Alpen Ferien in Deutschland bringen Lebensmut

ALPEN · Die dreiwöchige Ferienfreizeit der Kinder aus dem weisrussischen Gomel ist seit 27 Jahren gespickt mit Ausflügen und einmaligen Erlebnissen. Dazu gehörte auch ein Nachmittag auf dem Bönninghardter Spielplatz.

 Auf Einladung der SPD kamen die Gomel-Kinder zum Abenteuer-Spielplatz in Bönninghardt. Besonders die Vogelnest-Schaukel hatte es einigen Kindern angetan. Betreuerin Anna Schunina (l.) und SPD-Frau Anne Casprig (r.) passten auf, dass nichts passierte.

Auf Einladung der SPD kamen die Gomel-Kinder zum Abenteuer-Spielplatz in Bönninghardt. Besonders die Vogelnest-Schaukel hatte es einigen Kindern angetan. Betreuerin Anna Schunina (l.) und SPD-Frau Anne Casprig (r.) passten auf, dass nichts passierte.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Aktuell besuchen 15 Kinder aus dem weißrussischen Gomel mit ihren Betreuern den Niederrhein und tanken Körper und Geist auf. Zwei Wochen verbringt die zweite Gruppe noch bei Gasteltern.

Oftmals sind die Gastfamilien seit vielen Jahren dabei, wie beispielsweise Elisabeth Janas, die seit 2005 Kinder in ihrer Familie aufnimmt. „Es bereichert das Leben“, beschreibt sie ihre Erfahrung. Schon die Freude im Vorfeld sei Motivation. „Dann fange ich an, Kleidung in der passenden Größe zu organisieren“, erzählt die Walbeckerin. Die Kleiderkammer, die Elisabeth Heußen betreut, bietet einen reichen Fundus an Sachen. „Wir machen verschiedene Ausflüge, haben den Reitstall von Isabell Werth besuchen können. Und in der Nähe ist ein Bauernhof, der für die Kinder immer interessant war“, beschreibt sie die Aktivitäten, die den Besuch am Niederrhein so unvergesslich machen. „Viele Kinder können nicht schwimmen. Meine Tochter bringt ihnen das bei“, sagt die Gastmutter.

Manfred Hainke ist Vorsitzender des Kinderhilfswerks Gomel, das die Erholungsmaßnahme für die Kinder durchführt. Die Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl ist mittlerweile 32 Jahre her. Einen Schlussstrich wird es aufgrund der Langzeitwirkung aber nicht geben. „Tschernobyl ist für viele lange her und wird allmählich vergessen. Über die Folgen der Verstrahlung macht sich kaum noch einer Gedanken“, so Hainke. Fehlbildungen bei Neugeborenen treten häufig auf. Die Krebsrate ist hoch, das Immunsystem sehr anfällig, die Knochen sind porös. „Wir hatten ein Kind zu Besuch, das mit gebrochenem Arm zu uns kam und sich dann noch das Bein brach“, erinnert sich Hainke.

Für die begleitenden Ärztin Irina Wordomatskaja, die in 27 Jahren alle Aufenthalte betreut hat, mobilisieren die drei Wochen am Niederrhein die Lebenskräfte der Kinder und stabilisieren das Immunsystem. „Die Kinder werden in den deutschen Gastfamilien mit offenen Herzen empfangen und leben auf. Es sind Kleinigkeiten, die ihrer Gesundheit helfen“, sagt die Ärztin. Lebensmut heißt dazu das Medikament.

Gomel ist mit 500.000 Einwohner die zweitgrößte Stadt Weißrusslands. 2500 Kinder sind im Laufe der Jahre an den Niederrhein gekommen. Ljubow Trubkina ist die begleitende Dolmetscherin, die über die Jahre beobachtet hat, wie gut den Kindern die Maßnahmen tun und wie sich daran Zukunftsperspektiven aufbauen lassen. „Natur, Landschaft, Leute, alles tut gut“, sagt sie. Mittlerweile ist ihr drittes Enkelkind Xenija bei den Reisen dabei. Viktoria (15) fährt regelmäßig mit. „Alles gefällt mir, alles schmeckt mir“, sagt die Zehntklässlerin. Grund genug, ein Deutschland-Trikot zu kaufen, das sie zu Hause tragen will.

Einen Tag Freude in Bönninghardt schenken seit Anbeginn der Ferienmaßnahmen die Alpener Sozialdemokraten. „Seit 1991 steht das bei uns fest im Kalender“, sagt Wolfgang Zimmermann, stellvertretender Ortsvorsitzender. Doch die Bereitschaft, Kinder aus Gomel aufzunehmen, schwindet. Das Alter macht sich bei den Gasteltern bemerkbar. Viele haben sich gerade noch bei der Betreuung der Flüchtlinge engagiert. „Die Familienstrukturen haben sich verändert. Heute arbeiten alle und haben keine Zeit.“

Am 3. August geht es zurück. Insgesamt 55 Kinder haben den Niederrhein erlebt und werden von den Erlebnissen schwärmen.

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