Düsseldorfer Band Rogers hat ein neues Album Moralische Punkrocker

Die Düsseldorfer Band Rogers veröffentlicht ihr neues Album. Ein Gespräch über den Wandel des Begriffs „Punk“.

 Vertreter einer neuen Punk-Generation: Die Düsseldorfer Rogers wollen mit ihrem neuen Album „Mittelfinger für immer“ durchstarten.

Vertreter einer neuen Punk-Generation: Die Düsseldorfer Rogers wollen mit ihrem neuen Album „Mittelfinger für immer“ durchstarten.

Foto: Kaz Özdemir

Wer sich fragt, wie Punk heute aussieht, kann die Düsseldorfer Band Rogers betrachten: Grundsympathische junge Männer mit gepflegten Frisuren, teilweise Bärten, dunklen Klamotten und mehr oder weniger dezenten Tattoos. Drei der Musiker (Schlagzeuger Dom war im Gespräch mit unserer Redaktion nicht anwesend) sitzen in einem Teil des Büros ihrer Promo-Agentur, der ein bisschen nach WG-Küche aussieht. Sie philosophieren darüber, welche Bedeutung die Zuschreibung „Punk“ für ihr Selbstverständnis hat. „Punk ist für mich eine Art von unkonventionellem, aber moralisch bewusstem Denken“, sagt Bassist Artur Freund. „Wir werfen keine Ziegelsteine. Heute ist eine Generation Punk am Werk, die erkannt hat, dass das pure Hassen oder Sich- mit-Gewalt-Auflehnen nicht zielführend ist.“ Der Titel des neuen Albums „Mittelfinger für immer“, mit dem die Düsseldorfer Musiker so richtig durchstarten wollen, kann man also leicht falsch verstehen.

Die Bandmitglieder wollen damit gerade nicht ausdrücken, dass sie gegen alles und jeden sind, dass sie die Gesellschaft, in der sie leben, komplett ablehnen. „Den Mittelfinger zeigen wir jedem, der uns verändern will oder aufhalten oder irgendwo hinrücken, wo wir nicht hinwollen“, sagt Gitarrist Nico Feelisch. „Ich denke auch an Leute, die uns den Erfolg vielleicht nicht gegönnt oder uns nicht gesehen haben. Er war Resultat wirklich harter Arbeit“, sagt Artur Freund. Und Sänger Chri Hoffmeier ergänzt: „Für jeden von uns steht der Titel für ein anderes Statement. Gerade auf der neuen Platte haben wir wenig beschönigt. Wir sind sehr direkt. Für mich bedeutet der Mittelfinger auch, Negatives auszublenden, und zu sagen: Egal jetzt, weitergehen!“

Rogers gehen ihren Weg mit viel Energie, druckvollem Spiel und Drang nach vorne. Die moderne Alben-Produktion mit schweren Gitarren, exakten Bässen und Schlagzeug-Sounds und nach vorn gemischter Stimme hat nichts von dem Schmutz oder unfertigen Charme, den man vielleicht klischeehaft mit Punkrock assoziieren würde. „Eine Studioproduktion soll für uns perfekt sein“, erklärt Sänger Chri. „Wir diskutieren da tatsächlich über einzelne Silben. Wichtig ist aber auch, dass wir den Sound live perfekt wiedergeben können.“ Bis heute hat die Band dabei ihrem ersten Produzenten Michael Czernicki die Treue und spielt alles in den „Rock or Die“-Studios in Heerdt ein.

Die Soundkulisse mit den perfekt zum Mitgrölen geeigneten Chören lässt manchmal unweigerlich an „Die Toten Hosen“ denken. Für Rogers bilden die Urgesteine um Campino, mit denen sie schon eine Bühne geteilt haben, eine Art Punk-Elterngeneration: „Wenn wir ähnlich wie die Hosen klingen, was wir oft zu hören bekommen, dann liegt das daran, dass wir mit ihrer Musik aufgewachsen sind – auch durch Eltern oder Bekannte – und sie dann in den großen Topf mit allen möglichen Einflüssen einfließt“, sagt Gitarrist Nico. Eine wirkliche Vorbild-Band haben die Düsseldorfer nicht: „Von Metal über guten Hip Hop über guten Rock bis zu Klassik und Meditationsmusik höre ich sehr Vieles“, sagt Bassist Artur. „Es gibt bloß ein Ausschlusskriterium: Bemerke ich etwas moralisch stark Verwerfliches, schließe ich die Musik aus meinem Alltag aus.“

Auf dem neuen Album „Mittelfinger für immer“ überraschen neben den Rockstücken härterer Gangart melancholische, zweifelnde Töne. Im Song „Wo gehör‘ ich hin“, fragt Sänger Chri nach seinem Platz in der Welt – obwohl er ihn in einer erfolgreichen Punkband doch vermeintlich gefunden hat. „Man darf nie vergessen, dass hinter einer Band, die vielleicht gerade stark abgeht, einzelne Individuen stehen können, die sich trotzdem stark hinterfragen“, führt dazu Gitarrist Nico aus. „Es kann sich von heute auf morgen ändern in dieser schnelllebigen, krassen und kranken Welt, in der wir gerade leben, wo dir von einem auf den anderen Tag alles um die Ohren fliegen kann.“ Er freut sich, dass es heute mehr möglich ist, solche Gedanken und Gefühle zu äußern: „Viele Menschen wissen jetzt, dass es wichtig ist, so offen wie möglich durch diese Welt zu gehen, damit du wirklich verstanden wirst und nicht nur einen Schein wahrst. Es ist aber immer noch ein krasser Schritt, sich das zu trauen“, so der Gitarrist.

Diesen Schritt zu gehen, haben sie mit einer ungemein erfolgreichen Band wie AnnenMayKantereit aus Köln gemeinsam, die nach dem überrumpelnden Mega-Erfolg ein äußerst nachdenkliches zweites Album gemacht hat. Man darf gespannt sein, wohin der Erfolg Rogers noch führen wird.

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