Rheinberg Ein schwalbenfreundliches Haus

Rheinberg · Hildegard Wollefs (81) aus Ossenberg beherbergt seit 22 Jahren im Sommer Schwalben. Dafür gab’s nun eine Plakette.

Hildegard Wollefs (rechts) hat sich über die Nabu-Plakette „ Schwalbenfreundliches Haus“ von Paul und Sylvia Oelinger gefreut

Hildegard Wollefs (rechts) hat sich über die Nabu-Plakette „ Schwalbenfreundliches Haus“ von Paul und Sylvia Oelinger gefreut

Foto: Fischer, Armin (arfi)

 Früher wusste es jedes Kind: Mit den Schwalben kommt der Sommer. Und da ist was dran. Seit mehr als 20 Jahren beherbergt Familie Wollefs aus Ossenberg jeden Sommer Mehlschwalben. „Meist kommen sie Ende April, Ende September fliegen sie wieder Richtung Afrika“, sagt Hildegard Wollefs und schaut dabei in eine kleine rote Kladde. Ihr persönliches Logbuch der Schwalben. Ankunft, Abflug, Anzahl der Jungen – wichtige Zahlen und Daten sind darin notiert. Auch in diesem Jahr waren die acht Nester unter dem Dachüberstand voll ausgebucht.

Für ihren Einsatz für den als gefährdet eingestuften Kunstflieger wurde Hildegard Wollefs nun ausgezeichnet. Sylvia Oelinger von der Nabu-Ortsgruppe Rheinberg überreichte eine Urkunde und eine Plakette mit der Aufschrift „Hier sind Schwalben willkommen“. „Die wird neben der Haustür angebracht“, sagt Wollefs.

Erstmals segelten die fliegenden Glücksbringer am 17. April 1996 bei den Wollefs ein. „Fünf Jungen gab es damals“, erzählt die 81-Jährige. Für sie und ihren Mann Heinz war es eine Freude, den Vögeln zuzuschauen. Und zuzuhören. Man hört sie den lieben langen Tag. Frau Schwalbe ist eine Schwätzerin, sie schwätzt den ganzen Tag – lautet ein Kinderlied. „Glauben Sie mir, es stimmt“, sagt die 81-Jährige lachend.

Rasch stand für das Ehepaar fest, dass sie den Singvögeln mit dem weißen Bauch und dem leicht gegabelten Schwanz auch künftig ein Sommerquartier bieten möchten. Gesagt, getan. „Mein Mann Heinz hat sechs künstliche Nester gekauft und installiert, in der Hoffnung, die Vögel nehmen diese an“, sagt Hildegard Wollefs. Der Plan ging auf. Insgesamt schlüpften seit 1996 stolze 22 Jungtiere. Mittlerweile sind es acht „bewohnte“ Nester.

Doch von der gestiegenen Zahl an Nestern darf man sich nicht täuschen lassen. Die Zahl der Schwalben ist mit den Jahren zurückgegangen. Das geht aus Hildegard Wollefs Aufzeichnungen hervor. Der Grund: Den Vögeln wird zunehmend der Lebensraum entzogen, sie finden weder ausreichend Insekten als Nahrung noch genügend Nistmöglichkeiten. „Die Mehlschwalbe baut ihr Nest aus kleinen Lehmkügelchen, vornehmlich an rauen Hauswänden“, erläutert Sylvia Oelinger vom Nabu. Sie ist also auf menschliche Hilfe angewiesen.

Viele Hausbesitzer aber entfernen die Nester, denn irgendwie sind die Schwalben auch kleine Dreckspatzen. „Mit einem Kotbrett unterm Nest kann man das jedoch minimieren“, lautet der Tipp von Sylvia Oelinger. Für Hildegard Wollefs kein Problem. Bei ihr nisten die Vögel über der Kellertreppe. Die wird kurzerhand mit dem Wasserschlauch abgespritzt – und gut ist’s.

Das Naturschauspiel, wenn die Jungschwalben flügge werden, entschädigt. „Es ist schön zu sehen, wenn die Kleinen erstmals ihr Köpfchen rausstecken und wie sich die Vogelverwandtschaft versammelt, um die Jungtiere zum erst Flug aus dem Nest zu locken“, schildert die Ossenbergerin, die mit ihrem kürzlich verstorbenen Ehemann Heinz seit 1989 im Nabu war. Sie freut sich darüber, dass auch Tochter Jutta Brendgen und ihr Mann Michael ein Herz für Schwalben haben und das Hobby weiterführen.

Seit 2010 vergibt der Nabu die Auszeichnung „schwalbenfreundliches Haus“. Sylvia Oelinger hat schon einen Preisträger für 2019 im Visier. „In Orsoy hat ein Hauseigentümer die Mieter aufgefordert, keine Schwalbennester zu entfernen.“

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