Brüggens Kämmerer legt Haushaltsentwurf vor Wo die Burggemeinde 2022 investieren will

Brüggen · Für den Haushalt 2022 fehlt der Gemeinde Brüggen Geld. Kämmerer Oliver Mankowski erklärt die Gründe dafür und zeigt Möglichkeiten auf.

 Am Brachter Standort der Gesamtschule Brüggen werden die energetischen Sanierungen und Modernisierungen fortgesetzt. Im Etat 2022 sind dafür knapp drei Millionen Euro vorgesehen.

Am Brachter Standort der Gesamtschule Brüggen werden die energetischen Sanierungen und Modernisierungen fortgesetzt. Im Etat 2022 sind dafür knapp drei Millionen Euro vorgesehen.

Foto: Birgit Sroka

Kämmerer Oliver Mankowski hat am Dienstagabend den Ratsmitgliedern im Brachter Bürgersaal den Etatplan und die Haushaltssatzung für das  Haushaltsjahr 2022 vorgelegt. Der Rat nahm dies einstimmig zur Kenntnis. Damit weiter beschäftigen werden sich die Mitglieder im Hauptausschuss am 7. Dezember, danach der Rat erneut am 16. Dezember. Eines steht fest. „Die guten Zeiten sind vorbei“, sagte der Kämmerer vor der Sitzung. Das zeige sich auch daran, dass keine liquiden Mittel für Investitionen mehr verfügbar seien. Die Konsequenz: Die Gemeinde muss weitere Kredite aufnehmen; Es könnten die höchsten  in ihrer Geschichte werden: „Der Kreditbedarf für Investitionen beläuft sich für das Haushaltsjahr 2022 auf 16 Millionen Euro“, erklärt Mankowski. Bereits jetzt laufen Kredite über 15 Millionen Euro. „Die Kreditverpflichtungen beliefen sich dann auf mehr als 30 Millionen Euro.“

Wofür ist im kommenden Jahr die größte Investition geplant?

Der Kämmerer will 3,5 Millionen Euro in den Bau von bezahlbarem Wohnraum investieren. Dies werde laut Mankowski zunächst nicht in einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft geschehen, sondern in Zusammenarbeit mit einer großen Wohnungsbaugesellschaft im Kreis Viersen. Geplant seien unterschiedliche Vorhaben, um bezahlbare Wohnungen zu realisieren. Der geplante Modulhauspark in Brüggen-Born ist nicht darin enthalten.

 2,2 Millionen Euro sind für die neue Borner Straße fällig.

2,2 Millionen Euro sind für die neue Borner Straße fällig.

Foto: Daniela Buschkamp

Warum plant die Gemeinde die Gründung einer eigenen Gasnetzgesellschaft?

Die Gemeinde verspricht sich davon finanzielle Vorteile. Bisher wurde dieses Vorhaben lediglich in nichtöffentlichen Teilen von Gremiensitzungen thematisiert. 2022 soll laut Mankowski neben einer eigenen Stromgesellschaft auch eine eigene Gasnetzgesellschaft gegründet werden. Dafür werden 3,12 Millionen Euro veranschlagt. Wird dieses Vorhaben realisiert, rechnet Mankowski mit einem jährlichen Ertrag in Höhe von rund 250.000 Euro für die Zukunft. Worin die Vorteile für die Gemeinde bestünden: zum einen in dem Anlagevermögen, zum anderen in den Entgelten auf die Netznutzung.

Welche weiteren großen Ausgaben sind geplant?

 Ein neues Feuerwehrgerätehaus  muss geplant werden.    

Ein neues Feuerwehrgerätehaus  muss geplant werden.    

Foto: Daniela Buschkamp

Die dritthöchste Investitionssumme von 2,99 Millionen Euro ist vorgesehen für die weitere energetische Sanierung der Gesamtschule Brüggen am Standort Bracht; insgesamt schlägt das laufende Vorhaben mit sechs Millionen Euro zu Buche. Für die Umgestaltung der Borner Straße rechnet der Kämmerer mit Ausgaben in Höhe von 2,2 Millionen Euro, damit zusammen hängt der Ausbau des Kreisverkehrs an der B221/L 373. Dafür liegt die Kostenprognose bei 980.000 Euro. Für das neue Feuerwehrgerätehaus Bracht sind Planungskosten in Höhe von 400.000 Euro veranschlagt.

Mit welchen Steuererhöhungen müssen die Brüggener für 2022 rechnen?

„Die Entscheidung obliegt dem Gemeinderat“, betont Mankowski.. Als Kämmerer schlägt er eine Erhöhung der Grundsteuer A (auf 247 von Hundert (v. H.), Zunahme um sieben Prozentpunkte) und der Grundsteuer B auf 479 v. H. (Zunahme um 36 Prozentpunkte) vor; zudem könnte die Gewerbesteuer um vier Prozentpunkte auf 414 v. H. reduziert werden. Diese neuen Steuersätze würden einen höheren Ertrag von rund 300.000 Euro einbringen. Dies schlägt Mankowski wegen der angepassten fiktiven Hebesätze aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2022 vor: „In der Vergangenheit fühlte sich der Gemeinderat immer an die fiktiven Hebesätze gebunden, da eine Nicht-Anwendung zu Verschlechterungen im kommunalen Finanzausgleich führen würde“, erläutert der Kämmerer. Bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen würde das Land dennoch unterstellen, dass die fiktiven Hebesätze angewendet würden, auch wenn sie es tatsächlich nicht werden. Gleiches gelte für die Umlagegrundlagen der Kreisumlage: auch dabei würde der Kreis den vollen Betrag erheben ohne tatsächliche Anwendung.

