Folgen des Lockdowns in Solingen Hauptsache, die Haare sitzen – noch

Meinung | Solingen · Der Corona-Impfstart ist in den Sand gesetzt. Die Verantwortung für das Debakel trägt die Politik in Berlin. Es wird sich jetzt zeigen, ob wirklich alle die Folgen gemeinsam tragen. Haupt-Leidtragende sind ohnehin schon heute die Bürger vor Ort – auch in Solingen.

 Überall in der Stadt sind Auswirkungen des Lockdowns offensichtlich – unter anderem in den geschlossenen Café- und Gastrobetrieben.

Überall in der Stadt sind Auswirkungen des Lockdowns offensichtlich – unter anderem in den geschlossenen Café- und Gastrobetrieben.

Foto: Guido Radtke

Seit geschlagenen sechs Wochen ist das Impfzentrum in der City nun einsatzbereit. Aber das bedeutet nicht, dass bis heute auch nur eine Spritze gesetzt worden wäre. Wobei immer noch nicht genau feststeht, wann hier die Impfungen starten. Denn angesichts der bisherigen Erfahrungen mit Impfstoff ist unklar, ob es wirklich – wie angekündigt – am 8. Februar losgeht.

Dies ist keine Lappalie, birgt doch jeder Tag des Wartens die Gefahr, Menschenleben zu kosten. Darum macht die Nonchalance, mit der die Bundesregierung über das von ihr mitverschuldete Impfchaos glaubt hinweggehen zu können, einigermaßen sprachlos – zumal die gleichzeitigen Appelle der Politik an die gemeinsame Verantwortung aller eher nicht so locker klingen. Jedenfalls kann eine ansteckendere Corona-Mutation, die der selben Bundesregierung ja parallel als Begründung für neue Verschärfungen dient, nur dann eingedämmt werden, wenn dagegen angeimpft wird.

Wirtschaftlich geraten derweil auch in Solingen immer mehr Menschen ins Abseits. Restaurants, Kneipen, Fitnessstudios sind seit November zu. Der Handel liegt großteils seit Dezember brach. In Geschäften stapelt sich Winterware. Und eingedenk der angekündigten, aber nur unzureichend ausgezahlten Hilfen dürfte sich wohl mancher Händler überlegen, ob er überhaupt noch Sommerware ordert. Man könnte die Liste der Leidtragenden lange fortführen. Eltern verzweifeln an Homeoffice und Homeschooling. Kinder werden, weil sie keine Kontakte haben, in ihrer Entwicklung zurückgeworfen. Schüler verlieren Anschluss und Chancen. Alleinstehende vereinsamen.

Ferner sind aber auch die allgemeinen Schäden nicht zu unterschätzen. Die ohnehin sorgenbeladene Solinger City dürfte wohl weiter veröden. Man wird zum Beispiel sehen, wie viele Friseure den Lockdown überstehen. Die sind nämlich, weil sie „körpernahe“ Dienstleistungen anbieten, ebenfalls dicht. Dies hat zur Folge, dass bei vielen die Frisuren aus der Form geraten. Klar, das ist ein nur kleines Opfer beim gemeinsamen Kampf gegen das Virus. Zumal wir fest glauben, dass sicher auch die Politiker in Berlin mitmachen und sich eben nicht mal privat einen neuen Haarschnitt gönnen. Tatsächlich gibt es im Internet schon erste Zeitgenossen, die genau das mutmaßen. Darum sollte man in den nächsten Wochen bei TV-Auftritten der Regierung regelmäßig Screenshots anfertigen – nur für den Fall, dass man mal in die Verlegenheit gerät, die Regierung verteidigen zu müssen.

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