Jagdberater Thomas Lambracht Mildes Wetter schadet Waldtieren nicht

Solingen · Wie reagieren die Tiere in den Solinger Wäldern auf die momentan vergleichsweise milden Temperaturen? Thomas Lambracht, Jagdberater der Stadt, kennt die Natur und ihre Bewohner ziemlich genau.

Herr Lambracht, ist der Winter zu warm für die Wildtiere in Solingens Wäldern?

Lambracht Das kann man so nicht sagen. Richtig ist, dass es für diese Jahreszeit recht mild ist. Einen negativen Einfluss hat dieses Wetter jedoch nicht auf die Tiere.

Greifen die ungewöhnlichen Temperaturen denn nicht störend in ihren Lebensrhythmus ein?

Lambracht So gravierend sind ein paar Grad mehr auf dem Thermometer nicht. Das sogenannte Brut- und Setzverhalten bleibt weitgehend gleich, und somit ist der Nachwuchs nicht wetterabhängig. Er richtet sich nach der Paarungszeit. Bei den Rehen beispielsweise liegt diese im Juli/August. Erst neun Monate später kommen die Kitze dann zur Welt.

Gibt es in Solingens Wäldern auch Tiere, die gerade ihren Winterschlaf halten?

Lambracht Der Dachs hält keinen echten Winterschlaf, sondern eine Winterruhe, aber er zieht sich bei schlechtem Wetter oder Wintereinbruch tagelang in seinen Bau zurück. Aufgrund der milden Temperaturen im Januar konnten wir einige Dachse bei ihrer nächtlichen Nahrungsbeschaffung beobachten.

Welches Wetter schadet den Tieren eher?

Lambracht Generell ist mildes Wetter für sie besser als Schnee und Regen, denn so kommen sie leichter durch den Winter. Unter einer eisigen Schneedecke wäre es für die Rehe unter Umständen schwer, Futter zu finden. Trockenes Frühjahrswetter ist beispielsweise auch für die Hasen gut. Bei ihnen können wir in diesem Fall schon Ende Februar oder März mit den ersten Jungen rechnen.

Haben Sie in diesem Winter bereits erste Jungtiere gesehen?

Lambracht Ja, ich habe schon Frischlinge beobachtet. Dies ist nicht ungewöhnlich. Ihre Population ist in Solingen in den letzten Jahren größer geworden, und die Hierarchien in den Rotten stimmen nicht mehr unbedingt. Einen großen Einfluss auf das frühe Frischen des Nachwuchses haben Beginn und Dauer der Rauschzeit (Paarungszeit), die vom Ernährungszustand und vom Klima im Herbst abhängt.

Zeigt sich die Natur generell bei dieser Wärme verändert?

Lambracht Die Natur ist schon weiter als zur gleichen Zeit in anderen Jahren. Dies gilt auch für die Pflanzen. Ich habe beispielsweise schon viele ausgeschlagene Haselnusssträucher gesehen. Das ist untypisch für diese Jahreszeit.

Profitieren Sie als Jäger vom momentanen Wetter?

Lambracht Das ist eher zweitrangig für den Jagderfolg. Bei Vollmond oder Schnee hingegen verzeichnen wir größere Erfolge bei der Fuchs- und Wildschweinjagd durch verbesserte nächtliche Lichtverhältnisse.

Hat die Milde auch Nachteile?

Lambracht Durch Frost lässt sich in der Regel Ungeziefer besser eindämmen. Die heimischen Vögel hingegen freuen sich darüber, dass Mücken, Schnaken und Co. durch das warme Wetter wahrscheinlich reichlich vorhanden sein werden.

Nehmen wir an, es wird plötzlich doch noch richtig kalt. Füttern Sie dann zu?

Lambracht Zufüttern ist generell verboten, es sei denn, die Untere Jagdbehörde würde dies ausdrücklich erlauben, wenn eine Notzeit für Wild besteht. Das geschieht aber nur, wenn hier beispielsweise extrem viel Schnee fällt. Extreme Kälte reicht nicht.

PIA BERGMEISTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(pbm)
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