Wie dramatisch ist die finanzielle Situation der Gemeinde: Müssen weitere Kredite aufgenommen werden?

„Die Liquidität der Vergangenheit ist nicht mehr vorhanden“, sagt der Kämmerer. Die Ausgleichsrücklage sei verbraucht. Es sei sinnvoll, langfristige Investitionen auch langfristig zu finanzieren. Dennoch: „Es muss leistbar sein. Ich kenne den Haushalt der Burggemeinde seit mehr als 20 Jahren und noch nie wurden in dieser Zeit Kredite in diesem Umfang aufgenommen. Es wurden aber auch noch nie zukunftsweisende Investitionen in diesem Umfang geplant.“

Warum steigen die Kosten für das Kreis-Jugendamt kontinuierlich?

Die Aufwendungen an den Kreis für das Jugendamt steigen 2022 um 806.416 Euro auf 6,7 Millionen Euro. Das hat jetzt die „Wir“-Fraktion auf den Plan gerufen: „Das ist eine Verdoppelung der Kosten innerhalb von nur sieben Jahren“, sagt Rene´ Bongartz von der „Wir“-Fraktion. Seine Fraktion stellt deshalb die Frage an die Verwaltung, „ob es über den qualitativen Mehrwert des Zugriffs auf ein eigenes Jugendamt hinaus nicht auch günstiger für die Gemeinde wäre, die bestehende Zusammenarbeit der Schwalm-Gemeinden zu forcieren und ein eigenes Jugendamt einzurichten?“.  Nach Einschätzung des Kämmerers steigen die Kosten in diesem Bereich, etwa für Personal, für Betriebskostenzuschüsse an Kindertageseinrichtungen, für die Kindertagespflege und insbesondere für die Hilfen zur Erziehung, etwa bei der ambulanten Eingliederungshilfe.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie, etwa bei der Gewerbesteuer?

Mankowski zufolge ist das „schwer einzuschätzen“: „Während wir ein Rekordtief im Jahr 2020 mit Gewerbesteuererträgen von 5,2 Millionen Euro zu verzeichnen hatten, haben viele Steuerzahler die Vorauszahlungen wieder erhöhen können, so dass wir derzeit im Jahr 2021 (Stand heute) 6,9 Millionen Euro Gewerbesteuererträge verzeichnen und somit 1,6 Millionen Euro Mehrerträge verbuchen können.“ Er hoffe, dass dieses Ergebnis gehalten werden und dies in den Jahresabschluss 2021 einfließen kann. Insolvenzen oder negative Betriebsprüfungen könnten das Ergebnis jedoch verschlechtern. „Für 2022 wurde mit einem Ansatz von 6,8 Millionen Euro geplant, wobei hier ein steuerlicher Sondereffekt eingepreist wurde, der rund 300.000 Euro ausmacht.“, so Mankowski.

Hilft das Land Nordrhein-Westfalen durch Schlüsselzuweisungen?

Ja. „Die Burggemeinde wird aufgrund der geringeren Steuererträge 2020 in diesem Jahr höhere Schlüsselzuweisungen erhalten“, so der Kämmerer. „Ohne die würde das Planergebnis noch deutlich schlechter ausfallen.“ Dennoch sei die Finanzausstattung durch das Land noch immer nicht auf dem eigentlich benötigten Niveau.

Bringen die jetzt höheren Schlüsselzuweisungen nicht künftig auch Probleme?

Ja. „Kann 2022 von hohen Schlüsselzuweisungen und hohen Gewerbesteuerträgen profitiert werden, so werden diese möglicherweise im Haushaltsjahr 2023 wieder sinken und große Löcher reißen“, warnt Mankowski. Dabei sei nach wie vor das Abrechnungssystem zu überdenken. „Die Trennung des kreisangehörigen und kreisfreien Raums erstmals im Gemeindefinanzierungsgesetz 2022 halte ich für einen wichtigen Schritt in die richtige und gerechtere Richtung.“

Welche Sparpotenziale sieht der Kämmerer bei den freiwilligen Leistungen?

„Hier ist es zunächst an der Kommunalpolitik, zu überlegen, welche freiwilligen Aufwendungen entstehen sollen oder nicht“, betont Mankowski. Wichtig sei es, die Investitionen zu betrachten. „Bei gestalterischen und planerischen Investitionen sollten nur Maßnahmen durchgeführt werden, die dringend benötigt werden und im Idealfall auch einen Zuschuss ermöglichen“, sagte er. Etwa beim Bau von Feuerwehrgerätehäusern - wie dem in Bracht - bleibe dem Rat sicherlich kein großer Spielraum.

Kann auch bei großen Veranstaltungen gespart werden?

Der Posten Veranstaltungen nehme mit rund 90.000 Euro lediglich einen kleinen Anteil im Etat ein. „Brüggen hat richtig gute Veranstaltungen, aber die kosten auch Geld“, sagte der Kämmerer. Es sei zu überlegen, ob jährliche Veranstaltungen nur noch alle zwei Jahre stattfinden könnten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort