Theater in der Stadthalle Liebenswert und mordlustig

Rheinberg · Claus Wilcke war in der Kriminalkomödie „Arsen und Spitzenhäubchen“ zu sehen.

 Claus Wilcke spielt den Pfarrer Dr. Harper.

Claus Wilcke spielt den Pfarrer Dr. Harper.

Foto: Friedhelm Schulz, Friedrichson-P/Friedhelm Schulz

Es sei „immer wieder eine Ehre und Oase, in der Stadthalle in Rheinberg zu spielen“, hat Claus Wilcke Mittwochabend ins Gästebuch der Stadt geschrieben. „Das Publikum schenkt einem immer wieder Kraft für neue Aufgaben.“ Wilcke spielte den Pfarrer Dr. Harper in der Kriminalgroteske „Arsen und Spitzenhäubchen“, mit der die Landesbühne Rheinland-Pfalz in Berkas guter Stube gastierte.

Zufällig wird Claus Wilcke am 12. August 80 Jahre alt und ist damit genauso alt wie das Theaterstück, das Joseph Kesselring 1939 schrieb unter dem Titel „Leichen in unserem Keller“. Kesselrings morbid komische Kriminalgroteske über die Abgründe des kleinen Bürgers feierte als „Arsen und Spitzenhäubchen“ 1941 am Broadway Premiere und wurde zum Kassenschlager. Drei Jahre später sorgte der gleichnamige Film mit Cary Grant als Mortimer, Raymond Massey als Jonathan und Peter Lorre als zwielichtiger plastischer Chirurg Dr. Einstein endgültig für die Unsterblichkeit der Komödie.

Ausverkauft wie das Theater in New York bei jeder Vorstellung in vier Jahren war die Stadthalle zwar nicht, aber mit 530 verkauften Karten war Dorothee Brunner vom Fachbereich Kultur mehr als zufrieden mit der Resonanz. Zufrieden war auch das Publikum, in der Mehrzahl die Generation 55plus, das zumindest am Anfang erst mal den bekannten Schauspieler Claus Wilcke ins Visier nahm, der in diesem Jahr sein 60-jähriges Bühnenjubiläum feiert.

Aber schnell zogen auch die beiden älteren, überaus liebenswerten, unverheirateten Schwestern Aby und Martha Brewster (Susanne Flury und Ursula B. Kannegießer) die Aufmerksamkeit der auf sich, die gemeinsam mit ihrem Neffen Teddy Brewster in dem idyllischen Haus in Brooklyn leben und deren Tür für jeden immer offen steh.

Dass Teddy sich für den amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt hält und im Keller des Hauses den Panama-Kanal gräbt, ist seiner Krankheit geschuldet: „Plemm-plemm“, lautet die Diagnose im Volksmund.

Langer Rede kurzer Sinn: Die Schwestern vermieten Zimmer an alleinstehende ältere Herren, die sie mit vergiftetem Holunderwein von ihrer traurigen Einsamkeit erlösen und im Panana-Kanal im Keller feierlich beerdigen. Sie tun dies reinen Herzens, ohne die geringste Hinterhältigkeit und mit den besten Vorsätzen. Ihrer Meinung nach gibt es nichts Schlimmeres, als einsam und alt zu sein, ohne Anhang, ohne Verwandte, ohne Zuhause. Elf einsame Männer älteren Datums haben sie schon auf diese Weise unter die Erde gebracht.

Die zwölfte Leiche liegt im rustikal eingerichteten Wohnzimmer, wartet in der schweren Eichentruhe auf ihren Abtransport – und wird dort vom Neffen Mortimer entdeckt, der seine Tanten besucht, weil er ihnen von seinen Heiratsplänen mit Ellen erzählen will, der Tochter des Pfarrers. Seine Tanten Mörderinnen? Sein verrückter Bruder Totengräber? Mortimers heile Welt gerät ins Wanken.

Dann taucht plötzlich auch noch sein Bruder Jonathan auf, das schwarze Schaf der Familie – ein Serienmörder. Er bringt den plastischen Chirurgen Dr. Einstein mit, der ihm ein neues Gesicht gemacht hat, mit dem er aussieht wie Frankensteins Monster. Und er hat eine Leiche im Kofferraum des Autos, das die beiden gestohlen haben. Die Leiche will er im Keller vergraben. Das Chaos nimmt seinen Lauf.

Auch wenn von Anfang an klar ist, wie das Ganze enden wird, schaffen es die bestens aufgelegten Schauspieler, den Spannungsbogen zu halten, bis zum Ende für Verwirrung zu sorgen und den typisch englischen Humor rüberzubringen. Ein schöner Theaterabend, für den sich das Publikum mit langem Applaus bedankte.

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