wollte. „Das einzige, was ich dazu sagen werde, ist, dass die Zeugin, die mich entlasten könnte, heute nicht da ist“, lautete seine Antwort. „Das heißt, Sie streiten die Tat ab“, fragte der Richter nach. „Ich streite gar nichts ab. Aber meine Lebensgefährtin kann heute nicht hier sein, weil unsere Tochter im Krankenhaus ist“, antwortete der Angeklagte. Dies sei schon das zweite Mal, dass diese Zeugin nicht erscheinen könne, stellte der Richter fest. Dazu schwieg der Angeklagte.

Und letztlich stellte sich im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme die Frage, welche entlastenden Aussagen die Lebensgefährtin hätte anbringen können. Denn nicht nur waren die Aussagen der drei anderen geladenen Zeugen – das geschädigte Ehepaar und die Mutter des Ehemannes – in sich stimmig. Weit eindeutiger war eine WhatsApp-Sprachnachricht, die der Angeklagte an den Geschädigten am Tag nach der Tat geschickt hatte. Darin räumte er den Vorfall ein, entschuldigte sich mehrfach und kündigte auch an, sich selbst bei der Polizei anzuzeigen: „Denn Dummheit muss bestraft werden“, sagte er in dieser Sprachnachricht.

Von dieser Einsicht und Reue war jedoch während der Verhandlung nichts mehr zu sehen. Teilnahmslos und ohne nur einmal den Blick auf die Geschädigten zu richten, saß der 27-Jährige auf der Anklagebank, während zuerst der 32-jährige Vater des Täuflings seine Aussage machte. Und dabei mit seiner menschlichen Enttäuschung über das Verhalten des damaligen Freundes kaum hinter dem Berg hielt. „Wir haben mit seiner Lebensgefährtin noch am Abend telefoniert. Sie sagte, sie würde ihren Partner nicht wach bekommen, da er so betrunken sei. Später hat sie dann einen Anhänger gefunden, der nicht in ihre Wohnung gehörte“, sagt der 32-Jährige.

Die Tränen der Enttäuschung nicht zurückhalten konnte im Anschluss die 31-jährige Mutter in ihrer Aussage. „Er saß bei der Rückfahrt auf der Rückbank. Ich habe beim Fahren immer wieder Rascheln gehört. Auf meine Frage, was er denn da mache, hat er nur geantwortet, dass er einen bequemen Platz für seinen Arm sucht“, sagte die 31-Jährige. Weinend fügte sie an: „Wir konnten uns einfach nicht erklären, warum man so etwas macht.“ “

Da der materielle Wert des Diebstahls relativ gering war, und der Angeklagte auch nicht vorbestraft war, fiel das Plädoyer der Staatsanwältin mit 40 Tagessätzen zu je 30 Euro relativ milde aus. Und auch der Richter folgte der Forderung in seinem Urteil. Er brachte die moralische Wertung des Sachverhalts allerdings auf den Punkt: „Sie haben die Gastfreundschaft missbraucht, um Geld und Schmuck zu klauen. Was Sie hier getan haben, ist moralisch unter aller Sau!“

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